Sehen, riechen, schmecken – ein Besuch in Burundi VII (Gastautor Viktor Funk)

Brutale Moderne

 

Nirgendwo in Burundi wurde mir die Brutalität der Moderne so deutlich wie im Pygmäen-Dorf. Ihre Welt, ihre Wälder und damit wohl auch Teile ihrer Kultur, sind vergangen und sie kommen nicht wieder zurück. Die Menschen aber sind in der neuen Welt nicht angekommen, vielleicht noch nicht. Einige werden sicher, dank der Schule, mit den neuen Herausforderungen lernen umzugehen. Doch der alte Mann und die alte Witwe in der Hütte aus Ästen und Zweigen – wie lange halten sie noch in der neuen Welt aus?

 

Die Begegnung mit den Pygmäen verwirrte mich. Es war nicht ihre Armut, die so stark auf mich wirkte, diese Armut sah ich auch bei anderen. Es war ihre Lethargie, ihre Hilflosigkeit… die mich bis heute beschäftigt. Aus diesem tiefen psychischen Tal können die Menschen allein nicht heraus.

 

Am Samstag vor meinem Abflug fuhr ich noch einmal ins „Bora Bora“. Drinnen fand ich keinen Sitzplatz mehr, alle Sitzbänke, Stühle und selbst die Hocker am Tresen waren besetzt. Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Russisch und andere Sprachen drangen in mein Ohr. Entwicklungshelfer, Diplomaten, Geschäftsleute, Soldaten der UN verbrachten ihr Wochenende hier, aßen Grillspieße, tranken Import-Bier und vergaßen für einige Stunden, dass sie in einem der ärmsten Länder der Welt waren. Für einen Augenblick vergaß ich es auch, als ich einen wunderbaren Frucht-Cocktail trank. Dann leuchtete mir auf: So schnell entsteht wohl die Ungleichzeitigkeit in der Entwicklung eines Landes – wenn man vergisst, was außerhalb der eigenen Wände geschieht.

 

Viktor Funk



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