Zu den offenen Grenzen in Zeiten der „Vollbeschäftigung“ und des „Fachkräftemangels“

Von Jürgen Voß
Spielen wir mal mit etwas Phantasie folgendes durch: Wir schreiben das Jahr 1970.  In dem später mal „alte“ Bundesrepublik genannten Westdeutschland sind exakt 148 846 Frauen und Männer „arbeitslos“ gemeldet. In diesem Vollbeschäftigungsparadies – liberale Ökonomen sprechen sogar von Überbeschäftigung – kommt jemand auf uns zu und entwirft ein Arbeitsmarktszenario der Zukunft: In 41 Jahren, genau: im April des Jahres 2011, werden 5,501 Mio. Menschen auf den Empfang von Arbeitslosengeld angewiesen sein, davon 3,08 Mio. „registrierte“ Arbeitslose und 1,2 Mio. in sog. Fördermaßnahmen versteckte.
Dieser „Prophet“ führt weiter aus, dass trotz dieser verheerenden Zahlen, die Politiker der fernen Zukunft und mit ihnen die gesamte mediale Öffentlichkeit mit geradezu missionarischem Eifer eine weitere Zuwanderung in den Arbeitsmarkt aus dem Ausland empfehlen werden und zum 1. Mai des Jahres 2011 (also am Tag der Arbeit, wenn das nicht zynisch ist!) wird es dann so weit sein: Die Grenzen, die ohnehin für die Arbeitnehmer/innen aus 15 europäischen Ländern seit Jahren offen waren, werden für weitere acht Länder geöffnet.
Kurze Frage? Wäre „unser Mann“ im Jahre 1970 einer Einweisung in die Irrenanstalt entgangen?
Aber im Ernst: Sich über die Öffnung des Arbeitsmarktes nach Osten hin, zu dem immer noch ein beträchtliches Lohngefälle herrscht, zu freuen, fällt nicht wenigen Arbeitnehmern schwer, wenn sie sie überhaupt gut heißen. Diese Skepsis lässt sich nicht nur durch ein irrationales Bedrohtfühlen erklären. Der hiesige Arbeitnehmer kennt als persönlich Betroffener den ramponierten Arbeitsmarkt nur allzu gut und weiß aus bitterer Erfahrung, dass jede Zuwanderung in einen Arbeitsmarkt, der die obigen Zahlen aufweist, immer eine Verdrängung darstellt oder zumindest mit Lohndumpingeffekten verbunden ist.
Damals, in den sechziger und frühen siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als Logik und Plausibilität noch das Denken der Politiker (manchmal zumindest) bestimmten, hatten sich deshalb die Gewerkschaften nicht umsonst mit der Forderung durchgesetzt, dass den zugewanderten Arbeitskräften grundsätzlich Tariflöhne gezahlt werden mussten! Dass auch die Primärbedingung, nämlich echter Arbeitskräftemangel aufgrund des Krieges und dem seit 1961 schlagartig gestoppten Zuzug aus dem anderen deutschen Staat herrschte, erfüllt war, versteht sich in dieser goldenen Zeit des Arbeitsmarktes von selbst. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, bei über 5 Mio. Arbeitsuchenden Zuwanderung zu empfehlen!
Die mangelnde Begeisterung über die weitere Öffnung des Arbeitsmarktes beruht  überdies auch auf Erfahrungswerten, die die Bürger mit der gerade zehn Jahre hinter uns liegende Massenzuwanderung der neunziger Jahre gemacht haben.
Seit der Öffnung des Osten im Jahre 1987 sind nämlich laut Stat. Bundesamt bis einschließlich 2000 6,388 Mio. Menschen per saldo zu uns gekommen, also analog gesprochen, die Bevölkerung von fast 64 Großstädten. Von diesen über 6 Millionen Menschen befand (und befindet) sich die Mehrheit (der Erwerbsfähigen unter ihnen) nicht in ordnungsgemäßen Beschäftigungsverhältnissen (übrigens bis heute nicht); die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer lag 2000 niedriger als 1973. (Eine gesonderte Statistik über beschäftigte Aussiedler wurde und wird nicht geführt.)
Diese Zuwanderung in einen nicht aufnahmefähigen Arbeitsmarkt hat vielmehr die Zahl der von Transferleistungen lebenden Zuwanderer geradezu explodieren lassen. Leider hat es über diese arbeitsmarktpolitisch vollkommen missglückte Massenzuwanderung nie eine  rationale Diskussion gegeben, sie wurde und wird vielmehr mit meist normativ ideologischen „Argumenten“ gezielt verhindert. Aber trotz dieser Erfahrungen, der Bevölkerung jetzt auch noch mit propagandistischem Elan vermitteln zu wollen, wie toll die neuerliche Öffnung des Arbeitsmarktes ist (als  Begründung werden „teilweise (???) Vollbeschäftigung“ (Brüderle!) und „Fachkräftemangel“ (alle) genannt), zeigt, dass Prognosen und Phantasmagorien gar nicht verrückt genug sein können, um nicht 40 oder 50 Jahre später Wirklichkeit zu werden.

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