Als Nanette den Roman Der Kaugummikiller liest, steht ihre ganze Welt plötzlich Kopf. Warum eigentlich so weiterleben wie bisher? Warum Dinge tun, nur weil andere sie tun? Sie beschließt, den Autor des Buches ausfindig zu machen, um Antworten auf ihre Fragen zu finden. Dabei muss sie bald feststellen, dass sie mit ihren Gedanken gar nicht so allein ist.
Matthew Quick ist ein Meister der schrägen Charaktere, was er ein weiteres mal bei Schildkrötenwege unter Beweis stellen konnte. Seine Figuren erinnern zwar zunächst an solche, die wir aus anderen Jugendbüchern gewohnt sind, doch erweisen sie sich bald als noch abgedrehter. Das macht die Handlung zwar unberechenbar, aber manchmal ebenso unzugänglich, da man sich mit Protagonist*innen weder identifizieren kann, noch will. Auch Nanettes Kühle wirkte anfangs noch anziehend auf mich, ließ das Buch schlussendlich aber sehr gefühllos an mir vorüberziehen. Ihre Ignoranz ging mir irgendwann dann so gewaltig auf die Nerven, dass ich sie am liebsten schütteln wollte (vielleicht war das ja die Emotion, die der Autor bei seinem Publikum wecken wollte).
Ich habe mich bereits seit Beginn gefragt, ob Quicks erfundenes Buch Der Kaugummikiller eine Anspielung auf Salingers Der Fänger im Roggen sein soll, da es in meinen Augen doch viele Prallelen zu geben scheint, insbesondere die Wirkung auf junge Menschen betreffend. Wie auch bei Salinger bleibt der große Aha-Effekt für mich jedoch aus. Schildkrötenwege erzählt zwar eine Geschichte über die Entscheidung, Dinge anders zu machen als die Masse, und verbreitete damit eine positive, ermutigende Botschaft, jedoch verfehlt die Umsetzung meiner Meinung nach ein wenig das Ziel. Nachdem Nanette endlich ihre Verbohrtheit abgelegt hat, welche die Leser*innen fast die ganze Zeit über auf der Stelle treten lässt, werden ihr einsichtiger Moment und das komplette moralische Fazit auf die letzten Seiten des Romans gequetscht. Das hätte man eleganter lösen können.