| FJB | Taschenbuch | 221 Seiten | €6,95 | Amazon |
Ein Buch über Kindesmissbrauch ist schwer. Gerade, wenn es ein Jugendbuch ist. Ab welchem Alter soll man Kinder und/oder Jugendliche mit diesem heiklen Thema konfrontieren - und vor allen Dingen wie? Beate Teresa Hanika hat es mit diesem Buch meiner Meinung nach genau richtig gemacht, denn sie spricht das Thema so einfühlsam und poetisch an, dass es nie zu direkt wird, aber doch immer genau so viel preisgibt, dass man genau weiß, was geschieht. Wie es auf dem Buch schon so schön heißt: klar, präzise und poetisch. Und dabei trotzdem sanft. Manchmal ist die Geschichte, als würde eine Hand das Leserherz zerdrücken und dann wieder ist sie so voller Freundschaft und warmer Gefühle, dass man am liebsten all das schreckliche, das diese Welt zu bieten hat, ausblenden würde.
Die Geschichte um Protagonistin Malvina ist in einen sehr interessanten Schreibstil umhüllt, an den man sich erst gewöhnen muss. Es gibt keine direkte Rede in dem Sinne, dass es Anführungsstriche geben würde - alles ist in einem Fließtext geschrieben, sodass man doch manchmal etwas verwirrt ist, wer und ob denn gerade gesprochen wird, aber diese faszinierende Art macht das Buch noch viel eindrücklicher. Malvina ist ein unverstandenes Mädchen, das von ihrer Familie nicht ernst genommen wird und das sich in ihrer Welt - bestimmt von ungesagten Worten und Geheimnissen, die keine sein dürften - unsicher ist. Sie hat, außer ihrer besten Freundin, keine Bezugsperson, die ihr wirklich zuhört und für sie da ist und diese Situation macht nicht nur sie fertig. Auch der Leser erträgt es irgendwann kaum noch, wie wenig sich ihre eigenen Eltern für sie interessieren, für sie einsetzen und wie sie ihre Worte und Gedanken ignorieren. So tieftraurig einige Szenen und Situationen auch sind, die Beziehung zu ihrer besten Freundin Lizzy, die einfach unglaublich schön und warmherzig ist, bringt immer wieder Licht ins Dunkel - ebenso wie die sich entwickelnde sanfte Zuneigung zu dem Jungen Klatsche.
Es ist wirklich faszinierend, wie viel in einem so kleinen Büchlein tatsächlich stecken kann. Rotkäppchen muss weinen ist voll mit Themen, die man in der Realität selten gerne sieht - familiäre Probleme, Kindesmissbrauch, Einsamkeit. Und all diese Handlungsstränge werden geschickt ins Geschehen eingewebt und ergeben im Gesamtbild ein großes Mosaik, das von dem Mut eines jungen Mädchens erzählt, von Wahrheit und Lügen. Ein Buch, dass thematisch sicherlich nur schwer zu ertragen ist, das aber auch ebenso viel Licht und Wärme übrig hat. Rotkäppchen muss weinen ist ein besonderes Buch mit einer besonderen Geschichte und einer besonderen Protagonistin. Einzig das Ende hätte für mich gerne ausführlich ausfallen können, auch wenn es sehr schön und einfühlsam war.
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