Es ist wieder so weit. In meinem Kopf schwirren komische Gedanken umher, die ausgesprochen werden wollen. Wieder einmal versuch ich, zu verstehen, wieso ich so anders denke als die Mehrheit. Wieder ein Tag, an dem ich Mitleid mit so vielen Menschen da draußen habe. Immer wieder bleiben all die Fragen in meinem Kopf bei einem Punkt stehen: sind alle anderen komisch oder bin ich komisch? Und immer wieder komme ich zu dem Schluss, dass ich wohl diejenige sein muss, die komisch ist. Warum? Ich erkläre es gern.
Ich höre ständig Gerede über Feminismus und Emanzipation. Doch die Frauen, die mir erzählen, dass ich mich emanzipieren muss, sind immer dieselben. Ich denke es ist eine eigene Spezies. Sie haben komische Restaugenbrauen, schwarzen Kleber in den Wimpern, eine dicke Schicht braune Paste im Gesicht, komische Lidfarben und eigenartige Kleidung. Dies ist die Spezies, die mir so leid tut. Ich habe wirklich Mitleid mit ihnen. Ihre Umwelt erlaubt es ihnen nicht warme Kleidung zu tragen. Sie müssen mit Feinstrumpfhosen und kurzen Röcken durch den Schnee stampfen, während ich zwei Hosen an habe und immer noch friere. Bei dem Anblick von Feinstrumpfhosen und Schnee wird mir gleich noch kälter. Diese armen Frauen. Sie müssen akzeptieren, dass ihre Partner beim Junggesellenabschied noch einmal „richtig die Sau raus lassen“. Nicht selten, indem sie fremdgehen. Aber eine emanzipierte Frau hat dies zu akzeptieren. Sie darf nicht eifersüchtig sein, denn es ist in Ordnung, wenn ihr Fast-Ehemann sich noch schnell mit einer anderen amüsiert. Eine emanzipierte Frau hat auch zu akzeptieren, wenn ihr Partner andere Frauen mit „Bussi“ begrüßt. Sie hat zu akzeptieren, wenn er anderen Frauen hinterherschaut. Warum denn auch nicht? Schließlich leben wir in einer modernen Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der man schief angeschaut wird, wenn man nur einen Partner fürs Leben haben möchte. Wieso sollte man denn nur einen Partner haben wollen? Unverständlich.
Wir gehören doch zu einer Spaßgesellschaft und Spaß kann man bekanntlich nicht in einer Ehe haben. Wie dumm ist es von mir, auf den Gedanken zu kommen, dass mein Ehemann mein bester Freund ist. Unverständlich.
Wie kann ich denn annehmen, dass es sich viel besser leben lässt, wenn keiner der Partner schon „Erfahrung“ gesammelt hat? Unverständlich. Zwar ist allen Psychologen klar, dass Menschen wissentlich oder unwissentlich ihren aktuellen mit früheren Partnern vergleichen, aber das macht doch nichts. Unverständlich, dass ich es schlimm finden würde, wenn mein Mann andere Frauen toller finden würde, als mich. Unverständlich, dass ich mein Leben mit ihm verbringen möchte. Unverständlich, dass ich nicht das Bedürfnis habe, durch mein Äußeres Anerkennung zu gewinnen. Unverständlich, dass ich darauf komme, dass manche Frauen sich auffällig anziehen, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Unverständlich, stimmt’s?
Ich sehe es ja schon ein. Eine Frau, die im Winter Feinstrumpfhosen trägt, während zentimeterdick Schnee liegt, entscheidet aus freien Stücken. Sie hat Kants „Sapere aude!“ verinnerlicht und findet es nun mal angenehm und schön sich bei Minusgraden so anzuziehen. Sie ist eMANNzipiert. Die Männer da draußen möchten im Winter nicht auf „schöne“ Frauen verzichten. Sie trichtern den Frauen ein, dass sie ohne „Schönheit“ nichts wert sind und schon zeigen die Frauen auch im Winter wie „schön“ sie sind. Ach, Männer. Ich bin nicht gern eine Spielverderberin, aber ich mache bei diesem Spielchen nicht mit. Ich soll so tun, als ob Feminismus was ganz anderes sei und soll mich und alle anderen Frauen als Objekt darstellen? Da kann ich bei bestem Willen nicht mitmachen. Dank solch toller Gehirnwäsche schenken uns die Fernsehsender „Dokumentationen“ wie „Extrem schön“. Schon glauben alle Frauen da draußen, dass sie von Natur aus nicht „schön“ sein können. Castingshows wie „Germany’s Next Topmodel“ vermitteln den pubertären Mädchen, dass Untergewicht dasselbe ist wie „zu dick“ sein. Aber vielleicht liegt das ja nur an mir. Ich bin wohl altmodisch, antiliberal und bin einfach nach aktuell geltendem Schönheitsideal zu hässlich. Deshalb habe ich Minderwertigkeitskomplexe und versuche den anderen Frauen ihre künstliche „Schönheit“ abzustreiten. Emanzipiert bin ich wohl auch nicht, sonst würde ich es schrecklich finden, wenn jemand sein Leben der Kindererziehung verschreibt. Feministisch bin ich auch nicht, weil ich Frauen nicht als Objekte, sondern Menschen sehen will. Und ich bin unweiblich, weil ich nicht möchte, dass noch mehr Mädchen an Magersucht sterben oder aufgrund von falschen Schönheitsidealen depressiv werden. Aber das ist unverständlich, stimmt’s?
by Fida M.