Die Autorin
Jael McHenry ist begeisterte Hobbyköchin und Food-Bloggerin. Sie absolvierte ein Master-Programm in Creative Writing an der American University in Washington und veröffentlichte Beiträge in mehreren Literaturzeitschriften. Schokoladengeister ist ihr erster Roman. Die Autorin lebt in New York.
Produktinformation
Taschenbuch: 416 Seiten
Verlag: Diana Verlag (13. August 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 345335561X / ISBN-13: 978-3453355613
Originaltitel: The Kitchen Daughter
Größe und/oder Gewicht: 18,6 x 11,8 x 3,2 cm
Leseprobe
Quelle: Randomhouse *lies mich*
Die Geschichte...
Ginny hat "eine Persönlichkeit", wie sie gern sagt. Auch wenn sie ihre Rituale braucht, sich nicht von Fremden berühren lässt oder seinem Gegenüber beim Sprechen nicht in die Augen sieht. Denn die 26-jährige Ginny "zieht sich gern in ihr Schneckenhaus zurück und weiß nicht, wie es nach dem plötzlichen Tod ihrer Eltern weitergehen soll... Ihrer Schwester wäre am liebsten, wenn das Elternhaus verkauft würde, doch Ginny, die liebend gern kocht, ist dagegen - denn sie hat erst kürzlich zufällig herausgefunden, wie sie mit den Rezepten ihrer verstorbenen Familie deren Geister heraufbeschwören kann und als ihr ihre verstorbene Nonna verrät, dass die etwas verhindern soll, versucht Ginny dahinter zu kommen, was genau sie vereiteln soll. Und dann lernt sie David, den sympathischen Sohn ihrer Putzfrau Gert, kennen...
Meine Meinung:
Angelockt vom vielversprechenden Buchtitel und Klappentext, musste ich "Schokoladengeister" unbedingt haben, auch wenn das Cover eher anspruchslose Lesekost verheißt, doch in diesem Roman steckt noch viel mehr... Fast jedes Kapitel beginnt mit einem Rezept, das zum jeweiligen Abschnitt passt. DenHandlungsschauplatz hat die Autorin nach Philadelphia verlegt. Ginevra "Ginny" Selvaggio ist eine Einzelgängerin und "anders". Die sechsundzwanzigjährige Frau mag keine Menschenansammlungen, keinen Körperkontakt, kann mit anderen Menschen nichts anfangen, weshalb sie auch keine Freunde hat und in ein tiefes Loch fällt, als ihre Eltern im Urlaub ums Leben kommen. Ginny ist an einer leichten Form des Autismus erkrankt und auch wenn sie weiß, dass sie nicht wie die meisten anderen Menschen gestrickt ist, besitzt sie ein "Normal-Buch", in dem sich verschiedene Auszüge zum "Normalsein" befinden. Sie liest und kocht leidenschaftlich gern, am liebsten nach Familienrezepten. Nach dem Tod ihrer Eltern besteht die Familie nur noch aus den Schwestern Amanda & Ginny und Amanda möchte ihr Elternhaus bzw. Ginnys Zuhause verkaufen, doch die Geister ihrer verstorbenen Familie sind anscheinend dagegen...
Die Protagonisten, allen voran Hauptperson Ginny, sind lebendig gestaltete Charaktere mit vielen Facetten, Ecken & Kanten, die eine beachtliche Weiterentwicklung durchmachen. Auch die reizvollen Nebenfiguren wie Ginnys ältere, vernünftige Schwester und deren eigene Familie, die liebenswerte Putzfrau Gert mit rumänischen & kubanischen Wurzeln und ihr verwitweter Sohn David fügen sich gut in die Handlung ein und sorgen für Abwechslung.
Es ist äußerst interessant, mitzuerleben, wie diese außergewöhnliche Hauptperson mit Asperger-Syndrom ihren Alltag bewältigt und wie genau sie mittels Kochrezepten die Geister ihrer Lieben beschwört. Ginny ist eine begnadete Köchin, die so wunderbare Gerichte kreiert, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Außerdem vergleicht sie Menschen mit Lebensmitteln. So hat Amanda eine Orangensaft-Stimme, ihr Vater hat eine Stimme wie Tomatensaft und Gerts Stimme erinnert Ginny an Mohnsamen.
"Schokoladengeister" ist eine traurig-schöne Geschichte über das Leben, die Facetten von Normalität und Asperger, über Freundschaft, Geister und das Kochen sowie über den Tod. Der Debütroman von Jael McHenry wartet mit vielen Emotionen, einigen übersinnlichen Elementen und den verschiedenen Nuancen von Ginnys Leben auf. "Schokoladengeister" enthält außerdem viele amüsante sowie ernste und berührende Szenen, aber auch einige Längen und überflüssige Passagen. Obwohl dieser Roman durchwegs abwechslungsreich und kurzweilig gestaltet wurde, hat mich die Story nicht hundertprozentig überzeugt, denn irgendwie fehlt mir "das gewisse Etwas".
Geschildert werden die Geschehnisse aus der Sicht von Ich-Erzählerin Ginny, die uns mehr über ihre Träume, Wünsche & Ängste erzählt und uns einen tiefen Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt gewährt. Man fühlt schnell mit Ginny mit und wünscht der jungen Frau mit "Persönlichkeit" nur das Beste. Besonders gelungen sind die lebendigen Beschreibungen von Ginnys Koch- und Backversuchen, wodurch man alles förmlich vor seinem inneren Auge sieht. Dank der berührenden, ausdrucksvollen Schreibweise und der oftmals amüsanten Wortgefechte lassen sich die 416 Seiten schnell lesen.
FAZIT:"Schokoladengeister" erzählt die Geschichte der jungen Ginny, die um ihre toten Eltern trauert und kurz danach feststellt, dass sie eine besondere Begabung hat: Indem sie die Rezepte von Verstorbenen nachkocht, kann sie deren Geister heraufbeschwören und bringt damit ihr Leben durcheinander... Das Erstlingswerk von Jael McHenry wartet neben einigen Längen sowie allzu ausgeschmückten Schilderungen mit einem abwechslungsreichen Plot voller Emotionen und Überraschungen, einer interessanten Protagonistin & einemgefühlvollen Schreibstil auf. Da mich die Geschichte wunderbar unterhalten hat, bekommt dieser Erstlingsroman von mir
4 1/2 (von 5) Punkte.