(Illustration: Emma Isacson)
Das war einer dieser Tage. Kaum zu Hause angekommen, wollte ich gleich wieder raus. Das kann’s nicht gewesen sein. Also schletze ich ein Müsli runter und renne ins Kino. Ab heute läuft der neue Scorsese. Shutter Island. Immer wieder verschoben. Heute ist es soweit.
Ist es doch nicht. Die junge Dame an der Kasse erklärt meinem erst vorfreudigen, dann verblüfften, schliesslich enttäuschten Gesicht, dass heute gar nicht Donnerstag, sondern Mittwoch sei und der Film darum gar nicht laufe. Missmutig studiere ich das Programm. “Welchen Ersatz können Sie mir denn empfehlen?” Sie meint tröstend: “Lovely Bones soll gut sein. Obschon ziemlich traurig.” Ich sage: “Na gut. Geben Sie mir ein Ticket für Nine.”
Im Trafo 1? Den grössten Saal für das All-Star-Musical, das so zerrissen wurde? “Für die Programmierung unterliegen wir gewissen Einschränkungen”, sagt die nette, junge Dame. “Manche Filmverleiher knüpfen Bedingungen an den Film. Sie schreiben vor, dass er in den Startwochen im grössten Saal läuft.”
Ich muss warten, trinke Cola Zero und beobachte die Leute, ausschliesslich Frauen, zu zweit, zu dritt, in grossen Gruppen, sie gehen aufs Klo, lachen und verschwinden im Trafo 2. Ich halte es nicht mehr aus und frage den Platzanweiser: “Entschuldigen Sie, welcher Film läuft denn im Trafo 2? Warum gehen dort nur Frauen hinein?” Er schaut nach: “Valentine’s Day.” Wir lachen beide.
Ich sitze in der Reihe 8, Platz 15, volles Leinwandvergnügen und Bewegungsfreiheit für die Beine, weil da ein breiter Gang Platz macht. Bloss sitzen nun zwei Frauen neben mir, die wahrscheinlich vor lauter Plaudern zu spät dran waren für Valentine’s Day, sich drum nur mässig für den Film interessieren und frischfröhlich in normaler Lautstärke schwatzen, als hätten sie sich Jahre nicht mehr gesehen. Ich zische. Für fünf Minuten ist es ruhig.
Der Film? Ein Musical mit manch guter Nummer und abgedroschener Story. Irgendetwas Überambitioniertes zwischen Fellinis 8 1/2 und Bob Fosses All that Jazz!, dem der Mut abhanden gekommen ist und der nun flau daher plätschert. Daniel Day-Lewis, der den Regisseur in der Schaffenskrise spielt, ist die Lebensgier nicht anzumerken, auch nicht die einstige. Was wollen denn all die Frauen von ihm? Kidman, Cruz und Cotillard sind wie gewohnt eine Klasse für sich. Auch Judi Dench. Und Sophia Loren konzentriert sich darauf, ihr Gesicht so wenig als möglich zu bewegen. Nun ja, vielleicht kann sie es auch gar nicht mehr bewegen. Anyway, who cares.
(Nine, USA 2009, Regie: Rob Marshall, Schauspieler: Daniel Day-Lewis, Marion Cotillard, Penelope Cruz, Nicole Kidman, Judi Dench, Kate Hudson, Sophia Loren)