[Rezension] Zeit der Gespenster

[Rezension] Zeit der GespensterZeit der Gespenster

Erscheinungstermin: 01. März 2010

Autorin: Jodi Picoult

Verlag: Piper

Preis: 19,95 € (gebundene Ausgabe), 9,99 € (Taschenbuch), 8,49 € (eBook)

Seiten: 464

ISBN: 9783492054003

Originaltitel: Second Glance (Hardcover, Paperback #1, Paperback #2, Paperback #3, eBook)

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Meine Bewertung 

[Rezension] Zeit der Gespenster

Inhalt: Ross’ Leben dreht sich nach dem tragischen Unfalltod seiner Lebensgefährtin nur noch um das Thema Tod; das Ableben seiner geliebten Freundin, der Wunsch nach seinem eigenen Tod und die Trauer von anderen Menschen, die versuchen, mit Verstorbenen Kontakt aufzunehmen. Immer weiter verstrickt sich auch Ross in die Idee,  mit seiner verstorbenen Freundin zu kommunizieren. So arbeitet er schließlich für einen Geisterjäger, der allerdings mehr den Profit in seinem Geschäft wittert, als dass er sich tatsächlich für die Sorgen und Wünsche seiner Kunden interessiert.
Eines Tages wird Ross in seine Heimatstadt gerufen. Eine Baufirma ist felsenfest davon überzeugt, dass das Haus, was sie abreißen wollen, von einem Geist heimgesucht wird. Ross nimmt sich dieser Aufgabe an.

Meine Meinung: Jodi Picoult gehört zu meinen Lieblingsautorinnen. ‘Beim Leben meiner Schwester’, ’19 Minuten’, ‘Bis ans Ende aller Tage’, ‘Schuldig’, ‘Das Herz meiner Tochter’ und ‘Die einzige Wahrheit’ haben mich bereits restlos (oder aber mit kleinen Abstrichen) überzeugt. Mit dementsprechend hohen Erwartungen bin ich an ‘Zeit der Gespenster’ herangegangen. Vorher hatte ich bereits einige Bewertungen gelesen, die das Buch als Enttäuschung oder Zeitverschwendung bezeichnet haben, wollte mich davon aber nicht beirren lassen. Bisher hatte es Jodi Picoult ja auch immer geschafft, mich mit einer gekonnten Mischung aus Dramatik und Nervenkitzel gefangen zu nehmen. ‘Zeit der Gespenster’ setzt andere Akzente, die ich so von Jodi Picoult bisher nicht kannte, mich aber trotzdem schnell für sich gewinnen konnten. Doch je mehr Seiten verflogen, desto mehr Enttäuschung machte sich in mir breit.

‘Zeit der Gespenster’ wird nicht nur aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, sondern spielt insgesamt auch zu zwei unterschiedlichen Zeiträumen. Zum einen umfasst die Geschichte Abschnitte mit dem Protagonisten Ross, der sich mit paranormalen Phänomenen beschäftigt. Seine Aktivitäten werden immer wieder durch Gedanken und Momente von anderen Figuren, die in der amerikanischen Kleinstadt Comtosook leben, ergänzt. Außerdem erhält der Leser Einblicke in das Leben einer jungen Frau, die rund 100 Jahre vor Ross in Amerika gelebt hat.

Direkt auf der ersten Seite wird einem bewusst, dass Jodi Picoult mit ‘Zeit der Gespenster’ völlig neue Töne anschlägt. Hat sich die Autorin in ihren bisherigen Büchern überwiegend tragischen Familienschicksalen gewidmet, so wird man in diesem Buch von Anfang in eine düstere und auch gruselige Atmosphäre hineingerissen. Bisher hat es noch kein Buch geschafft mich tatsächlich zu gruseln. Bücher von Stephen King beispielsweise, die manche Leser vor Angst nicht mehr schlafen lassen, haben mich schon immer gelangweilt. Nicht aber so ‘Zeit der Gespenster’. Die detaillierten Beschreibungen, der Schreibstil der Autorin und das Setting, in dem die Geschichte spielt, hat bei mir an einigen Stellen richtiges Unbehagen ausgelöst.

Diese tolle Stimmung wird aber durch den steten Perspektivenwechsel immer wieder zerstört. Befindet man sich gerade noch mit Ross auf einer Geisterjagd, so wohnt man schon auf der nächsten Seite einem Streit zwischen Nachkommen eines Ureinwohnerstamms und einem Industriemann bei. Nicht nur die Zerstörung der zuvor aufgebauten beklemmenden Atmosphäre fällt negativ auf. Auch die diversen Handlungsstränge, die anfangs so wenig miteinander gemein haben und die damit verbundenen Figuren sind zu viel des Guten. Als Leser wird man von Anfang an mit unheimlich vielen Namen konfrontiert, dass es mir schwer gefallen ist, mit der Geschichte Schritt zu halten und einen Namen bei seiner Erwähnung sofort einordnen zu können.

Besonders auffällig ist, dass Jodi Picoult sich eigentlich darauf versteht, dass Seelenleben einer Figur auf packende Art und Weise einzufangen und sprachlich umzusetzen. Das gelingt ihr allerdings auch nur dann, wenn sie sich auf eine Figur, die besonders herausragt und deren Lebenssituation genauer beschrieben werden soll, beschränkt. Denn genau das passiert in den Kapiteln, die weit in der Vergangenheit spielen. Ganz im Gegenteil zu den Passagen, die erst elf Jahre zurückliegen. Die Autorin bringt für meinen Geschmack zu viele unterschiedliche Charaktere ein, so dass sie es verpasst, diesen Figuren eine besondere Tiefe zu geben und deren Gefühlswelten eindringlicher zu reflektieren. Genau das ist ein Aspekt, den man eigentlich gerade von Jodi Picoult nicht kennt. Denn normalerweise ist sie es, die beim Leser aufgrund der authentischen und detaillierten Beschreibung von Emotionen beim Leser Gefühle hervorruft. Gerade dadurch werden Picoults Geschichten und das Lesen ihrer Bücher zu etwas Besonderem.

Fazit: Mit ‘Zeit der Gespenster’ habe ich das erste Buch von Jodi Picoult gelesen, was mir leider gar nicht gefallen hat. Obwohl die Atmosphäre anfangs noch unheimlich fesselnd war und es der Autorin an einigen Stellen auch wieder gelungen ist ihre gewohnte Höchstleistung abzuliefern, konnte mich die Geschichte im Ganzen nicht überzeugen. Ich hatte beinahe den Eindruck, dass Frau Picoult jede kleine Idee und Figur, die ihr während des Entwickelns der Geschichte im Kopf herum schwebte, komme was wolle in ‘Zeit der Gespenster’ unterbringen wollte. Hier hat sich allerdings das Motto ‘Weniger ist manchmal mehr’ bewahrheitet. Ein Gedanke ist mir während des Lesens immer wieder in den Sinn gekommen: ‘Warum hat Jodi Picoult aus ‘Zeit der Gespenster’ nicht zwei völlig unabhängige Bücher geschrieben’? Ich kann mir gut vorstellen, dass mein Fazit anders ausgefallen wäre, wenn in ‘Zeit der Gespenster’ nicht zwei völlig unterschiedliche Handlungsstränge miteinander kombiniert worden wären. Denn die beiden Geschichten sorgen anfangs mehr für Verwirrung, als dass sie tatsächlich zueinander zu passen scheinen und lassen dabei leider keinen Lesespaß aufkommen. Ein Buch rundum das Thema Geisterjagd und ein weiteres über das tragische Schicksal einer jungen Frau Anfang des 20. Jahrhunderts…das wäre doch etwas gewesen!

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