Rückbetrachtung zur zweiten Kita-Übernachtung

Ich habe gestern endlich nach ihrem Urlaub mit der Bezugserzieherin des Großen sprechen können, um die Kita-Übernachtung aufzuarbeiten. Er hatte ja an dieser Übernachtung, seiner zweiten, vom Freitag 27.11. bis Samstag 28.11. teilgenommen und war als Wrack zurückgekehrt, völlig durch den Wind und total krank, wie hier beschrieben. An dem entsprechenden Wochenende und in der letzten Woche hatte er schwankend erhöhte Temperatur, Husten und Heiserkeit und war sehr abgeschlagen, blass und schwach, so dass wir ihn bis auf einen Tag zuhause ließen. Mittlerweile scheint er sich zum Glück wieder aufgerappelt zu haben, nicht nur physisch, sondern auch in mentaler Hinsicht. Wir waren ja sehr schockiert darüber gewesen, was der Große uns von der Kita-Übernachtung erzählt hatte und in welchem Zustand er zurückgekehrt war. Deshalb wollte ich unbedingt noch direkt mit der Bezugserzieherin sprechen und ihren Bericht hören.
Der Große hatte vor allem erzählt, dass er kaum geschlafen habe, weil sein Nebenmann ihn ständig gestört und angerempelt hatte. Weiterhin, dass am Abend lange ferngesehen wurde. Was genau, habe ich erst aus den Erzählungen anderer Kinder und deren Eltern erfahren, ebenso wie die Tatsache, dass wohl auch am Morgen nochmal ferngesehen wurde. Seine Nachtwindel war noch unbenutzt in seinem Rucksack, dafür war eine Tüte mit seinem klitschnassen Schlafanzug drin. Wir vermuten, dass er die ganze Nacht in seinen nassen Klamotten lag, denn hätten die Erzieher das schon am Anfang der Nacht gemerkt, hätten sie ihm doch bestimmt die Nachtwindel rangemacht. Schöne oder aufregende Anekdoten erzählte er gar nicht, war auch viel zu schlapp dafür, aber auch in den nächsten Tagen kam nichts dergleichen zum Vorschein. Die anderen Kinder waren zwar müde, aber begeistert gewesen.
Seine Erzieherin berichtete, dass nach dem Abendbrot eine Schatzsuche und ein Fühlspiel gemacht wurde, die Kinder dann vor dem Einschlafen auf eigenen Wunsch einen mitgebrachten 20min-Film schauten und sie unseren sehr müden Sohn dann schon einschläferte, bevor der zweite Film lief. Die Nachtwindel hatte sie vergessen und dass am Morgen nochmal ferngesehen wurde, um die erste Gruppe Kinder fertigzumachen, bestätigte sie. Unser Großer wirkte auf sie völlig normal, ruhig und angepasst wie immer. Da mein Mann ihn aber schon als "wandelnde Leiche" abgeholt hat, muss er sich unter äußerster Anstrengung zusammengerissen haben. Sie meinte, dass einige Kinder im Moment immer wieder mit schwankender Temperatur krank sind, weil ein entsprechender Virus grassiert. Ich sagte ihr, das mag ja sein, aber andererseits kenne sie meinen Sohn jetzt seit 3 Jahren, in denen er insgesamt ca. 4 Wochen wegen Krankheit fehlte, von denen komischerweise jeweils eine Woche nach den beiden Kita-Übernachtungen war. Selbst, wenn schon ein Infekt in ihm drin steckte, scheint es ihn so aus der Bahn geworfen zu haben, dass er keine Abwehr mehr hatte und zusammenklappte. Das kenne ich selbst auch und ähnliches war schon in unserem letzten Kurzurlaub eingetreten, als er psychisch so belastet war, dass er krank wurde, sich aber zum Glück nach 2 Tagen wieder berappelte. Danach und in der dazwischenliegenden Kitawoche war er fit, und so hatten wir ihn abgegeben. Genau wie bei der ersten Kita-Übernachtung, und genau wie damals war er die darauffolgende Woche krank. Beim ersten Mal hatten wir es noch für einen unglücklichen Zufall gehalten, aber jetzt bin ich mir ziemlich sicher, dass das einfach nichts für ihn ist. Ich sagte ihr, dass wir ihn wahrscheinlich in Zukunft nicht mehr zu den Übernachtungen geben werden, nicht, weil wir die Idee nicht schön fänden, sondern weil er einfach nicht zu der Idee und der Umsetzung passt (oder umgekehrt). Jeweils eine Woche Kranksein steht in keinem Verhältnis zu den paar Stunden Entlastung und auch nicht zu den Erlebnissen, die der Große dadurch hat.
Ich glaube, es kommt einiges zusammen, was es so belastend für ihn macht: er hatte vorher schon einen anstrengenden Kitatag und kaum eine Chance, runterzukommen. Er ist am Abend noch viel Trubel, Lärm und Reizen ausgesetzt, die er nicht mehr verarbeiten kann, vor allem nicht, wenn er direkt beim Film-Schauen einschläft und damit sozusagen wieder aufwacht. Er hat gleich morgens wieder Stress um sich herum, was er nicht mag, weil er zwar ein Frühaufsteher, aber gleichzeitig ein Morgenmuffel ist (komische Kombination, aber ist so). Dazu kam, dass er in der Nacht wegen seines Nachbarn nicht schlafen konnte, vermutlich lange in seinem nassen Schlafanzug lag, er es gewöhnt ist, allein zu schlafen und generell bei fremdartigen Abläufen, anderen Umgebungen und fehlender Gewohnheit Probleme hat. All das zusammengenommen macht es für ihn schwerer als für andere Kinder, sich an solch einen kurzzeitigen Ausnahmezustand zu gewöhnen, und die sicherlich vorhandenen schönen Erlebnisse wiegen den Stress, den er empfindet, nicht im Geringsten auf. Der enorme psychische Stress scheint sich dann im Körper niederzuschlagen und er wird krank. Mir tut es sehr leid, dass er es scheinbar als so schlimm empfindet, wollten wir ihm doch wirklich nur eine schöne Erfahrung in seiner vertrauten Gemeinschaft ermöglichen. Aber wenn ich selbst zurückblicke, war es bei mir auch immer so, dass mir solche Erlebnisse nichts gegeben und den Anpassungsdruck nicht aufgewogen haben. Insofern kann ich ihn gut verstehen, auch wenn ich immer denke, vielleicht ist er ja doch anders, weil ja nicht nur ich in ihm stecke.
Wir werden sehen, wann die nächste Übernachtung ist, ob er bis dahin stabiler geworden ist und vielleicht auch noch besser ausdrücken kann, was ihm nicht gefällt. Er ist halt sehr passiv und leidet still, zumindest in fremder Umgebung (zuhause leidet er lautstark;)). Aber er soll nicht leiden, sondern schöne Erfahrungen ohne Zwang machen. Ich möchte ihn schon gern ein Stück weit kleinen Herausforderungen aussetzen, aber nicht um jeden Preis und vor allem nicht nach mehrmaligen negativen Erfahrungen. Dafür ist er einfach noch zu klein und zu verletzlich.

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