Von Stefan Sasse
Panorama ist in seinen neuesten Recherchen auf einen Skandal gestoßen, der zwar wahrscheinlich relativ unbemerkt vorbeigehen wird, jedoch das Potential für eine größere Erschütterung des Bundestags hat. Carsten Maschmeyer, der dubiose Finanzjongleur von AWD, hat offensichtlich sowohl im Landtagswahlkampf Niedersachsen 1997 als auch im folgenden Bundestagswahl 1998 verdeckte Spenden für seinen Intimus Gerhard Schröder geleistet. Ersteres hatte, so stellt er es dar, den Zweck Oskar Lafontaine als Kanzlerkandidaten zu verhindern.
Ich würde nicht so weit gehen, Maschmeyer die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur zuzuschreiben. Schröder hätte die Niedersachsenwahl auch so gewonnen, vielleicht mit ein paar Zehntelprozent weniger, aber immer noch weit innerhalb der Marge, die er mit Lafontaine vereinbart hatte (zur Erinnerung: die beiden hatten beschlossen, dass Schröder Kanzlerkandidat werde, wenn er sich bei der Niedersachsenwahl signifikant verbessere, ansonsten werde es Lafontaine). Gerhard Schröder, der ja durchaus ein begnadeter Wahlkämpfer ist, hätte wohl auch ohne Maschmeyers Anzeigengeld in Niedersachsen gesiegt. Auch den Bundestagswahlkampf, der vorrangig eine Anti-Kohl-Wahl war, hätte Schröder ohne Maschmeyers Hilfe für sich entscheiden können. Das Kalkül der beiden, eine Große Koalition führen zu können, ging ohnehin nicht auf, reichte es doch wider Erwarten deutlich für Rot-Grün.
Muss also die Geschichte des Machtaufstiegs Gerhard Schröders neu geschrieben werden? Vielleicht muss man ein paar Details und Fußnoten ändern. Viel wichtiger ist in meinen Augen das Folgende. Maschmeyer besaß offensichtlich einen gewissen Einfluss auf Schröder, und der begann vom ersten Tag der Regierungsübernahme einen Kleinkrieg mit seinem Finanzminister - Oskar Lafontaine, dem Gottseibeiuns der Maschmeyers dieser Welt. Nach einem halben Jahr warf Lafontaine das Handtuch und wurde durch Hans Eichel ersetzt, der auch prompt genau die Politik machte, die sich die Finanzbranche so sehr wünschte: Sparpolitik im Haushalt und, vor allem, Deregulierung auf dem Finanzsektor. Das geschah in einem Ausmaß, das jedem CDU-Abgeordneten die Schamesröte ins Gesicht und jedem FDP-Abgeordneten das Wasser in den Mund treiben lassen musste. Während der Spiegel vom "Gewerkschaftsstaat" fabulierte, öffnete Schröder unauffällig ein Ausfallportal und ließ den Feind in die Burg ein.
Schröders Legendenbildung als Kanzler der Reformen könnte unter dieser Affäre mittelfristig ernsthaft leiden. Einen Geruch jedenfalls wird er nicht mehr los werden, wird ebenso von einem Hauch von Korruption umweht sein wie Ehrenwort-Kanzler Kohl. Für Steinmeier jedoch könnte die Affäre deutlich unangenehmer werden. Er ist noch im aktiven Politikbetrieb, und seine Unterschrift belegt eigentlich zweifellos seine Verstrickung in die illegale Wahlkampffinanzierung von 1997/98. Er hat auch schon das übliche Muster abzuspielen begonnen und dementiert, die Schuld dabei auf die Beamten der Staatskanzlei geschoben, der er vorstand. Sollte das Thema irgendwie virulent bleiben und weiter nachgeforscht werden, dürfte sich diese Behauptung kaum aufrecht erhalten lassen. Es wäre durchaus möglich, dass Steinmeier über diese Affäre stolpert. Als Kanzlerkandidaten jedenfalls macht es ihn sehr angreifbar und eigentlich unmöglich. Die Frage ist nur: wird das Thema irgendwie wichtig genug werden? Wird es thematisiert? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht überragend groß, denn die Verstrickungen in die Finanzwirtschaft und generell Maschmeyer sind nichts, womit man Chefredakteure in Begeisterungsstürme versetzt. Bisher jedenfalls schweigen die Mainstream-Medien zum Thema praktisch völlig. Es hat aber deswegen Potential, weil es um Sozialdemokraten geht, so dass man wieder einmal in eine andere Richtung als Schwarz-Gelb schlagen könnte und damit unparteiischer dastehen. Wenn wir in der Blogosphäre das Thema auf der Agenda halten, ist es durchaus möglich, dass die traditionellen Medien es doch noch aufgreifen. Auch bei Guttenbergs Doktorarbeit waren die Blogs den Zeitungen um mehrere Tage voraus.
Panorama ist in seinen neuesten Recherchen auf einen Skandal gestoßen, der zwar wahrscheinlich relativ unbemerkt vorbeigehen wird, jedoch das Potential für eine größere Erschütterung des Bundestags hat. Carsten Maschmeyer, der dubiose Finanzjongleur von AWD, hat offensichtlich sowohl im Landtagswahlkampf Niedersachsen 1997 als auch im folgenden Bundestagswahl 1998 verdeckte Spenden für seinen Intimus Gerhard Schröder geleistet. Ersteres hatte, so stellt er es dar, den Zweck Oskar Lafontaine als Kanzlerkandidaten zu verhindern.
Ich würde nicht so weit gehen, Maschmeyer die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur zuzuschreiben. Schröder hätte die Niedersachsenwahl auch so gewonnen, vielleicht mit ein paar Zehntelprozent weniger, aber immer noch weit innerhalb der Marge, die er mit Lafontaine vereinbart hatte (zur Erinnerung: die beiden hatten beschlossen, dass Schröder Kanzlerkandidat werde, wenn er sich bei der Niedersachsenwahl signifikant verbessere, ansonsten werde es Lafontaine). Gerhard Schröder, der ja durchaus ein begnadeter Wahlkämpfer ist, hätte wohl auch ohne Maschmeyers Anzeigengeld in Niedersachsen gesiegt. Auch den Bundestagswahlkampf, der vorrangig eine Anti-Kohl-Wahl war, hätte Schröder ohne Maschmeyers Hilfe für sich entscheiden können. Das Kalkül der beiden, eine Große Koalition führen zu können, ging ohnehin nicht auf, reichte es doch wider Erwarten deutlich für Rot-Grün.
Muss also die Geschichte des Machtaufstiegs Gerhard Schröders neu geschrieben werden? Vielleicht muss man ein paar Details und Fußnoten ändern. Viel wichtiger ist in meinen Augen das Folgende. Maschmeyer besaß offensichtlich einen gewissen Einfluss auf Schröder, und der begann vom ersten Tag der Regierungsübernahme einen Kleinkrieg mit seinem Finanzminister - Oskar Lafontaine, dem Gottseibeiuns der Maschmeyers dieser Welt. Nach einem halben Jahr warf Lafontaine das Handtuch und wurde durch Hans Eichel ersetzt, der auch prompt genau die Politik machte, die sich die Finanzbranche so sehr wünschte: Sparpolitik im Haushalt und, vor allem, Deregulierung auf dem Finanzsektor. Das geschah in einem Ausmaß, das jedem CDU-Abgeordneten die Schamesröte ins Gesicht und jedem FDP-Abgeordneten das Wasser in den Mund treiben lassen musste. Während der Spiegel vom "Gewerkschaftsstaat" fabulierte, öffnete Schröder unauffällig ein Ausfallportal und ließ den Feind in die Burg ein.
Schröders Legendenbildung als Kanzler der Reformen könnte unter dieser Affäre mittelfristig ernsthaft leiden. Einen Geruch jedenfalls wird er nicht mehr los werden, wird ebenso von einem Hauch von Korruption umweht sein wie Ehrenwort-Kanzler Kohl. Für Steinmeier jedoch könnte die Affäre deutlich unangenehmer werden. Er ist noch im aktiven Politikbetrieb, und seine Unterschrift belegt eigentlich zweifellos seine Verstrickung in die illegale Wahlkampffinanzierung von 1997/98. Er hat auch schon das übliche Muster abzuspielen begonnen und dementiert, die Schuld dabei auf die Beamten der Staatskanzlei geschoben, der er vorstand. Sollte das Thema irgendwie virulent bleiben und weiter nachgeforscht werden, dürfte sich diese Behauptung kaum aufrecht erhalten lassen. Es wäre durchaus möglich, dass Steinmeier über diese Affäre stolpert. Als Kanzlerkandidaten jedenfalls macht es ihn sehr angreifbar und eigentlich unmöglich. Die Frage ist nur: wird das Thema irgendwie wichtig genug werden? Wird es thematisiert? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht überragend groß, denn die Verstrickungen in die Finanzwirtschaft und generell Maschmeyer sind nichts, womit man Chefredakteure in Begeisterungsstürme versetzt. Bisher jedenfalls schweigen die Mainstream-Medien zum Thema praktisch völlig. Es hat aber deswegen Potential, weil es um Sozialdemokraten geht, so dass man wieder einmal in eine andere Richtung als Schwarz-Gelb schlagen könnte und damit unparteiischer dastehen. Wenn wir in der Blogosphäre das Thema auf der Agenda halten, ist es durchaus möglich, dass die traditionellen Medien es doch noch aufgreifen. Auch bei Guttenbergs Doktorarbeit waren die Blogs den Zeitungen um mehrere Tage voraus.