[Rezension] "Shades of Grey: Geheimes Verlangen" von E.L. James


Anastasia Steele ist 21 Jahre jung und sexuell unerfahren. Die Männer in ihrer Umgebung interessieren sie wenig, bis sie schließlich den Milliardär Christian Grey anstelle ihrer besten Freundin für die Studentenzeitung interviewen soll. Sehr schnell bemerkt sie, dass Christian etwas zu verbergen hat, was er durch sein kontrollierendes Verhalten deutlich zeigt. Und auch Christian scheint etwas in ihr zu sehen, denn er sucht den Kontakt zu ihr und führt Ana schon bald in seine düstere Welt, in der Erotik und BDSM vorleben. Doch Christian Grey ist kein Mann für Romantik und Liebe, seine Leidenschaft gilt dem brutalen Sex, was er Ana immer wieder klarzumachen versucht. Diese wiederrum merkt, wie sich langsam Gefühle entwickeln...
Meistens sind es die anrüchigen und düsteren Ecken im Leben, die uns stark anziehen und faszinieren, gleichzeitig aber auch abschrecken. In diesem Fall dreht sich alles um BDSM (Bondage & Sadomaso) und zieht die Protagonistin des Erotik-Romans "Shades of Grey", der momentan in aller Munde ist (Haha), nicht nur an, sondern viele Male auch aus. Die Meinungen, die sich rund um das Phänomen dieser erst als Fan-Fiction angesetzten Geschichte drehen, sind Extrema. Entweder scheint man dieses Buch zu lieben oder zu hassen und nach Beendigung der Lektüre, muss ich sagen, dass ich sehr zwiegespalten bin. Insgesamt muss ich sagen: Ich mag das Buch. Es hat mich über einige Seiten sehr gut unterhalten können, über die vielen nervigen Seiten des Buches konnte ich aber dennoch nicht hinwegsehen.
Natürlich dürfte von Anfang an klar sein, dass dieses Buch als Unterhaltungslektüre angelegt ist. Wem das zu niveaulos ist oder hochtrabende Literatur erwartet, sollte lieber die Finger davon lassen. Es geht hier nicht um einen besonders gehaltvollen Schreibstil oder Inhalt und das habe ich auch zu keinem Zeitpunkt erwartet und natürlich geht es um Sex. Daher sollte man dieses Buch nicht unbedingt lesen, wenn man nicht viel mit detaillierten Sexszenen anfangen und diesen eher konträr gegenübersteht - es sei denn natürlich man möchte ein Buch schlechtreden. Hier gilt: Wer suchet, der findet, denn wenn man wirklich nur meckern will, wird man hier auf jeden Fall einigen Stoff finden.
Wo fange ich an? Ich werde mich erstmal auf die negativen Seiten des Buches konzentrieren. Die Tatsachen, die mich wirklich störten. Erst einmal sei gesagt: Das Rad wird hier nicht neu erfunden! Ich frage mich wirklich, warum "Shades of Grey" so enorm polarisiert, schließlich gibt es ein ganzes Meer an Erotikromanen und auch wenn ich in diesem Meer nie schwimme, so bin ich mir dennoch sicher, dass es weit "krassere" Geschichten gibt. Innovation und Originalität sollte man daher lieber woanders suchen. Ich für meinen Teil würde "Shades of Grey" ganz platt und auf den Punkt gebracht als Porno für Frauen beschreiben (was nicht heißt, dass nicht auch Männer Spaß mit diesem Buch haben können - allerdings ist es eben mehr auf die Lust der Frau spezialisiert und ganz klar darauf ausgelegt, dass man Christian umwerfend attraktiv und anmachend findet!). Und da fangen die Makel auch schon an.
Ich starte direkt mal mit Anastasia, die wohl stereotypischste Figur seit Stephanie Meyer einen Stift in die Hand genommen hat. Naivität ist ihr zweiter Vorname und die Realität spiegelt sie auch nicht unbedingt wieder. Ich kann es ja noch verstehen, wenn man mit 21 noch Jungfrau ist oder noch nie ein Date hatte, aber es ist absolut unglaubwürdig und unrealistisch, dass Ana nicht einmal irgendwelche Phantasien mit irgendwelchen Typen hatte, geschweigedenn NIE irgendeinen Kerl auch nur ansatzweise interessant fand. Ebenso die Tatsache, dass sie NIE, aber auch wirklich NIE Hand angelegt haben soll, kann ich mir absolut nicht vorstellen - ich mein, allein im Teenageralter erkundet man einfach seinen Körper (es sei denn man gehört zu der Sorte Mensch, die eingetrichtert bekommen haben, dass das eine ganz schlimme Sache ist, die Gott ganz sicher nicht gutheißen würde, aber da Ana nicht gläubig wirkte, schließe ich das mal aus!). Dazu kommt noch, dass iher Mutter sexuell anscheinend relativ aufgeschlossen ist, was das ganze noch viel unglaubwürdiger macht. Natürlich kommt dann (der ach so düstere und geheimnisvolle) Christian, der direkt als absolut interessant eingestuft wird, nur weil er ein bisschen Kohle hat und attraktiv ist (passt nicht unbedingt zu einer Frau, die soviel Klassiker liest und anscheinend so viel Wert auf Gefühle legt!). Aber gut, das konnte ich noch verkraften!
Kommen wir zu dem wohl umstrittensten Punkt der Geschichte: die Sexszenen. Ich habe schon in so einigen Büchern mit Sexszenen zu tun gehabt, obwohl ich sagen muss, dass diese eher angedeutet und wenig beschrieben wurden oder aber sehr, sehr blumig. Meiner Meinung nach ist es schwer solche Szenen zu beschreiben, da sie sich schnell abgedroschen lesen und genau das ist auch hier der Fall - ich muss allerdings der Autorin zu Gute halten, dass sie nicht allzu herb schreibt und die Geschlechtsorgane nicht merkwürdige Namen bekommen haben (wenn Begriffe wie "Lustgrotte" und "Schwengel" verwendet werden, bleibt mir das Lachen im Halse stecken!). Dennoch hat das ganze Buch den großen Makel, dass sich viel (wörtlich) wiederholt. Nach dem fünften Mal "Du bist ja sowas von bereit, Ana!", "Sein Penis war beachtlich." oder "Ich schwebte dem köstlichen Orgasmus entgegen!" ziehen sich so einige erotisch angelegte Szenen dann doch sehr ins Lächerliche. Viel Variation gibt es auch nicht unbedingt, weil sich die Szenen im Kern doch sehr ähneln. Kennt man eine, kennt man alle.
Trotz alldem konnte ich nicht aufhören zu lesen. Die Faszination war dann wohl doch zu groß und so schlecht der Schreibstil auch ist, die Geschichte liest sich einfach sehr schnell weg. Außerdem gab es trotz der eher spärlich gesäten Handlung, auch eine Überraschungsmomente und unterhaltsame Szenen. Dabei muss ich sagen, dass mich vor allen Dingen Christians Dominanz sehr fasziniert hat, auch wenn ich viel zu stur für einen solchen Mann wäre. Ana hat mich hier des Öfteren überrascht, in dem sie doch ihre Meinung an den Mann... eh, an Mr. Grey gebracht hat und diese auch durchgezogen hat. Allerdings hat sie doch schon so einiges mit sich machen lassen. Sehr unterhaltsam war der E-Mail-Verkehr (Ja, die Beiden hatten auch außersexuellen Verkehr!) und die Dialoge zwischen Ana und Christian, da beide gerne mal etwas bissiger wurden und dies für die gewisse Portion Funken gesorgt hat.
Sehr viele Grauschattierungen hat "Shades of Grey: Geheimes Verlangen" eigentlich nicht, aber sein wir mal ehrlich: Von einem Erotikroman, welcher auf einer Fanfiction von Twilight basiert, kann man das auch nicht unbedingt erwarten - und das sollte man auch nicht, denn wenn man all die Vorurteile ausblendet und im Hinterkopf behält, dass dieses Buch pure Unterhaltung ohne tieferen Sinn ist, kann man durchaus seine Freude an dem Buch haben. Unglaubwürdige Charakterzüge und viele Wiederholungen schmälern den Lesespaß zeitweise zwar schon sehr, jedoch zählte für mich am Ende die Tatsache, dass sich das Buch zügig lesen ließ und ich trotzdessen, dass ich ahne, wie das ganze enden wird, große Lust habe, die Reihe zu Ende zu lesen. Wer seichte Lektüre mit ein wenig Sex hier und da ertragen kann, ohne dies allzu niveaulos zu finden, der sollte sich in die düstere Ecke der Erotik schleichen und einen Blick durchs Schlüsselloch wagen - Unterhaltung bietet sie nämlich so oder so!

E.L. James ist Mutter von zwei Kindern. Bis zu ihrem Erfolg als Autorin war sie bei einem Londoner TV Sender angestellt. Die "Shades of Grey" Trilogie erschien ursprünglich in einem kleinen, australischen Verlag und wurde durch reine Mundpropaganda zu einem sensationellen und internationalem Erfolg. Die Übersetzungsrechte wurden in viele Länder verkauft und Universal Pictures und Focus Features sicherten sich die Filmrechte. Heute lebt die Autorin in London. [via Lovelybooks]
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Für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares bedanke ich mich sehr herzlich bei

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