In der Ausstellung „Licht und Schatten“ (Eröffnung am 21. Juli) zeigt Robert Conrad sachlich komponierte Schwarz-Weiß-Bilder aus dem Prenzlauer Berg, die zu einer Zeit entstanden, als die radikalen Veränderungen in diesem Stadtbezirk noch nicht absehbar waren. Leere Straßen mit unsanierten, von Kriegsnarben zerfurchten Fassaden und triste Hinterhöfe mit rußverschmierten Brandwänden strahlen eine eigentümliche Poesie aus.
Ausstellungsbeschreibung
Licht und Schatten steht hier für analoge Schwarz-Weiß-Fotografie. Mit diesem Medium hielt Robert Conrad in den 1980ern und frühen 1990ern sein Lebensumfeld im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg fest. Die sachlich komponierten, tiefenscharfen Bilder zeigen eine fast vergessene Welt vor den radikalen Veränderungen des Zusammenbruchs der DDR und des damit einher gehenden politischen und gesellschaftlichen Aufbruchs, aber auch denen des kaum gebremsten Immobilienmarktes und der resultierenden Verdrängung der meisten ursprünglichen Bewohner.
Beim Betrachten der Fotografien glaubt man den Braunkohlerauch und die Abgase der Zweitaktmotoren jener Zeit zu riechen. Die verglichen mit heute so leeren Straßen mit ihren unsanierten, von Kriegsnarben zerfurchten Fassaden und die tristen Hinterhöfe mit rußverschmierten Brandwänden strahlen bei aller sozialkritischen Distanz der Aufnahmen eine eigentümliche Poesie aus. Wie verwunschen und im bald endenden Dornrößchenschlaf zeigen sich die altehrwürdigen verwitterten Gründerzeitquartiere mit ihren weiten Straßenschluchten, dem bröckelnden Stuck, den alten Werbetafeln und Zapfsäulen aus der Vorkriegszeit und den herabgelassenen Jalousien aufgegebener Ladengeschäfte. Nur vereinzelte Details deuten auf die alternative Szene, die seit den 1970ern den bis heute bestehenden Montmatre-Nimbus von Prenzlauer Berg schuf, beispielsweise eine mit Pinsel (Graffitis mit Sprühfarbe waren damals in Ost-Berlin fast noch unbekannt.) an die Wand gemalte Sonne mit dem Slogan „Make Love not War“.
Bekannt wurde Conrad neben seinen großformatigen Aufnahmen von Bauten der Nachkriegsmoderne und verlassenen Architekturrelikten des Kalten Krieges durch seine sachlichen und zugleich geheimnisvoll atmosphärischen Fotografien, die den Verlust historischer Bauten und Stadträume in verschiedenen ostdeutschen Städten vor 1990 thematisieren. Auch die hier gezeigten Fotografien entstammen diesem frühen Werk. Zu bereits bekannten Motiven aus dem vom Berliner Lukas-Verlag aufgelegten Standardwerk „Durchgangszimmer Prenzlauer Berg“ (herausgegeben von Barbara Felsmann und Annett Gröschner) kommen bisher unbekannte Arbeiten Conrads. Die durch die Online-Bildagentur Lumabytes unterstützte Ausstellung wurde eigens für eine kleine, aber feine Galerie im Kiez kuratiert, über die Helmut Höge in der TAZ schreibt: »Für den Soziologen Ray Oldenburg sind „Dritte Orte“ neben dem Arbeits- und Wohnort die „guten alten Plätze“. Das „Museum“ des Binnenschiffers und Buchdruckers Dotti ist zwar ein „neuer Platz“, er gehört aber noch zur „guten alten“ Prenzlauer-Berg-Bohème, zu ihren Treffpunkten und Überzeugungen.«
(E.I.)
Wann und wo
Galerie „Essen und Trinken im Museum“
Hufelandstraße 35
10407 Berlin
Ausstellung vom 22.07. bis 31.08.2017
Öffnungszeiten nach Vereinbarung, Telefon 0157 83878498
Die Vernissage findet am Freitag, dem 21.07. ab 19.00 Uhr in Anwesenheit des Fotografen mit einer Diashow zum Prenzlauer Berg in den 1980ern statt.