Schmidt-Show im Ersten

Schmidt-Show im Ersten

Vor einigen Jahren warb ein schwäbischer Sportwagenhersteller in den USA mit deutschen Autobahnen und dem teutonischen Privileg von sechs Wochen bezahltem Urlaub. Man habe eben in Deutschland die richtigen Prioritäten. Dazu das Heck des meist verkauften Modells in der Turboversion. Offensichtlich sollte der Neid der US-Amerikaner mit dieser Anzeige geweckt werden.

Eine ähnliche Anzeige wird im Talk bei Beckmann geschaltet. Inhalt: Einige Wochen bezahlter Urlaub mit ein paar legeren Schauspieleinlagen und fertig ist Das Traumschiff, das am Sonntag seinen 30. Geburtstag feiert. Lästermaul Harald Schmidt, der seit drei Jahren den wahrscheinlich angenehmsten Dreh der Republik mitmacht, gibt sich größte Mühe, seinen Chef, den Traumschiff-Erfinder Wolfgang Rademann, gut aussehen zu lassen. Immerhin sorgt er dafür, dass unter sehr menschlichen Umständen große Unterhaltung für Millionen von Zuschauern entsteht, die eben nicht ganz so viel Tiefgang hat wie die MS Deutschland, auf der mehrheitlich gedreht wird.

Schmidt gibt sich zahm und milde und verteidigt den größten Pott des deutschen Fernsehens gegen einige nicht ganz zu Ende ausgespielte Angriffe von Beckmann. So könne eine Sendung, die über zehn Millionen Menschen sehen, nicht unpolitisch sein. Rademann hat gerade mit seinem breiten Berliner Dialekt ziemlich genau das Gegenteil behauptet, aber das ist dem Schwaben Schmidt egal, er ist nicht nur an Bord der Zampano.

Es verbreitet sich ein wohliges, fast nostalgisches Gefühl von unangestrengter Rechtschaffenheit, aber auch Anflüge von fernsehuntypischer Nächstenliebe, wenn Reiseziele und Drehbedingungen zur Sprache kommen. Das Schwierigste an der gesamten Produktion scheint demnach die Rekrutierung von Mimen zu sein, die sich so viel Zeit überhaupt frei schaufeln können. Nur gelegentlich höre man von Schauspielern: «Meine Ehe ist gerade kaputt gegangen, da kam der Anruf vom Rademann gerade recht», meint Schmidt süffisant.

Der große Kahn ein Paradies? Zumindest, wenn man den Ausführungen von Christoph Maria Herbst Glauben schenkt, flunkern da gerade zwei der Hauptbeteiligten gewaltig oder verschweigen die garstigen Seiten des Traumschiffs. Aber Beckmann interessiert sich für Anekdoten und nicht für Intrigen. So viel Amtshilfe muss unter öffentlich-rechtlichen Kollegen schon mal sein.

Immerhin gibt es noch einen Hinweis von Schmidt, wie er mit den schwachen Quoten seiner Sendung umgeht. Als Vorbild nennt er Bayern-Stürmer Mario Gomez, der sich nach monatelanger Durststrecke zum Top-Torjäger gemausert hat. Noch ehrlicher wirkt Schmidts Begründung, warum Helmut Kohl eines seiner Vorbilder sei: «Nicht gleich nervös werden, wenn man 16 Jahre lang negative Presse kriegt.»

Bestes Zitat: «Alle wissen, was sie machen. Wir drehen ein modernes Mädchen, äh, ein modernes Märchen.» Harald Schmidt verteidigt das Traumschiff mit Freuds Hilfe gegen einen äußerst hinterhältigen Wattebauschwurf von Reinhold Beckmann.

Die Sendung in voller Länge in der ARD-Mediathek.

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«Beckmann» – Schmidt-Show im Ersten

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