Seife schenkt man (nicht) doch? Verschenken Sie Seife, verschenken Sie Wohlfühlmomente.

Seife schenkt man (nicht) doch? Verschenken Sie Seife, verschenken Sie Wohlfühlmomente.

Was den einen viel Freude bringt, ist für viele andere oft die unverholene Aufforderung sich wieder zu waschen – der Hinweis auf fehlende Hygiene.

Es ist nicht meine Absicht, eine Mentalitätsgeschichte der Seife und ihres Verbrauchs aus deutscher Sicht zu schreiben. Doch in wohl kaum einem anderen Land (ausgenommen Österreich) geht mit dem Gebrauch von Seife das Vorurteil einher, daß Körperpflege und Sinnlichkeit, Rituale der Reinheit und des Wohlempfindens (welches  in der Sauberkeit des Körpers Ausdruck finden) nicht als Gemeinsamkeit begriffen werden/ begriffen werden können – Seife schenkt man nicht!

Das Wort Hygiene, abgeleitet von hygienos (griechisch), was im weitesten Sinne der Gesundheit förderlich bedeutet, findet sich in unserem Sprachgebrauch hauptsächlich im Zusammenhang mit Medizin, als Prävention vor Infektionskrankheiten (siehe Schweinegrippe und die damit verknüpfte Empfehlung, sich mit Seife die Hände zu waschen) und einem allgemeinen Gesundheitsbegriff, welcher als gesellschaftlich etabliert verstanden werden kann. Christina Brede verweist in Das Instrument der Sauberkeit (2005/ S. 234) auf den Zusammenhang von Säkularisierung und Gesundheit. Wonach Krankheit und Tod nicht mehr als göttliche Fügung und unabänderliches Schicksal begriffen werden mußten, sondern durch eine ordentliche Lebensführung positiv im Sinne eines steigenden Lebensalters beeinflußt werden konnten.

Wichtig ist bei der Betrachtung des Begriffs Hygiene der Unterschied zwischen dem medizinischen Gebot (als Schutz vor Bakterien/ Infektionen) und dem alltagssprachlichen Synonym für Reinheit. Diese Verbindung, welche Gesundheit und Sauberkeit in einen direkten Zusammenhang bringt, im Kontext betrachtet, hat ihren Ursprung in der Zivilisationsgeschichte des Badens und des Waschens – Körperpflege ist weder eine Selbstverständlichkeit noch ist sie angeboren. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein höchst veränderbares Wertesystem, welches gesellschaftliche Vorstellungen von Körperpflege und Sauberkeit spiegelt, und hierbei spielen kulturelle und religiöse Unterschiede eine sehr große Rolle. Wasser hat im christlichen Sinne keine große Bedeutung, was sich am Bsp. der Taufe deutlich zeigt; das Untertauchen reduzierte sich im Laufe der Zeit auf den symbolischen Akt des Benetzens. Christliche Rituale, die den Akt des Waschens und der körperlichen Reinheit zum Inhalt haben, konnten sich in der vergeistigten, fast schon körperfeindlichen Umgebung der christlichen Kirche kaum ausbilden (sie existieren nicht). Baden und Sauberkeit wurden gerade in Deutschland in hohem Maße instituionalisiert. Der private Körper, als Teil des Volkskörpers betrachtet, hatte sich gesellschaftlichen Normen zu unterwerfen – gesund, nützlich und leistungsstark. Hygiene wurde organisiert und einmal so betrachtet, kann Sauberkeit durchaus auch als das Ergebnis eines sozialen Drucks betrachtet werden, welcher in der Zeit des Nationalsozialismus auf schreckliche Art pervertierte. Der an Geist und Körper gesunde Deutsche erfuhr die Gleichsetzung der Begriffe Körperhygiene und Rassehygiene – Schlagworte einer menschenverachtenden Idee, die Sauberkeit mit gesunder Volksgemeinschaft gleichsetzte und damit die Lust am Waschen durch einen gesellschaftlichen Zwang ersetzte.

Und so lange wir ein geschenktes Stück Seife als Aufforderung des Waschens im Sinne von Hygiene und Sauberkeit begreifen – man kann an diesem Bsp. sehen, wie mächtig solche gesellschaftlichen Mentalitäten sind und wie lange sie nachwirken – werden wir Seife nicht als vollwertiges Geschenk begreifen. Doch einmal vom sozialen Druck befreit, abgekoppelt von Hygiene und Gesundheit, kann man es ich mit einem Stückchen Seife im Badezimmer recht nett machen. Ganz für sich alleine (Tür zu), damit die Intimität des Ortes und des Augenblicks nicht verlorengeht, oder gleich als kommunikatives Element in einem Badehaus oder der Sauna. Seife macht Spaß und Seifen können sehr schön sein.

Schenken Sie auch Seife, schenken Sie Momente des Wohlfühlens.


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