Rezension zu “Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte” von Jessica Park

Im freien Fall oder wie ich...

Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte

Autorin: Jessica Park

Übersetzerin: Bea Reiter

Seiten: 384 (gebundene Ausgabe)

Verlag: Loewe

ISBN: 978-3-7855-7867-4

Die Autorin…

Jessica Park wuchs in Boston auf und studierte im eisigen Minnesota. Wenn sie nicht gerade schreibt, gibt Jessica Park ihren absolut nicht gesundheitsschädlichen Gelüsten nach Facebook und raffinierten Kaffeegetränken nach. Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte ist ihr Debüt auf dem deutschen Buchmarkt.

Der Plot…

Manchmal kommt es anders als man denkt. Julie Seagle, die gerade von Ohio nach Boston zieht, um zu studieren, kann davon ein Lied singen. So sitzt sie kurz nach ihrer Ankunft in Boston, verzweifelt mit diversen Koffern vor ihrem vermeintlich bereits bezahlten Apartment. Dieses entpuppt sich jedoch als billiges Fast Food Restaurant. Julie und ihre Mutter sind einem Gauner auf dem Leim gegangen. Nach dem ersten Schock, weiß Julies Mum die Lösung und bittet ihre ehemalige College Freundin Erin kurzerhand um Hilfe. Erin ist nur allzu gern bereit, Julie ein Dach über dem Kopf anzubieten. Und so trifft Julie auf die Watkins Familie. Da wären Erin und Roger, beide zielstrebige Akademiker, ihr Sohn Matthew – Mathematik und Physik Genie am MIT, sowie die 13-jährige schrullige Celeste. Und natürlich ist da noch der faszinierende Finn, der momentan die Welt bereist, aber dennoch Julies Herz via Facebook wild pochen lässt.
Ziemlich schnell begreift Julie, dass die Watkins anders sind. Obwohl sie von außen das perfekte Familienidyll abgeben, läuft irgendwas nicht ganz rund. Alles dreht sich immer irgendwie um Celeste, die wiederum ein ganz besonderes Verhältnis zu dem Pappfigur-Ebenbild von Finn pflegt. Aber wieso bekommt Julie niemand eine klare Antwort auf ihre Fragen? Und wieso findet Finn immer wieder neue Ausreden, um seine Heimkehr rauszuzögern?

Meiner Ansicht nach…

Von IM FREINEN FALL ODER WIE ICH MICH IN EINE PAPPFIGUR VERLIEBTE hatte ich zunächst ein vollkommen anderes Bild. Mit einer süßen, luftig leichten schrulligen Liebesgeschichte habe ich gerechnet. Ja, Liebe spielt eine große Rolle in diesem Buch. Schrullig geht es auch zu und der Nerdfaktor wird, allein schon wegen Matthew, ganz groß geschrieben. Aber es geht in Jessica Parks Debüt auch um die Liebe zur Familie und zu den Menschen, die ganz unerwartet in unser Leben treten und es bereichern.

Die Geschichte um Julie, Matt, Celeste, (Papp-)Finn & Co., sehe ich nicht als typische Jugendbuch Romanze. Der Erzählstil ist sehr einfach gehalten, wird jedoch durch die Chats zwischen Finn und Julie, sowie aktuellen Statusmeldungen auf Facebook, angenehm aufgepeppt.

Die Autorin führt den Leser auf eine erstaunliche Reise mit unglaublich liebenswerten und seltsamen Figuren. Diese Geschichte sticht hervor, weil sie weiß nicht nur durch süße und witzige Momente zu unterhalten, sondern weil es emotional und ernsthaft wird. Die Familie Watkins hat ein Geheimnis. Da brodelt etwas unter der Oberfläche und droht zu explodieren. Es herrscht ein stilles Abkommen darüber, dass niemand >darüber< redet. Doch die junge Studentin Julie Seagle findet nicht nur ein sicheres Dach über den Kopf bei der verkorksten Familie, sondern wird immer neugieriger. Schnell hat sie die hoch intelligente Celeste, die eine Art Zwangsneurose hat, in ihr Herz geschlossen. So beschließt sie übereifrig, Celeste aus ihrem Panzer zu befreien. Und auch mit Matt kommt sie, trotz seines Hangs zu fürchterlichen T-Shirts und einsilbigen Frotzeleien, überraschend gut aus. Und obwohl Matt höchst skeptisch auf Julies >Mission< reagiert, steht er ihr helfend zur Seite. Die beiden zusammen empfand ich als furchtbar unterhaltend. Mit hitzigen Wortgefechten brachten sie mich oft zum lachen.

Julie preschte mir bisweilen zu aggressiv vor. So wollte sie andere und vor allem sich selbst von den eigenen Problemen ablenken. Ein bisschen oberflächlich, aber zugleich clever ist die junge Studentin und trägt das Herz auf dem rechten Fleck.

Celeste, das Küken der Watkins Familie, lässt in jedem das Herz anschwellen. Eine wunderbare, sehr intelligente, verkorkste und einsame Figur. Ich wollte sie am liebsten nur in den Arm nehmen bzw. ihr Papp-Finn entreißen.

Mit Matt war ich sofort auf einer Wellenlänge und ich weiß nicht, wie beunruhigt ich darüber sein sollte. Mürrisch ist er (ich nicht!) und viel zu gern am Laptop in irrwitzigen Foren-Chats unterwegs (ist schon ein paar Jährchen bei mir her). Aber er schmeißt auch alles im Hause Watkins und kümmert sich aufopferungsvoll um seine Schwester.

Die Auflösung der Geschichte kam für mich nicht allzu überraschend. Vorhersehbar war es zwar nicht sofort, aber irgendwann hatte ich doch eine Ahnung. Meine Begeisterung schmälerte sich dadurch aber keineswegs.

Tacheles…

Dieses Debüt von Jessica Park besticht mit einem Spagat zwischen Cleverness, humorvollen Dialogen und durchdringender Tiefe. Mitgerissen und verzaubert haben mich alle Charaktere auf ihre ganz eigene Weise. IM FREIEN FALL ODER WIE ICH MICH IN EINE PAPPFIGUR VERLIEBTE beschreibt, wie man in einem Affentempo im freien Fall auf das Ungewisse zusteuert und dabei die unglaublichsten Erfahrungen machen kann.

Erworben bei: Buchhaus Stern Verlag

Loewe Verlag | Thalia


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