Wenn einem etwas spanisch vorkommt, dann könnte es französisch sein!
Elternabende haben Hochsaison. Überall treffen sich dieser Tage Eltern und Lehrer, um sich entweder ganz neu kennen zu lernen oder aber über Neuerungen und Besonderheiten im laufenden Schuljahr zu informieren. So weit nichts Neues, Elternabende gab es ja immer schon. Doch ausser der Tatsache, dass diese wie eh und je im Schulzimmer unserer Kinder stattfinden und wir Eltern dabei auf ihren Zwergenstühlen sitzen, ist ein Elternabend heutzutage ganz anders als noch zu meiner Schulzeit.
Die Lehrer heissen heute Lehrpersonen. Zum Elternabend kommt nicht nur – wie damals bei mir – der Vater, weil sich die Mutter zu Hause um das Nachtessen und die Kinder kümmert, nein, will man heute Interesse für die Schule demonstrieren, erscheint man selbstverständlich zu zweit und bietet dafür einen Babysitter auf. Die Lehrpersonen vermitteln ihre Informationen längst nicht mehr eher unbeholfen via Hellraumprojektor, sondern präsentationsgewandt mittels Powerpoint. Und während mein Vater früher einfach nur froh war, wieder nach Hause zurückzukehren, weil er am nächsten Morgen wieder früh aus den Federn musste, gehört in unserer 3.0-Welt Socializing und Networking beim anschliessenden Apéro unbedingt zum Elternabend dazu. Anlässlich meines jüngsten Besuchs eines Elternabends letzte Woche wähnte ich mich inhaltlich eher an einer Informatikschulung für Führungsleute. Da war einerseits die Rede von persönlichen Log-ins und individualisierten Lernplattformen, von stufenübergreifenden Online-Nachschlagwerken, von Software, die auf allen Devices und Browsern funktioniert, und andererseits von Kompetenzen, Transparenz, persönlichen Lernzielen und Eigenverantwortung.
Puah! Das kam mir alles ziemlich spanisch vor. Dabei erklärte uns die Lehrperson nur, wie unsere Kinder künftig Französisch lernen werden.
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
Hat euer Elternabend schon stattgefunden? Wie war er so? Wir freuen uns über eure Kommentare!