Schöner Totsein geht nicht

Schöner Totsein geht nicht

Die alte Kirche von Falera, St. Remigius. Und einer der vielen Menhire.

Schöner Totsein geht nicht

Erhabener Menhir und Ferienhäuser.

Falera, das Dorf in der Surselva, hat eine neue und eine alte Kirche. Die alte Kirche sieht man zur Linken auf einem kleinen Hügel namens Mutta stehen, wenn man mit dem Bus von Laax her ankommt. Sie ist dem heiligen Remigius gewidmet und bildet auch das Motiv des Dorfwappens. Als ich mich letzte Woche in Falera umschaute, ging ich die Remigius-Kirche besichtigen und war begeistert: diese Lage hoch über dem Tal des Vorderrheins, diese Aussicht auf die in Schnee verpackten Berggipfel, dieser stimmungsvolle Mini-Friedhof - hier ist gut Totsein! Aus historischer Sicht, stellte ich fest, sind es gleich drei Dinge, die der Mutta-Hügel bietet:
  • Erstens, eben, die Remigiuskirche. Sie ist Spätgotik, stammt aus der Zeit knapp vor 1500. Ihr Turm allerdings ist noch romanischer Herkunft, also mittelalterlich. Einen Pfarrer hatte St. Remigius schon 765, die Kirche gehörte zuerst dem Kloster Schänis SG, dann dem Kloster Disentis, bis endlich Falera selber die Hoheit übernahm. Anfang des 20. Jahrhunderts baute man eine grössere Kirche, seither heisst die kleine "Baselgia Veglia". Alte Kirche.
  • 1935 entdeckte der Kantonsförster auf dem Mutta-Hügel eine prähistorische Siedlung aus der Bronzeit, 2000 bis 800 vor Christus. Das Dörflein beherbergte gut 100 Menschen. Ihre Rundholzhütten waren von einem zwei Meter hohen Wall umfriedet. Er hatte gleich zwei Aufgaben: Abschreckung von Feinden und Schutz gegen den Wind. Archäologen fanden im Boden eine Bronzenadel von 83 Zentimetern Länge mit einem flachen, scheibenförmigen Kopf von mehr als 10 Zentimetern Höhe und Breite. Die Entdecker meinten vorerst, dies sei eine Kleidernadel gewesen. Heute kursiert die Theorie, dass die Verzierungen auf dem Kopf Venussymbole seien und die Nadel ein Venuskalender.
  • Gleich neben der Kirche ist der Hügel eher flach, die Wiese heisst "Planezzas". Einst muss auf ihr irgendeine Art von Kult stattgefunden haben. Drei Dutzend Menhire, also längliche, aufgerichtete Steine zeugen davon sowie mehrere Schalensteine. Einige Menhire bilden Reihen. Wenn man die jeweilige Linie aufnimmt und Richtung Horizont weiterzieht, ergeben sich astronomische Entsprechungen; zum Beispiel zeigt eine Linie wohl* auf den Punkt, wo zur Sommersonnenwende die Sonne aufging. Die Menschen von damals waren allem Anschein nach Gestirnsexperten.
* Eine gewisse Skepsis ist angebracht. Manche Peilungen sind reichlich ungenau; zudem ist der Himmel derart reich an Objekten, dass eine terrestrische Linie fast immer irgendetwas Stellares im Visier hat. Auch muss man bedenken, dass viele Menhire erst in unserer Neuzeit wieder aus dem Boden geholt und aufgerichtet wurden.
PS: Morgen widmet sich meine Zeitungskolumne der Winterroute Falera - Ladir - Ruschein.

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