Ich habe ja ein Kindheitstrauma, was Kartoffeln angeht. Immer wenn wir bei meiner Omi in Schweden zu Besuch waren, gab´s klassisch Köttbullar mit Kartoffeln und brauner Soße. Wir saßen dann mit allen Verwandten um den Tisch und es wurde fleißig geschmaust und geschlemmt. Ich war übrigens das einzige Kind und alles quatschte wild in schwedisch durcheinander. Könnt ihr euch ja vorstellen, wie einschüchternd diese ganzen Erwachsenen auf mich wirkten, ohne kindliche Schützenhilfe an meiner Seite. Irgendwann bei besagten Treffen ist mir dann mal ne Kartoffel runtergefallen. Erstmal hat das keiner so richtig mitbekommen.
Ich erinnere mich noch an meine Gedanken: „wie kann ich das jetzt vertuschen?“ Sprachs und schwupps. Ab unter den Schuh. Tja, pragmatisch wie ich offensichtlich damals schon war, hab ich das Ding einfach in den Teppich gejagt. Meistens sehen Eltern ihren Kindern direkt an der Nasenspitze an, wenn sie etwas angestellt haben. So auch meine Mutter und die Entdeckung meiner Tat ließ nicht lange auf sich warten. Gemessen der Tatsache, dass es sich nur um eine beknackte Kartoffel handelte, war die Aufruhr riesengroß. Meine Omi stürmte beschwichtigend durchs Zimmer: Oh lilla Desi, oh lilla Desi, wollte mir aber eigentlich signalisieren, dass alles halb so wild ist. Wir hatten hier ein klassisches Sender-Empfänger-Problem, denn so hektisch wie sie durch die Wohnung wuselte, kam die Beschwichtigung bei Klein-Brutzelmania irgendwie nicht so recht an. Meine Mutter strafte mich mit ihrem versteinerten Autoritätsblick und ich fühlte mich ganz klein und schrecklich.
Obwohl diese Situation noch heute Schamgefühle in mir hervorruft, wurde sie natürlich zum Running Gag, beim alte Kindergeschichten auf den Tisch hauen in gemütlicher Familienrunde. Verstehe ich überhaupt nicht. Das war weder besonders einfallsreich von mir, noch ist es irgendwie außergewöhnlich witzig. Aber wie das so ist bei Geschichten aus der Kindheit, alle lachen sich scheckig, nur man selbst denkt: „ne, is klar“.
Die Kartoffel hat mir wohl auch verziehen, denn geblieben ist ein Geschmack, der Kindheitserinnerungen weckt: Köttbullar mit brauner Soße und Kartoffeln. Mittlerweile haben auch alle verstanden, dass dieses very swedish Gericht, Schött ausgesprochen wird. Die paar wenigen Ikea-Mitarbeiter lassen wir mal außen vor. Aber wie sollen sie das auch wissen, wenn der Dodel von oben, ihnen das nicht erklärt.
Und wie das bei Hausmannskost so ist, egal ob Schweden, Deutschland oder sonst wo. Jeder hat sein eigenes, bestes Familiengericht. Klassisch, wird dazu Kartoffelbrei oder „Janssons Frestelse“ (ein Kartoffelauflauf mit Anchovis) gereicht. Gewürzt werden sie oft mit Allkrydda oder Kryddpeppar, das gibt´s in Deutschland leider nicht. Deswegen habe ich das Gericht tysk-tauglich gemacht.
Aber seht selbst.
Köttbullar von Mama mit brauner Soße
Das Rezept:
750 gr gemischtes Hackfleisch
150 ml Semmelbrösel (eigenhändig von dl umgerechnet ;-)
200 ml Milch oder Sahne
6 EL Kalbsfond (den Rest braucht ihr für die Soße)
1 kleine Zwiebel
1 Ei
1 TL schwarzer Pfeffer
Butter zum anbraten
für die Soße:
2 Lauchzwiebeln
6 EL Cremefine oder Sahne
100 ml Milch
1 TL Dijonsenf
2 EL Tomatenmark
3 TL Preiselbeeren
1 EL Sojasauce
Soße entweder gaaaaaanz lange einkochen lassen oder mit etwas Kartoffelmehl binden
Die Semmelbrösel, ich habe Vollkorn-Semmelbrösel genommen in der Milch ca. 10 min einweichen lassen.
Das Hackfleisch mit den eingeweichten Semmelbröseln vermengen.
1 kleine Zwiebel in feine Stücke schneiden und ebenfalls zugeben.
6 EL Kalbsfond untermischen. Leider ist das Glas bereits in den tiefen des Restmülls entschwunden. Ich meine es waren 200 ml. Fall nun jemand bedenken hat, wegen nicht ordnungsgemäßer Entsorgung ich kann euch beruhigen unser Alt-Glas-Container wird gerade restauriert ;-)
200 ml Milch und 1 Ei zufügen und zu einer homogenen Masse verarbeiten.
Der Teig ist richtig, wenn er hell, weich und leicht klebrig ist. Sonst ggf. etwas Milch hinzufügen.
Mit 1 TL Schwarzpfeffer und etwas Salz abschmecken.
Mit nassen Händen zu kleinen Bällchen formen.
In ordentlich heißer Butter, wenn sie nicht mehr knackt ;-) anbraten. Und immer schön schwenken.
Bis sie durch sind.
Für die Soße 2 Lauchzwiebeln in feine Ringe schneiden und in der Pfanne mit einem Stückchen Butter kräftig anschwitzen. Schön das angebrannte ordentlich mit einrühren. Gibt nen herrlichen Geschmack.
2 EL Tomatenmark hinzugeben und mit dem Rest des Kalbsfonds ablöschen.
1 TL Dijonsenf, 1 EL Sojasauce und 3 TL Preiselbeeren hinzugeben und köcheln lassen.
100 ml Milch hinzufügen.
Nach ca. 10 min abseihen und erneut köcheln lassen.
Jetzt könnt ihr das ganze entweder reduzieren oder mit Kartoffelmehl binden.
Zum Schluss noch 6 EL Cremefine oder Sahne hinzufügen und mit Pfeffer abschmecken.
Lasst es euch schmecken!
Eure
Desi
und weil die liebe Sonja zum Event aufgerufen hat: Koch die Tüte ohne Tüte reiche ich direkt mein Rezept mit ein. Ich habe mich erstmal ins heimische Fix-Regal begeben um mal zu stöbern, was ich so kochen könnte. Mini war direkt begeistert, wie leeeeeecker das alles aussieht. Bis ich ihr dann erklärte, das die lustigen Bildchen nicht fingertouchfähig sind und daraus kein leckeres Gericht hoppelt. Natürlich muss ich aus patriotischen Gründen ein schwedisches Gericht kochen, aber auch die Köttbullar haben ihren Platz im Tütchenregal erhalten. Da lag es doch nahe es zu verwenden.
Als ich auf Sonja´s inspirierenden Blog gestoßen bin, habe ich direkt einige tolle Rezepte entdeckt.
Algensalat, Bloody Mary Suppe, Quinoa-Herzchen und was zum Süffeln gibt´s auch noch. Ihr könnt in Rezeptbüchern stöbern oder Ideen für kleine Geschenke aus der Küche finden.
Schaut mal vorbei: hier geht´s zu Sonja von Amor&Kartoffelsack