Rezension: Vier Jahre - Carin Gerhardsen

Rezension: Vier Jahre - Carin Gerhardsen

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Vier Jahre| Carin Gerhardsen |

Verlag: Heyne Verlag 2019

Seiten: 400 ISBN: 9783453439924

MEINE BEWERTUNG 

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Merkwürdiger Thriller mit rätselhaftem ÜberraschungsanteilIm Winter 2014 liegt Gotland unter einer dicken Schneedecke, während ein heimliches Liebespaar gemeinsam die Mittagspause verbringt, eine Frau zu einem Fremden in den Wagen steigt, und ein Mann nie wieder heimkehren wird. Die Ereignisse dieses Tages werden regelrecht eingeschneit, bis vier Jahre später die Folgen zum Vorschein kommen.
„Vier Jahre“ ist ein rätselhafter Thriller, der im verschneiten Schweden angesiedelt ist. Obwohl die Grundidee im schwedischen Gewand Spannung verspricht, ist meiner Meinung nach die Umsetzung nur mäßig gelungen. 

Ausgangslage des Romans ist ein Autounfall im Jahr 2014. Diesen ersten Part hat Autorin Carin Gerhardsen hervorragend umgesetzt. Sachte kommt man als Leser in den unterschiedlichen Perspektiven an. Da ist das heimliche Liebespaar, dass sich gemeinsam in die Mittagspause stiehlt, die junge Frau, die während des Schneegestöbers verzweifelt nach einem Taxi ruft, der fremde Mann, der keine Lust auf einen Nachmittag im Büro hat, und ein brutaler Zusammenprall, der sämtliche genannten Leben aus den Fugen wirft. 

An dieser Stelle spürt man die Schneeflocken, wie sie kalt, gleichzeitig sanft und beißend ins Gesicht wehen, die Kälte dringt durch die Seiten, und obwohl man eine Ahnung hat, hält man die Luft vor Spannung an. 

Nach diesem ersten Teil springt man ins Jahr 2018. Vier Jahre später trifft man auf die damals Beteiligten, und vermutet, dass die Geschichte nicht zu Ende ist. 

Es ist schwierig, auf die einzelnen Figuren einzugehen, ohne zu viel von der Handlung zu verraten. Daher halte ich meine Beschreibung möglichst allgemein. 

Sandra lebt eher zurückgezogen, und ich habe sie als graue Maus empfunden. Der Schicksalstag von 2014 hat ihr weiteres Leben enorm geprägt, woraus die treibende Kraft für den Verlauf von 2018 wird. Leider hat mich Sandra in ihrem Verhalten am wenigsten überzeugt. Obwohl sie Angst vor ihrem eigenen Schatten hat und als Husch-Mäuschen dargestellt wird, tritt sie im Lauf der Handlung extrem forsch sowie fordernd auf, was gefühlsmäßig kein stimmiges Bild ergibt.

Jeanette war 2014 verliebt und diese Liebe hat sie vier Jahre später nicht losgelassen. Sie schwelgt im Selbstmitleid, ist auf ihre Weise abgehoben, und hat sich eine ordentliche Misere eingebrockt. In ihr habe ich den einzigen glaubwürdigen Charakter der gesamten Handlung entdeckt. Meiner Meinung nach ist ihre Entwicklung nachvollziehbar, ihre selbstbezogene Art und ihr Verhalten wirken logisch auf mich, und die Konsequenzen von 2014 ergeben von vornherein Sinn.

Der fremde Mann ist vom ersten Augenblick an unsympathisch und wird vom geneigten Leser sofort als das schwarze Schaf der Handlung identifiziert. Hier gibt es kaum Raum für Empathie, Verständnis seiner Entwicklung oder einen Einblick in die Figur. Meinem Gefühl nach ist er ein seelenloser Platzhalter, der dazu dient, die Ereignisse von 2014 zusammenzuhalten. 

Keiner der genannten Charaktere ist ein Sympathieträger, was mir insgesamt recht gut gefällt. Ich mag es, wenn ich in Büchern interessante Figuren kennenlerne, sie durch eine spannende Handlung begleite, und damit die Welt durch eine andere Perspektive sehe. Das war für mich - neben dem fesselnden Eingangsteil - der größte Pluspunkt an diesem Roman.

Carin Gerhardsen hat sich zu einem distanzierten Erzählstil entschlossen, der das Wesen der Handlung und die Betrachtung der Charaktere prägt. Die Autorin lässt keine Nähe zu den Figuren zu, weil es ständig zu merkwürdigen Wendungen kommt. Sobald man meint, das Rätsel durchschaut zu haben, erscheint das nächste Puzzleteil aus dem Nichts, und die Beteiligten werden in ein neues Licht gerückt. Das mag zwar in gewissem Maß funktionieren, hingegen nicht, wenn es zur Regel der gesamten Handlung wird. Es wirkt unbeholfen, manchmal verstörend und insgesamt abstrus. Mir ist bewusst, dass die Überraschungen für Spannung und einen gewissen Wow-Effekt sorgen sollten, bei mir hat das nicht gewirkt.

Im Endeffekt geht der starke Anfang in einem lauwarmen Mittelteil über, und zum Ende hin, dreht sich ein kurioses Überraschungskarussell. 

Insgesamt hat mich „Vier Jahre“ wenig überzeugt, obwohl es durchaus interessant zu lesen war. Ich mag die Grundidee, wie das Leben dieser Personen ineinandergreift, wie ihre Entwicklung zusammenhängt, und vier Jahre später die Konsequenzen zum Vorschein kommen. Die Umsetzung mit den - teilweise - absurden Überraschungsmomenten, dem distanzierten Stil und der Oberflächlichkeit der Figuren hat mich dagegen nicht überzeugt. 

________________MEINE BEWERTUNG

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