Rezi: Ein Ort wie dieser

Rezi: Ein Ort wie dieserAutorIn: Marie-Aude Murail
Titel: Ein Ort wie dieser
Band: Einzelband
Verlag: Fischer KJB
Genre: Jugendbuch
ISBN: 978-3-596-85627-5
Erscheinungsjahr: Febr. 2014
Seitenanzahl: 367
Altersempfehlung: ab 14
Kaufpreis: 16,99€
Krümelanzahl:3
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Erster Satz:
Gleich in ihrer ersten Woche in der ersten Klasse der Grundschule hatte Cecile Barrois ihr Lieblingsspiel für die nächsten Jahre entdeckt.
  
Inhalt:
Für Cécile beginnt in der Grundschule ein neuer Lebensabschnitt. Als frisch gebackene Lehrerin darf sie nun dem Arbeitsalltag entgegen treten und sich mit kuriosen Situationen und witzigen Personen herumschlagen. Doch so ganz blüht sie noch nicht auf und auch der Überblick über ihre Schützlinge fehlt ihr noch etwas. Die machen es ihr wahrlich nicht leicht und könnten unterschiedlicher kaum sein. Vorneweg die Großfamilie von der Elfenbeinküste, die sich illegal in Frankreich aufhält. Währenddessen stolpert Cécile aber schon in ihr nächstes Abenteuer und verliebt sich Hals über Kopf. Und auch ihr jüngerer Bruder stürzt sich in eine Katastrophe nach der nächsten.
Meine Meinung:
Als ich die Frühjahrsnovität im Verlagskatalog erblickt hatte, wusste ich, dass ich den Roman lesen würde. Schon lange schlägt mein Herz für diese begabte Autorin, die mit immer frischen Ansätzen auftritt. Mit ihrem Talent hat sie sich diverse Preise zugespielt und die Aufmerksamkeit von vielen Lesern gesichert. So auch meine.
Die Heldin des Romans ist die scheue Cécile. Mit ihren zarten 23 Jahren liegt sie über dem durchschnittlichen Alter eines jeden jugendlichen Lesers. Neben ihr als Hauptprotagonistin wird die Geschichte jedoch noch von etwa dreizig Nebencharakteren gestaltet, die allesamt in die erste Klasse einer Grundschule gehen. Die Kinder sind etwa zwischen fünf und sechs Jahre alt, auch dieser Schnitt liegt weit entfernt von dem der Zielgruppe dieses Jugendbuches. Und dennoch sollen sich ausgerechnet Teenager mit diesen Rollen identifizieren können. 14-, vielleicht auch 15jährige werden angesprochen. Dieses Vorhaben erscheint erst einmal nahezu aussichtslos. Allerdings hat sich die Autorin eines Kniffes bedient, der mir so nicht bewusst war. Vielleicht auch weil ich ihn verdrängt hatte. Kurzerhand wurde die vermeintlich erwachsene Lehrerin ihrer Lebenserfahrungen beraubt und zu einem naiven Gör umgewandelt. Ihr Alter schrumpfte um gefühlte sechs Jahre zurück und schon ist das Kunststück vollbracht, einen erwachsenen Protagonistin auf die Augenhöhe einer jungen Leserschaft zu bringen.
>>Viel zu viele Kinder leiden noch viel NotHaben eine Kindheit ohne Spiel' und BrotSag, wie könnt ich sie begreifenIhnen nehmen ihre Schmerzen? Einfach ist der Weg: Folg nur deinem Herzen!<<(S. 190)
Wenn man sich erst einmal auf diese ungewöhnliche Grundschullehrerin eingelassen hat, kann sie auch durchaus liebenswerte Seiten zeigen. So denkt sie sich für ihre Erstklässler Geschichten aus, damit diese zur Ruhe kommen. Mit dem Fortgang der Geschichte rücken jedoch immer mehr die einzelnen Schicksale der vielen Kinder in den Vordergrund. Leider gestaltet sich dies arg unübersichtlich, schließlich begegnen dem Leser immer wieder neue Namen und irritierende Beschreibungen der Schützlinge, die jeder Zuordnung und jedem Gedächtnis strotzen. Einen konzentrierten Blick wirft Marie-Aude Murail auf die Geschwister der Familie Baoulé. Rund zehn Kinder gehen auf die Grundschule und die Eltern sorgen fleißig für Nachschub. Ihre dunkle Hautfarbe sticht in der Masse der anderen Kinder deutlich hervor. Und auch sonst sehen sie irgendwie anders aus: etwas lumpiger und dreckiger. Außerdem weiß niemand so recht, wo die Familie eigentlich wohnt.
Das alles bietet Stoff für einen tollen Roman, den die Autorin hier hätte schreiben können. Anstatt auf diese spannenden Ansätze einzugehen, erhebt sie den Zeigefinger und bringt ein ums andere Mal zu viel Weltverbesserungscharme zum Besten. Unabhängig von diesem etwas aufgesetzten Lehrmeisterstil webt sich aber auch in diesem Roman eine tolle Geschichte zusammen. Sie stimmt von vorne bis hinten und stellt dem Leser interessante und gut ausgearbeitete Protagonisten vor. Überraschend für mich war der paralell verlaufende Handlungsstrang mit den Interessen des jüngeren Bruders. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass sich die Geschichte derartig splitten könnte, aber natürlich bietet Murail auch dafür eine Erklärung. Und für alle, die bislang nur Gemecker aus meinen Zeilen lesen konnten, muss ich noch hinzufügen, dass die mir erst so unliebsame Cécile plötzlich eine wundersame Verwandlung volbracht hat. Zu Beginn des Buches versteckt sie sich noch in ihrem dicht gesponnenen Kokon und im Laufe der Zeit bricht sie daraus hervor, wird stärker und kann sich frei entfalten. Diese Veränderung in ihrem zuvor so blassen Charakterbild hat mir sehr gut gefallen.





Mein Fazit:
Eine Bestseller-Autorin, die was von ihrem Handwerk versteht. Dieses Mal hat sie sich einem vielversprechendem Thema angenommen, dessen Umsetzung nicht ganz so glanzvoll war. Daher vergebe ich angemessene ~ 3 Krümel ~ aber dafür mit Tendenz nach oben.
Vielen Dank an den Fischer Verlagfür die freundliche Bereitstellung dieses "erstklassigen" Rezensionsexemplars!
Jimmy

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