Ich hielt ein Baby im Arm, seine Ärmchen waren schlaff. Der dunkle Teint trotzdem bleich, auf der kleinen Stirn kalter Schweiß.
In der Wellblechhütte,deren Wände mit Zeitungspapier bunter Illustrierter tapeziert war, sammelten sich Alte und Junge. Barfüssige Kinder mit dunklen Locken und dreckverschmierten Gesichtern, zahnlose Alte, ausgemergelte Frauen und Männern denen man die Armut ansah.
Man reichte mir Brot, Zwiebeln und Wasser. Ich mochte die Gastfreundschaft nicht ablehnen, hoffte genug Abwehrkräfte, zu haben um das Essen zu überleben. Es stank nach Müll, die Erde war trocken und staubig . Mit meinen siebzehn Jahren war ich plötzlich mit so einer Armut konfrontiert , die mir den Atem verschlug. Ich hatte mich schick gemacht.Nun war der lange dunkelrote Seidenrock staubig, das von der Sonne ausgeblichene Haar klebte mir im Gesicht.
Hunde bellten, als ich begleitet von zwei Roma Kindern die “Siedlung” verließ. Ich kehrte zurück zur siebenbürgischen Hochzeit, noch immer unter Schock. Zwei Welten parallel nebeneinander, nur etwa fünfzehn Wegminuten voneinander entfernt.Auch die Gastfreundschaft und das fröhliche Gelächter hallten noch in mir nach.
Es war ein Zufall,der mich dorthin geführt hatte oder nicht der Zufall sondern die Neugier. Die rumänische Hochzeit dauerte bereits den zweitenTag.Ich brauchte Luft und lief. Nun war ich zurückgekehrt.
“Zwei Kinder haben mich angesprochen”,sagte ich zu Katinka, der sechzigjährigen Chefin des Hauses. (Kuckucksuhren an der Wand) Haben sie gebettelt, nicht, fragte sie..haben sie.
Sie war erbost , erbost über meinen Ausflug in die Roma Siedlung, über deren Existenz ich bis dahin nichts wusste. “Wie kannst du uns nur so ins Gerede bringen” Die Armut würden sie so wollen erklärte sie mir, sämtliche Förderprogramme des staates würden scheitern, der Alkohol alles kaputtmachen.
Ich dachte an die zwei Kinder die mir ein Bild gemalt hatten,einige rumänische Sonnenstrahlen in eine Flasche verpackt. Es war eine Erfahrung die mich nicht losließ. Wenn auch den Erwachsenen vielleicht nicht zu helfen war, was war dann mit den Kindern?
Ich bin etwa zehn Jahre später noch einmal nach Rumänien gefahren, ich hätte dort mit Kindern arbeiten können.Irgendwie fehlte mir der Mut oder fühlte sich das Land , die Mentalität doch zu fremd an. Das Leben der meisten Roma ist immer noch geprägt von bitterer Armut und Vertreibung