Schwimmgeschichten: Wie beim Ausverkauf

Da macht man eines Morgens mal alles richtig – fällt pünktlich um kurz nach fünf aus dem Bett, nippt mit halb offenen Augen schlückchenweise Grüntee und löffelt brav dazu seine Overnight-Oats mit Matcha. Irgendwann setzt dann der Hallo-wach-Effekt ein und man sitzt um sechs schon auf dem Rad. Wahlweise bei Sprühregen oder Neuschnee geht es dann etwas schwerfällig Richtung Schwimmhalle immer durch den dichten Straßenverkehr manövrierend. An den Bushaltestellen klingelt man gelangweilt die Fußgänger vom Radweg. Unfassbar, wie viele Menschen um diese Uhrzeit auf den Beinen sind, aber bis dahin ahne ich nichts schlimmes. Ein typischer Morgen eben. 

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Als ich aber um die Ecke brause, Bordstein hoch, Bordstein runter und die Schwimmhalle im Dunkeln mit leicht flackerndem Licht auftaucht,ist alles klar. Radschloss raus und ran und ab in die Masse an Menschen, die fünf vor halb sieben freiwillig darauf wartet, dass der Bademeister in Schläppchen und kurzer Hose endlich die Tür öffnet. Eine Frau trifft den Nagel auf den Kopf: “Ist ja wie beim Ausverkauf. Fast noch schlimmer.” Gut, dass ich eine Dauerkarte habe, so muss ich wenigstens nicht an der Kasse anstehen.

Ungefragt erklärt man mir dann in der Umkleide, dass man an den anderen Tagen keine Zeit zum Schwimmen hat. Vor der Arbeit geht eben nur Dienstag. Scheinbar geht es da allen so. Aber von den Gerüchten her, soll es Donnerstag leerer sein. Dicht an dich schließen sich dann die Garderobenschränke und alle schlürfen im Entengang zum Wasser. Kaum drin, schon Gerangel – auf der Schnellschwimmerbahn überholt jeder jeden; Hände kleben an den Füßen des Vordermanns und im Spaßbecken hört man hier und da ein ‘Aua’.

Ich war dieses Mal mit einem Berliner Urgestein im Schwimmbad, der seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten das erste Mal wieder versucht, ein wenig Schwimmbadatmosphäre aufzunehmen. Es hat sich nichts, aber auch wirklich absolut gar nichts verändert. Fliesen, Umkleiden, Duschen – alles so, wie er es aus der Schulzeit kennt. Ok, in meiner Heimatstadt ist auch nicht viel passiert, aber das Schwimmbad wurde zumindest komplett abgerissen und neu aufgebaut – samt fahrbarem Dach. Selbst diese Föhngeräte sind noch genau die, die es damals schon gab. Wer so etwas nicht kennt, würde es nicht als Föhn erkennen.

Aber trotz alledem trieben wir uns für das Frühschwimmersparpaket über eine Stunde im Becken rum – hier und da mal abgetaucht, weil einer über den anderen quer rüber wollte oder plötzlich jemand auf der falschen Spur unterwegs war. Dennoch zwei Kilometer weggepaddelt und nach der kalten Dusche einigermaßen munter in den Tag gestartet.

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