Schallalah im Schlamm

Früher war hier die erste Garde der Vergessenen Stammgast, Edo Zanki, Ireen Sheer und Uwe Ochsenknecht gaben sich auf windigen Freilichtbühnen die Klinkenstecke in die Hand, wenn Halle, die Kulturhauptstadt in der von Armut bedrohten Mitte Deutschlands, zum beziehungsreich "Laternenfest" genannten größten Volksfest der Region rief.
Die rote Laterne, hier im früheren Chemiedreieck meist einziges trübes Licht am Tunnelende, als Anlass zum feiern, das gibt hier alljährlich ein Riesenvolksfest mit Feuerwerk, bunt leuchtenden Hasenohren als Kopfschmuck, einem tanzenden Peru-Indianer und vielen Pulloververkaufsständen. Doch das größte Volksfest darf die Laternenparty nun nicht mehr sein, weil die Nachbarn aus Eisleben ihr Wiesensaufen im Herbst noch viel größer finden und eine Klage angedroht haben.
Schallalah im SchlammSeitdem haut es nun nicht einmal mehr mit dem Wetter hin: Im Dauerregen des menschengemachten Dürresommers 2010 versinkt das bescheidene Niveau der traditionellen Jahreshauptversammlung der Kleiner-Feigling-Trinker diesmal im Schlamm des musikalischen Schallalah. Abgesehen von den norwegischen Minor Majority, die ebenso wie ihre Balladenkollegen Racoon hierher passen wie ein Bahai-Missionar in eine iranische Moschee, versammelt sich der musikalische Bodensatz der Ballermann-Republik auf den Bühnen. Nachgespieltes wird hier live noch einmal nachgespielt, dumpf dröhnt die Discotrommel, alte Herren aus Bayern, verpackt in Lederhosen, führen rudimentäre Gesangskünste vor. Zwischen "Get Back" und "Knockin´on heavens door" geht immer noch eins von CCR, ein bisschen Smokie oder Thin Lizzy.
Ein Fest für alle Sinne, bei dem im Fetenfeldlager der Bundeswehr kein Atzen trocken bleibt. Hier bügelt eine Band namens Maddoxx die Falten aus Klassikern wie "Highway to Hell" und "Smoke on the Water". Gedientes und ungedientes Bodenpersonal schüttelt hingebungsvoll vorhandenes und nicht mehr vorhandenes Haar. Ein Fest der Generationen, befeuert von kalten Bier aus Krostiz und Australien und dem üblichen Höhenfeuerwerk, das später von Feuerwerkskritikern des Heimatsender MDR zum "besten der letzten Jahre" gekürt werden wird. Die Sorgen um die Sicherheit, mit denen die Duisburg-Katastrophe in den Wochen vor dem Fest auf Mitteldeutschland medial heruntergebrochen worden war, lösten sich im Dauerregen auf. Statt 120000 Fans von Mittelaltermarkt, Feinschmeckermeile, Bumsmusik und Eisermanns Erdbeeren mit Prosecco kamen diesmal nur rund 75.000, sich die Schande anzuschauen. Nachts um eins krähen die Bierhähne hier zum letzten Mal. Die Stadtführung hat Nachtruhe angeordnet. Und es regnet ja auch schon wieder.


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