Royce Buckingham – Dämliche Dämonen

Royce Buckingham – Dämliche Dämonen

Die „Demonkeeper"-Trilogie von Royce Buckingham ist einer der kuriosen Fälle, in denen eine Veröffentlichung im Ausland erfolgreicher war als das Original. Obwohl der US-Amerikaner in seiner Heimat positive Resonanz erhielt, wurde er erst in Deutschland zu einem Bestsellerautor. Der Auftakt „Dämliche Dämonen" war bei uns so beliebt, dass der deutsche Verlag Penhaligon zwei weitere Bände in Auftrag gab. Ich glaube, ich habe noch nie gehört, dass Fortsetzungen von einem ausländischen Verlag initiiert wurden. Mir war gar nicht klar, dass das möglich ist. Als ich „Dämliche Dämonen" vor vielen Jahren auf meine Wunschliste setzte und später kaufte, wusste ich nicht, dass es ein Bestseller ist. Es erklärt jedoch, warum mir das Buch von Amazon überhaupt vorgeschlagen wurde.

Erst einen Monat ist Nathan Grimlock auf sich gestellt und schon hätte er sich beinahe vom TIER fressen lassen. Seit dem tragischen Tod seines Mentors Dhaliwahl kümmert sich Nathan mitten in Seattle allein um ein Haus voller Dämonen. Die Rasselbande ist anstrengend, aber meistens harmlos. Trotzdem fühlt sich Nathan nicht gerade wie der mächtige Hüter, der er sein sollte. Eher wie eine Mischung aus Kindergärtner und Zoowärter. Es hilft auch nicht, dass Dhaliwahl ihm eintrichterte, dass Mädchen Tabu sind. Als er beschließt, diese eine Regel ausnahmsweise zu ignorieren, geht prompt alles schief, was schiefgehen kann. Das TIER büxt aus und ein finsterer Geselle nähert sich Seattle, der die chaotische Energie der Dämonen für seine Zwecke missbrauchen will. Nathan muss die Ordnung wiederherstellen, ohne dabei über seine dämonischen Gefährten zu stolpern, die ihren Hüter natürlich tatkräftig unterstützen!

Vielleicht erscheint euch eine Rezension eines Buches, das „Dämliche Dämonen" heißt, ein bisschen überflüssig. Unter diesem Titel können sich die meisten Leser_innen wahrscheinlich recht genau vorstellen, was sie erwartet. Ich glaube allerdings, dass humoristische Literatur - möglicherweise mehr als jede andere Gattung - einen tieferen, analytischen Blick verlangt, weil Humor höchst individuell ist. Das Versprechen von Witz bedeutet nicht automatisch, dass ein Buch dieses Versprechen für jede_n Leser_in erfüllt. Ich habe diese Rezension demnach nicht (nur) aus purer Gewohnheit geschrieben, sondern weil ich überzeugt bin, dass ihr aus der Analyse einen Mehrwert mitnehmen könnt. Also, lasst uns gemeinsam herausfinden, ob „Dämliche Dämonen" euch zum Lachen bringen könnte.
Royce Buckinghams Trilogieauftakt versprüht einen ganz speziellen Charme. „Dämliche Dämonen" ist offiziell ein Roman für die Mittelstufe und richtet sich demnach nicht gezielt an ein erwachsenes Publikum. Das spürte ich beim Lesen sehr deutlich. Die Geschichte wird von einer naiven, etwas kindlichen Ausstrahlung und Herangehensweise geprägt, die die Lektüre für mich erfrischend kurzweilig und unprätentiös gestaltete. Alles erscheint sehr simpel gestrickt und im Grunde ist es das auch: Der Protagonist Nathan muss verhindern, dass ihm die Kontrolle über die ihm anvertrauten Dämonen entgleitet oder gestohlen wird. Das ist ein Narrativ, das auch Kinder verstehen. Die Figuren sind herzlich und liebenswürdig gezeichnet; nicht einmal das TIER, das durchaus bedrohlich wirkt, tritt so abstoßend oder beängstigend auf, dass sich Leser_innen davor fürchten, umzublättern. Indem Buckingham die interessante Idee verfolgte, Dämonen nicht als Höllenwesen zu definieren, sondern als Manifestationen chaotischer Energie, befreite er sich vom Stereotyp der Bösartigkeit. Deshalb sind seine Dämonen überwiegend putzige, kleine Plagegeister, die einfach nicht anders können, als Aufruhr anzurichten. Sie treiben ihren Hüter in den Wahnsinn, grundsätzlich nahm ich ihre Beziehung aber als positiv wahr. So sehr sie seine Nerven strapazieren, schloss er sie dennoch ins Herz. Dadurch entsteht eine warme, lebendige Situationskomik, die an den guten alten Slapstick erinnert, der nicht grundlos seit Jahrzehnten erfolgreich ist. Ich mochte die Mischung aus leichtem, ungezwungenem Witz und gut greifbarer, ereigniszentrierter Erzählung. Dennoch muss ich festhalten, dass „Dämliche Dämonen" meiner Meinung nach auf den Humor angewiesen ist, um zu funktionieren. Durch die Bemühungen des Autors, seinen Roman locker, lustig und zugänglich aufzuziehen, machte er Abstriche bei Logik und Konsistenz. Leser_innen erfahren ausschließlich, was sie wissen müssen, um die Geschehnisse zu verstehen, weiterführendes Hintergrundwissen bietet er nicht an. Dadurch erschlossen sich mir einige Punkte nicht, zum Beispiel Nathans Ausbildungsniveau, die Alterszuschreibungen der menschlichen Figuren oder die Notwendigkeit, Dämonen zu hüten, statt ihre chaotische Energie ins kosmische Gleichgewicht zurückzuleiten. Aufgrund dieser Verständnislücken empfand ich „Dämliche Dämonen" als unzureichend konstruiert. Lässt man den Humor außer Acht, überzeugt die Geschichte nicht.

Als Vertreter der humoristischen All-Age-Fantasy hat „Dämliche Dämonen" seinen Reiz. Es gefiel mir, dass ich mich von Royce Buckinghams Humor nie überrollt fühlte und nie das Gefühl hatte, dass er mich um jeden Preis zum Lachen bringen wollte. Vielmehr vermittelte er mir den Eindruck, dass sein Ziel ein permanentes Schmunzeln war, was ihm in meinem Fall durchaus gelang. Seine niedlichen Dämonen musste ich einfach liebgewinnen, auch wenn ich fand, dass er sich zu sehr auf ihre Eskapaden verließ, um den Auftakt der „Demonkeeper"-Trilogie zu gestalten. Der Witz des Buches steht und fällt mit ihnen; das Buch wiederum steht und fällt mit diesem Witz. Deshalb glaube ich, dass „Dämliche Dämonen" primär für Leser_innen funktioniert, die gezielt nach einer lustigen Lektüre suchen. Beiläufige Komik, die eine in sich runde Geschichte unterstreicht, werdet ihr nicht bekommen. Was ihr bekommt, ist Dämonenchaos pur - mit allen komischen Konsequenzen.


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