Erscheinungstermin:
Oktober 2012
Autorin:Verlag:Preis:12,90 € (Taschenbuch), 10,99 € (eBook)
Seiten:160
ISBN:978-3-423-24934-8
Originaltitel:All Rivers Flow to the Sea (Hardcover, Paperback #1, Paperback #2,Audio CD)
Reiheninfo:Einzelband
ICH MÖCHTE DARAUF HINWEISEN, DASS SICH MEINE BEWERTUNG LEDIGLICH AUF DIE ERSTE HÄLFTE DES BUCHS BEZIEHT. ICH HABE DAS BUCH NICHT ZU ENDE GELESEN!
InhaltRose und ihre Schwester Ivy sind unzertrennlich, immer füreinander da, wie beste Freundinnen. Doch eines Tages werden die Schwester plötzlich auseinander gerissen. Es war ein Unfall in den Bergen. Rose ist mit kleinen Verletzungen davon gekommen, Ivy liegt seitdem im Koma. Die Ärzte haben wenig Hoffnung, dass Ivy jemals wieder aufwachen wird. Doch Rose kann ihre Schwester nicht loslassen, sitzt Tag für Tag an Ivys Krankenhausbett und vergisst darüber, ihr eigenes Leben weiterzuführen.
MeinungDer Klappentext des Buchs hat mich sofort neugierig gemacht. Ich habe eine sehr emotionale, wenn auch kurzweilige, Geschichte über eine innige Schwesternbeziehung erwartet. Bereits auf dem Buchrücken wird geschrieben, dass es sich bei ‘Ich lebe, lebe, lebe’ um ein philosophisches Buch handelt, was die Gefühlswelt von Rose angeht. Philosophisch muss nicht immer schlecht sein, im Gegenteil. Bei einer solchen Thematik erwarte ich sogar, dass eine Geschichte nicht zu salopp, sondern tiefgründig geschrieben ist, sodass man als Leser zum Nachdenken angeregt wird. Doch andererseits habe ich auch erwartet, dass noch immer etwas vom Charme eines Jugendbuchs übrig geblieben ist. Leider musste ich schon nach wenigen Seiten feststellen, dass dem nicht so ist.
Als Leser findet man sich zunächst einen Monat nach dem tragischen Unfall wieder. Auch, wenn nur nach für nach davon berichtet wird, was überhaupt mit den beiden Schwestern passiert ist, wird doch sofort die Dramatik des Vorfalls deutlich. Man findet sich ohne Umschweife in einer sehr erdrückenden und deprimierenden Stimmung wieder, die ich für den Anlass der Geschichte als sehr treffend empfunden habe. Schon nach wenigen Sätzen wird man mit der großen Trauer und dem Gefühlschaos der Protagonistin Rose konfrontiert. Diese Auseinandersetzung zieht sich durch das gesamte Buch, was ich bei einem solch tragischen Schicksal als sehr realistisch empfunden habe. Die Autorin legt viel Wert darauf, den Gefühlen von Rose Ausdruck zu verleihen.
Um das zu schaffen, nutzt Alison McGhee durchgehend einer sehr gehobene Sprache, die ich in einem Jugendbuch nicht erwartet habe. Auch das muss erst einmal nicht schlecht sein, denn bei einer so ernsten Handlung passt wahrscheinlich nichts anderes. Doch je länger ich das Buch gelesen habe, desto anstrengender und merkwürdig habe ich den Schreibstil empfunden. Die Autorin geht nicht sparsam mit Wiederholungen um, viele Sätze fangen immer wieder mit ein und demselben Wort an. Vielleicht sollte dieses Mittel der Verzweiflung von Rose Ausdruck verleihen, doch für mich wirkten sie dadurch viel zu abgehakt. Dann wiederum ist die Sprache unheimlich tiefgründig, für meinen Geschmack schon zu sehr, und mit einigen Metaphern ausgestattet. Auch Metaphern sind mir in Jugendbüchern herzlich willkommen, doch wirken sie für mich nur dann richtig, wenn sie an ausgewählten Stellen eingesetzt werden, um Gefühle o.ä. Ausdruck zu verleihen. In diesem Buch haben die Metaphern allerdings zu folge, dass die gesamte Geschichte einen viel zu starken philosophischen Touch erhält und man ab einem gewissen Punkt kaum noch versteht, was in Rose tatsächlich vorgeht. Die Abwechslung zwischen sehr kurzen Sätzen, den sich wiederholenden Satzanfängen und der dazu im Kontrast stehenden gehoben und bildreichen Sprache passte in meinen Augen definitiv nicht zusammen.
Auch von der Handlung an sich habe ich nach dem Klappentext einfach etwas anderes erwartet. Schon nach wenigen Seiten habe ich gemerkt, dass die Geschichte für mich keinen roten Faden hatte. Rose erzählt, was ihr gerade in den Sinn kommt. Und das sind nicht immer Dinge, die mit dem schrecklichen Unfall in Verbindung stehen. Sie wirken völlig fehl am Platz, wenn Rose einen Satz zuvor noch davon redet, dass sie nicht wisse, wie sie ohne ihre Schwester weiterleben könne. Vielleicht mag auch das wieder Ausdruck von Rose’ innerlicher Zerrissenheit sein, doch brauche ich als Leserin diese Zusammenhänge, um mich in der Geschichte zurechtfinden zu können.
Am meisten Probleme hatte ich wohl mit der Protagonistin Rose. Ich kann von Glück sagen, dass ich noch nie eine vergleichbare Situation gekommen bin und noch nie mit einem solchen Schmerz, den Rose nach dem Unfall empfindet, umgehen musste. So kann ich natürlich nicht sagen, ob Rose Verhalten in irgendeiner Weise authentisch ist.
Doch für mich war ihre Reaktion auf den bevorstehenden Verlust ihrer Schwester schlicht befremdlich. Während sie noch in einem Moment völlig ihren Gedanken um ihre Schwester nachgeht und sich immer mehr vor ihrer Umwelt verschließt, wird sie plötzlich sexuell intim mit einem Kindheitsfreund. Ich saß etwas perplex vor dem Buch und habe mich gefragt, wie es denn auf einmal dazu kam. Nur wenige Abschnitte später ist Rose wieder völlig in sich gekehrt und nimmt die Menschen in ihrer Umwelt nicht wahr.
Ich habe mich darauf gefreut, ein sehr emotionales Buch zu lesen. Durch den viel anstrengenden Schreibstil, der zusammenhangslosen Handlung und der gewöhnungsbedürftigen Protagonistin sind bei mir allerdings keinerlei Gefühle entstanden.
Wer einmal ein sehr philosophisches Jugendbuch mit dem Thema familiären Verlust lesen möchte, ist mit ‘Ich lebe, lebe, lebe’ sehr gut bedient.
Alison McGhee ist Autorin etlicher hochgerühmter und ausgezeichneter Romane für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Ihre Bücher finden sich regelmäßig auf der New York Times-Bestsellerliste. Alison McGhee lebt mit ihrer Familie in Minneapolis, Minnesota.(Quelle)
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