Anpassungsdruck, Traditionen und Konsum

Bei uns gibt es auch dieses Jahr aus verschiedenen Gründen keinen Adventskalender. Keines der Kinder hat bisher danach gefragt. Sie kennen es nicht und vermissen deshalb auch nichts. Ich finde das gut und will das, solange es möglich ist, unterstützen. Auch Halloween habe ich nie thematisiert und der Tag ist ohne irgendwelche Sperenzien vergangen. Keiner hat etwas gefragt. Genauso am Kindertag und ähnlichen Anlässen. Wenn wir das beim Nikolaustag von Anfang an genauso gemacht hätten, wäre auch dieser kein Thema und man könnte sich den zusätzlichen Geschenkeanlass sparen. Wir hatten das tatsächlich beim ersten bewussten Nikolaustag des Großen (als er 1 3/4 war) kurz überlegt, genauso wie auch das Oster"problem" und waren kurz davor, diese Geschenkanlässe zu ignorieren, solange es geht, haben uns dann aber doch dagegen entschieden. Ich allein hätte es vielleicht  gemacht. Und es hätte bisher auch funktioniert. Am Nikolausmorgen haben die Kinder sich wie in den vergangenen Jahren auch überhaupt nicht daran erinnert, dass sie am Abend die Stiefel rausgestellt hatten. Wir mussten sie nach dem Frühstück darauf aufmerksam machen, erst dann stürmten sie zur Tür. Für jedes Kind gab es nur ein Geschenk. Würden wir den Anlass nicht thematisieren, würde ihnen auch nichts fehlen. Schließlich gibt es knapp 3 Wochen später die "großen" Weihnachtsgeschenke. Auch, was Ostern betrifft, bin ich sehr zwiegespalten. Da beide Kinder im Frühling, wenige Wochen vor bzw. nach Ostern Geburtstag haben, ist mir das eigentlich zuviel Schenkerei. Mir geht es dabei vor allem um die übertriebenen Konsumaspekte der vielen Anlässe.
Ich bin eigentlich ein traditionsbewusster Mensch. Ich bin diejenige, die dafür sorgt, dass trotz allen Stresses die Weihnachtsdeko aufgebaut wird, ein Osterstrauß geschmückt wird und die Geburtstage angemessen, also kindgerecht begangen werden. Aber ich mag keinen Dogmatismus und Anpassungsdruck, gerade was den Geschenkezwang angeht, und diese Haltung: "Das wird eben so gemacht!" stößt mir auf. Viele meinen ja auch immer wieder, es geht gar nicht anders, man kann sich gar nicht entziehen, die Kinder würden das einfordern. Doch, kann man, zumindest wenn die Kinder klein sind und das Elternhaus noch der Haupteinfluss ist.
Ich denke, dass man nicht alles, was "Tradition" ist oder "eben dazugehört", mitmachen muss, und man merkt auch, dass die Kinder, gerade wenn sie klein sind, nichts vermissen. Ich glaube also nicht, dass wir ihnen etwas vorenthalten oder ihnen eine Freude verwehren, denn sie kennen es nicht anders. Klar kriegen sie manches in der Kita oder bei Freunden mit, aber das ist nochmal was anderes als zuhause. Allerdings finde ich es unschön, mich dafür rechtfertigen zu müssen. Das wirkt immer so, als wäre das andere Verhalten Standard und als würde man abweichen. Aber wer entscheidet denn, dass ein Adventskalender oder ein extra Geschenk zum Nikolaus Standard ist? Ich bin durchaus für das Bewahren von Traditionen, aber in vielen Familien heißt das lediglich Kaufrausch und Geschenketerror. Ich will auch lieber die Erwartungshaltung meiner Kinder niedrig halten, damit noch Luft nach oben ist. In der Familie meines Mannes gab es leider so gut wie gar keine schönen Familientraditionen. Deshalb verbindet er mit den Festen eher Konsum. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ohne mich hier weniger die klassischen Traditionen, sondern vielmehr die Konsumtradition geben würde. Dem will ich unbedingt bei den Kindern entgegenwirken und eine gesunde Balance finden zwischen der Freude über Geschenke und dem Genuss der Traditionen. Und dabei lieber zurückhaltend beginnen und sich langsam steigern, als von Anfang an alles als selbstverständlich erscheinen zu lassen. Mein Großer hatte mal eine Phase, in der er täglich beim Nachhausekommen fragte: "Und wo ist meine Überraschung?", weil wir ihm vielleicht zweimal etwas Kleines außer der Reihe geschenkt hatten. Solche Entwicklungen finde ich äußerst unschön und bedenklich.
Ein weiteres, dazu passendes Thema sind die schwierigen Aspekte unserer heutigen digitalen Zeit. Auch hier herrscht zum Teil ein großer Anpassungsdruck vor, dem ich mich und die Kinder zumindest zum Teil entziehen will. Ich hatte ja schon öfter erwähnt, dass meine Kinder bisher nicht fernsehen. Sie schauen gezielt kleine Filmchen im PC oder Tablet, spielen auf dem Handy und werden beileibe nicht von der digitalen Welt ferngehalten. Aber den Fernseher mit seinem riesengroßen Bild, der unkontrollierbaren Werbung und dem Rumgezappe will ich ihnen, solange es geht, noch vorenthalten. Das ist für mich nämlich ein großer Unterschied, auch wenn das mancher nicht nachvollziehen kann. Es mag auch unlogisch klingen, das Handy und Tablet zu erlauben, den Fernseher nicht. Aber schon das Größenverhältnis und die damit verbundene Bilderflut ist doch ganz anders. Auch diese Fernsehabstinenz finde ich positiv, hätte nicht gedacht, dass wir es so lange schaffen (der Große wird im März 5 Jahre alt!) und möchte sie gern noch weiter bewahren. Weder verdamme ich das Fernsehen noch denke ich, dass sich das noch lange so durchhalten lässt. Und wenn sie es irgendwann einfordern, werden wir es natürlich nicht verbieten. Aber da es bisher klappt, möchte ich gern so weitermachen. Warum muss ich mich dafür rechtfertigen und nicht eher die Eltern, die ihre kleinen Kinder der Reizflut im Fernsehen aussetzen? Das ist doch verkehrte Welt!
Mein Mann möchte gern mit dem Großen ins Kino gehen. Er meint, es wäre eine schöne Erfahrung für ihn und ein neuer Horizont. Ich glaube nicht, dass das schon der richtige Zeitpunkt für ihn ist. Ich denke auch, dass er es nicht gut verkraften würde, gerade weil er kein Fernsehen gewöhnt ist. Außerdem hasst er Lautstärke. Ich befürchte eine ähnliche Reaktion wie in diesem Text der Familiewitz geschildert. Warum muss ein vierjähriger Junge ins Kino gehen? Weil es alle anderen machen? Das kann doch kein Kriterium sein, denn die Mehrheit kann ja durchaus einen falschen Weg gehen. Sein gleichaltiger Freund war jetzt zum ersten Mal im Kino und alles hat gut geklappt. Na und? Er hat auch schon früh bei den Großeltern geschlafen, wofür mein Großer 3 Jahre Anlaufzeit und Vertrauen gebraucht hat. Menschen sind eben unterschiedlich, und Kinder erst recht;). Einerseits möchte ich ihn noch ein wenig beschützen, andererseits aber auch explizit und bewusst nicht alles mitmachen, was gleichaltrige Kinder vielleicht schon machen, weil es oft die Eltern und manchmal sie selbst wollen. Und solange er nicht selbst fragt, ist das doch eine komfortable Ausgangsposition. Klar möchte ich meinen Kindern auch neue Eindrücke und Erlebnisse bieten, aber häppchenweise und altersangemessen. Und bei manchen Dingen möchte ich auch wirklich warten, bis sie es selbst möchten.
Vor kurzem hab ich einen ähnlich anmutenden Beitrag zum Thema Süßigkeitenkonsum gelesen: Unser Kind isst keine Süßigkeiten. In dieser Familie werden einfach keine Süßigkeiten eingekauft, d.h. der Normalzustand ist, dass zuhause keine vorhanden sind. Und das Kind fordert auch nichts ein, weil es das nicht anders kennt. Ich glaube, dass das auch bei uns funktionieren würde, wenn man es von Anfang an so praktiziert hätte. Der Große ist nämlich gar nicht wild auf Süßigkeiten und könnte tatsächlich gut ohne die meisten auskommen. Die Kleine dagegen ist ein Süßigkeiten-Junkie und ich ärgere mich nicht wenig, dass wir den Zug verpasst haben, keine Süßigkeiten zuhause zu haben. Das heißt nicht, dass man etwas vorenthalten, sondern einfach so lange wie möglich hinauszögern möchte, was nicht unbedingt nötig ist. Wir hatten im Sommer immer Eis im Gefrierfach. Die Kinder haben sich angewöhnt, täglich 2 kleine Eis zu essen und forderten dies auch. Im Herbst haben wir einfach kein Eis mehr gekauft und seitdem hat kein Kind mehr danach gefragt.
Sicherlich wird das mit zunehmendem Alter der Kinder schwieriger bis unmöglich. Sicherlich haben wir bisher Glück, vor allem mit dem Charakter des Großen, der sehr passiv, zurückhaltend und noch recht naiv ist. Aber warum sollte man das nicht ausnutzen? Irgendwann wird er schon von selbst fragen, und sei es durch die kleine Schwester angestoßen;). Und bis dahin können wir vieles, was mir überflüssig erscheint, noch problem- und schmerzlos vermeiden.
Ich habe nun ganz verschiedene Themen angesprochen, aber sie laufen alle darauf hinaus, dass ich die Kinder nicht überfrachten, sie beschützen und vieles, was meiner Meinung nach unnötig ist, noch von ihnen fernhalten will, solange es geht. Ich werde ihnen auf keinen Fall verwehren, selbst Dinge zu entdecken, wenn sie soweit sind und von sich aus fragen. Aber bis dahin möchte ich noch einiges von ihnen weghalten bzw. häppchenweise servieren. Ich möchte es aber schaffen, sie trotzdem gut auf's Leben vorzubereiten. Das Gefühl hatte ich selbst nämlich nicht von zuhause mitbekommen, sondern ich habe mir vieles als Erwachsene mühselig erarbeiten müssen. Das soll natürlich nicht die Konsequenz meines Beschützerinstinktes sein. Wie bei vielen Dingen gilt auch hier: eine gesunde Balance ist ausschlaggebend, und die sieht sicherlich in jeder Familie anders aus.

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