Passend zu den an diesem Wochenende zu Recht eifrigst gefeierten Herzenstagen UND zumValentinstag hier ein kleiner Auszug aus einem meiner aktuellen Herzensprojekte mit dem Titel Contemporary. Denn ich finde, das ist, obwohl im Grunde jeder Tag ein Herzenstag sein sollte, ein wunderbarer Zeitpunkt, um kleine Herzensfreunden miteinander zu teilen. Was denkt ihr?
Alles aus meiner kleiner Schreibwerkstatt.
[...]
Sie, Rose Garden, hätte nie geglaubt, dass ihr das jemals passieren würde. Das alles. Weder das eine noch das andere. Schließlich war sie pragmatisch veranlagt und glaubte schon längst nicht mehr an Dinge, von denen viele junge Frauen in ihrem Alter träumten. Dazu zählte eben auch die Liebe. Die Liebe, die einen Hals über Kopf erfasst, über beide Ohren erfüllt und das eigene Leben erst komplett macht. Liebe, die Traumfabriken in Hollywood in den schillerndsten Farben ausmalen, um die Kinokassen klingeln zu lassen. Liebe, der verklärte Romantiker hinterherjagen wie der Beagle dem Hasen. Ebenjene Suche nach Mr. Right, ebendieses Warten auf den Blitz, der einen möglicherweise, eventuell, vielleicht irgendwann einmal trifft, tat sie mit einem nüchternen Lächeln ab. Wozu sich in eine Sache hineinsteigern, die letztlich für Traumtänzer und nicht für Realisten wie sie gemacht war?
Doch - so unglaublich es klingen mochte -, vor dreizehneinhalb Monaten war ihr genau diese Liebe begegnet. Genauer genommen war er, Jo, ihr begegnet. Oder besser: wieder begegnet. Denn die beiden kannten sich praktisch schon ein halbes Leben lang. Schließlich waren sie gemeinsam zur Schule gegangen. Hatten sich allerdings anschließend mehr oder weniger aus den Augen verloren. Hatten nur sehr sporadisch, und dann eher flüchtig, den Kontakt aufgefrischt. Als mehr konnten die Handvoll Kurznachrichten in all den Jahren wohl kaum verbucht werden.
Dann sind sie sich aber eines morgens durch einen absurden Zufall - oder, wie Jo es zu nennen pflegte, den Wink des Schicksals - in der U-Bahn wieder über den Weg gelaufen. Binnen fünf Minuten hatten sie sich derart in ein Gespräch vertieft, dass Jo seine Station verpasst und im selben Atemzug sein Herz an die Frau mit den geheimnisvoll moosgrün schimmernden Augen verloren hatte. Rose erging es nicht anders. Auch für sie verschwamm all das Übrige: Der ältere Herr im Trenchcoat, der wie jeden Morgen eine Station nach ihr einstieg. Der energisch Kaugummi kauende Teenager mit Stöpseln in den Ohren, obwohl er mit seiner Musik das gesamte Abteil beschallte. Die Frau mit strenger Hochsteckfrisur, auffällig geschminkten Lippen und perfekt manikürten Fingernägeln, die ihre Aktentasche angespannt umklammerte. Sie hatte all jene Menschen längst ausgeblendet. Diese Menschen, die, wären sie nur ein wenig aufmerksamer gewesen, Zeugen etwas ganz Besonderen hätten werden können.
Zoom! Es hatte Rose erwischt. Das wusste sie. Wenngleich ihr auch dieses Klischee alles andere als schmeckte, so wusste sie es sofort: Jo war nicht irgendeiner, nicht ein anderer oder ein Nächster. Sondern er war Eine. Und zum ersten Mal in ihrem Leben kämpfte sie nicht unwillkürlich gegen das Offensichtliche an. Dieses Mal würde sie ihre Gefühle zulassen. Von Stunde null an. Ganz so, als würde sie tanzen. Heruntergeschluckte Gefühle machten die Welt nicht schöner und einen selbst nicht glücklicher. Wenn Rose eines gelernt hatte, dann das. Auf die harte, bis heute nicht verheilte Tour hatte sie das erfahren. Ein Grund mehr, es zu wagen. Schließlich sollte all das, was hinter ihr lag, nicht umsonst gewesen sein. der
Wie konnte es also sein, dass nun, nach nur einem gemeinsamen Jahr, alles wieder vorbei war? Dass ihr nach dieser viel zu kurzen Zeit alles wieder genommen worden war?