Zwei Tage nach der Europawahl hat Stefan Kornelius, der Ressortleiter Außenpolitik der SZ einen sehr lesenswerten, differenzierten Artikel zu den Motiven der Wähler geschrieben: „Wunsch nach Klarheit und Führungsstärke" (SZ, 28.5.2019).
Er beschreibt die hohe Wahlbeteiligung, die wohl auch ein Grund dafür ist, dass die Rechtspopulisten „alles andere als erfolgreich" waren.
Er beschreibt den Erfolg der Grünen und Liberalen und die Verluste der alten Volksparteien.
Die Unterschiede bei den Ergebnissen der Sozialdemokraten, die in Deutschland und Frankreich abgestürzt sind, aber in Spanien und den Niederlanden gewonnen haben.
Im Gegenzug haben die Konservativen in Österreich gewonnen, aber in Deutschland verloren.
Kornelius fragt: Gibt es bei diesen Unterschieden im Wahlverhalten ein Leitmotiv der europäischen Wähler ? (und hat das evt. etwas mit Psychologie zu tun ? fragt sich der Blog-Autor) .
Sind neben den politischen Inhalten ebbt. andere Motive ausschlaggebend und lassen diese die Unterschiede im Wahlverhalten der 330 Millionen Europäer erklären?
„Mit diesem diesem Wunsch nach Führungsstärke verbindet sich das trügerische Bedürfnis nach Einfachheit und Verständlichkeit von Politik. Bei den Populisten entlädt sich diese Spannung in den Rufen nach Zerstörung und Zerschlagung. Die moderaten Wähler, ihnen gehört die Mehrheit, hoffen auf neue Parteien" (S. Kornelius, ebenda).
Auch aus psychodynamischer Sicht muss man S. Kornelius recht geben:
Viele Menschen sind verunsichert und haben ganz unterschiedliche Ängste angesichts einer immer komplexeren politischen Landschaft, in der die Enttäuschung an den großen Volksparteien wächst.
Diese wirken machtlos angesichts von Dieselskandal, Klimawandel, Globalisierung, Digitalisierung und den internationalen Flüchtlingsfragen.
Und je nach politischer Färbung oder Neigung zu Extremen (Reflexionsfähigkeit, Frustrationstoleranz) werden radikale oder moderate Antworten und Führungspersonen gewählt.
Sie dazu auch den Blog-Beitrag: „Ängste aushalten - Psychische und Gesellschaftliche Ursachen von Angst" vom 26.12.2016.
Darin geht es um:
- Fähigkeiten zur Angstbewältigung
- Resilienz
- Angst vor Kontrollverlust
- wachsende Unfähigkeit in der Gesellschaft, mit Ängsten umzugehen