Titel: Tibor und ich
Autor/in: Stefan MüllerVerlag: Schwarzkopf & SchwarzkopfOriginaltitel: -
Seitenzahl: 224
Preis: 12,95 € (D)
ISBN: 978-3-86265-249-5
Klappentext:
Die Ferien haben gerade begonnen, als das Schicksal an Jans Haustür klingelt – oder besser gesagt: Tibor, der sich als neuer Nachbar vorstellt. Obwohl die beiden Jungen sehr unterschiedlich sind, spüren sie sofort, dass sie etwas verbindet, und werden Freunde. Gemeinsam verbringen sie den Sommer, lernen einander kennen und das Leben ein bisschen besser verstehen. Tibor entführt Jan in die Welt der Literatur und gemeinsam begeben sie sich auf die Spuren von Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Zum ersten Mal fühlen die zwei 15-Jährigen, was es bedeutet, sich blind auf einen anderen verlassen zu können. Als der Herbst kommt, scheint ihre Freundschaft unerschütterlich, ja geradezu unendlich zu sein. Doch dann taucht in der Schule die hübsche Jennifer auf, in die sich beide Hals über Kopf verlieben. Und so müssen sich Tibor und Jan ganz plötzlich fragen: Wollen sie ihre Freundschaft für ein Mädchen riskieren?
Ich kriege nicht oft (eigentlich nie) Jugendbücher eines Autors aus meiner Heimatstadt in die Hände und war schon etwas neugierig, was sich hinter den Buchdeckeln verbergen würde. Der Klappentext klang erst einmal ziemlich gewöhnlich.
Jan ist gewöhnlich, kann sich für nichts begeistern und gilt in der Schule als der absolute Außenseiter, bis plötzlich Tibor in seinem Leben auftaucht und sein erster bester Freund wird. Eine tiefe Verbindung beginnt, die mit Worten kaum zu beschreiben ist, und zusammen verbringen die beiden Jungs eine herrliche Sommerzeit, welche hauptsächlich aus dem Lesen alter und wertvoller Bücher besteht. Klingt bis hierher eigentlich ganz schön und nach einem Roman für junge Leser, die sich gerade in der Zeit des Erwachsenwerdens befinden. Doch wenn man sich erst einmal an das Buch herangewagt hat, Jan und Tibor besser kennenlernt, in ihre Köpfe eintauchen darf, dann merkt man schnell, dass dieser Roman viel reifer ist, als vorerst geglaubt. Was ich leider bereits zu Beginn der Geschichte bemerkte und hier negativ anmerken muss, war die fanatische Besessenheit Jans. Er lobte Tibor nicht nur in den Himmel, sondern stellte ihn gleichzeitig als gottgleiches Wesen dar, mit dem es niemand sonst hätte aufnehmen können. Außerdem konnte ich den Jungs einfach nicht abkaufen, dass sie mit 15 Jahren solch tiefgehende Gedanken hegten, die sich größtenteils mit Weltliteratur und philosophischen Ansichten beschäftigten. Alles, was ein normaler Junge in diesem Alter denken würde, wurde überhaupt nicht beachtet. Mädchen spielten nur am Rande eine Rolle, und nur soweit, dass sie als geistige Partner angesehen wurden. So kam auch nie das Thema Sex auf, oder die körperliche Erregung, die doch gerade in diesen Jahren prägt und entdeckt wird.
Das alles trug dazu bei, dass ich oftmals glaubte, es nicht mit einem Jugendbuch zu tun zu haben, sondern vielmehr mit einem belletristischen Titel, dessen Protagonisten nur das falsche Alter hatten. Wie der Verlag auf die Altersempfehlung "ab 13" kommt, ist mir weiterhin ein Rätsel.
So ähnlich erging es mir auch mit dem Schreibstil des Autoren. Er war keineswegs schlecht, doch mit den verschachtelten Sätzen, dem oft gebrauchten Konjunktiv und den vielen Abschweifungen nicht besonders für ein Jugendbuch geeignet. Wie der Autor schon selbst sagt, ist dieses Buch eher etwas für "Wortliebhaber", Menschen, die sich an schönen Ausdrücken und etlichen Nebensätzen erfreuen können. Mir gefiel dies deshalb auch sehr gut, aber wie soll ein 13jähriger ein Interesse für solch eine Sprache aufbringen, wenn er doch bisher kaum Zeit hatte so viele Bücher zu lesen? Und es sind einige Bücher, die hier benannt und besprochen werden, fast schon so, als würde Herr Müller uns beweisen wollen, wie unglaublich viel er in seinem Leben schon gelesen hat.
Vielleicht einfach nächstes Mal einen Protagonisten schaffen, der das alles schon hinter sich gebracht haben kann. Mindestens 20 Jahre, würde ich sagen, und vielleicht nicht ganz so wunderschön, denn so verliert man die Glaubwürdigkeit doch gleich doppelt.
Dieses Buch beinhaltet eine besondere Jungenfreundschaft, wie sie heutzutage kaum vorstellbar wäre. Schön umschrieben entführt uns der Autor in eine wunderbare Welt voller Bücher und Worte, die in meinen Augen aber eher für Erwachsene geschaffen wurde. Wirklich etwas für reifere Leser.
Ja, auf dem Cover sind zwei Jungs zu sehen, das passt schon, aber wenn man sich mal die Stimmung des Bildes anschaut, so strahlt es eine Lässigkeit aus, die es im Buch kaum gibt. Trotzdem sind der Stil und die Farbgebung schon ansprechend gestaltet und spiegeln den Sommer der beiden Jugendlichen wider.
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Der Autor:
Stefan Müller, Jahrgang 1980, ist zuallererst Bücherwurm und erst dann promovierter Literaturwissenschaftler, Redakteur und freier Journalist im Print- und Onlinebereich. Unter anderem arbeitet der Magdeburger für den Landtag von Sachsen-Anhalt und verschiedene Lokalmedien. Darüber hinaus schreibt er seit Jahren Romane und Erzählungen – »Tibor und ich« ist seine erste Buchveröffentlichung.