Rezension Modernist Cuisine at Home & Rezept “Pigwich”

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Der Modernist Cuisine at Home

Eigentlich wollte ich ja nie Kochbücher rezensieren, aber man soll ja bekanntlich niemals nie sagen. Ich guck zwar gerne mal durch Kochbücher durch, lasse mich inspirieren oder schaue nach Basics, wie z.B. Teigrezepten, aber eigentlich ist mein Kochstil schon so weit gefestigt, dass mich ein Rezept-Copy eher langweilt. Da interpretiere ich doch lieber meine Rezepte selber und mache mir gerne im Vorfeld eines jeden Rezepts ebenso stundenlang Gedanken wie auch über die Auswirkungen einer jeden einzelnen Zutat auf das Gesamtergebnis.

Ein Buch interessiert mich aber trotz allem schon seit längerem: Modernist Cuisine at Home. Der Modernist Cuisine at Home ist sozusagen das kompakte Grundwissen des 5-Teilers Modernist Cuisine, der Bandreihe, in der Kochen neu definiert und einem das Wissen darüber vermittelt wird, was bis ins kleinste Atom mit Lebensmitteln während der Zubereitung passiert.

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So gelingt das perfekte Ei für jedermann

Schon das Cover, auf den man einen Burger in seine Bestandteile zerlegt sieht, lässt erahnen, dass es bei diesem Buch nicht nur darum geht, einfache Burger mit mittelklassigen Saucen aufeinanderzuklatschen. Kochen ist nicht einfach nur ein Handwerk, sondern eine Wissenschaft. Basics in Physik und Chemie sind für einen Koch oder ambitionierten Hobbykoch genauso essentiell wie der richtige Umgang mit Kochmessern.

Und als schließlich der Taschen Verlag mir die Möglichkeit bot, über dieses Buch eine Rezension zu schreiben, war meine Freude darüber natürlich riesig.

Das Paket, das ich vom Nachbarn aus drei Stockwerke hochtragen musste, war groß und schwer und erinnerte mich eher an ein Hantelset als an ein Buch. Der Grund hierfür ist, dass das Buch mit 688 Seiten, über 400 Rezepten und 2 Büchern in einer Premiumbox größer und schwerer als die meisten Kochbücher ist. Die Premiumbox fungiert dabei als eine Art Einband und erwartete mich, nachdem ich das Paket geöffnet hatte. Aber warum 2 Bücher? Ganz einfach, es gibt einmal das Hauptbuch, in dem alles bis ins kleinste Detail erklärt wird und einmal ein kleines Rezeptbuch, in dem alle Rezepte des Hauptbuches kompakt zusammengefasst sind. Eine durchaus sinnige Idee.

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Sous-vide Garen ist eine der wichtigsten Garmethoden im Modernist Cuisine at Home

Nach dem Auspacken fing ich sofort an, im Buch zu blättern. Mir war schon vorher klar, dass das Buch meinen kompletten Abend einnehmen würde und so blockte ich den Abend für dieses Buch. Eine spannende Reise erwartete mich. Sie führte mich über die Autoren Nathan Myhrvold & Maxime Bilet, über die Basics an Küchengeräten, die exklusiveren Küchenzutaten, Garverfahren, Suppen, Saucen, Fleisch und Fisch zu den Desserts.

Das hört sich jetzt so an wie jedes x-beliebige Kochbuch. Der Aufbau dieses Kochbuches ist auch sehr klassisch. Es ist eben trotz allem ein Kochbuch. Nathan Myhrvold & Maxime Bilet haben sich aber dafür etwas anderes einfallen lassen, um sich von ihren Mitbewerbern zu differenzieren. Inhalt des Buches sind im Grunde einfache Speisen (Chicken Wings, Burger, Spiegeleier, Carnitas, Mac ‘n’ Cheese, …), an denen die Kunst des Kochens mit hochwertigen Zutaten und nahezu perfekten Garverfahren erläutert wird. Der Leser erhält einen super Einblick z.B. ins Garen mit Druck, sous-vide und das Kochen mit Lebensmitteln aus der Apotheke/Reformhaus.

Von Anfang an wird der Leser langsam in die Welt des modernen Kochens eingeführt. Beginnend mit einer Erklärung aller Küchenutensilien, die in einer modernen Küche vorhanden sein sollten, führt das Buch weiter zu Garverfahren und besonderen Zutaten. Dabei wird auch die These aufgestellt, dass die moderne Küche nicht nur aus traditionellen Zutaten besteht, sondern auch zur Optimierung und maximalen Ausschöpfung der Aromen und Konsistenz dienen sollte.

Dies wird dann weitergeführt zu den Rezepten. Das ist übrigens dann auch der Teil, der zusammengefasst im beiliegenden Rezeptbuch zu finden ist. Sehr geschickt, denn so hat man ein Buch, das man separat zum Kochen immer dabei hat.

Die Rezepte beginnen mit Basics. So wird im Anfangskapitel aufgezeigt, wie man Fonds und Saucen auf die moderne Art zubereitet, über die Entstehung von Ölen, Gewürzen und Marinaden. Danach folgt ein Übergang über Frühstückseier und deren perfekte und genaue Zubereitung durch die Welt der Vorspeisen, Salate & Suppen zum Fleisch, Fisch, zu regionalen Spezialitäten wie Paella, Risotto und Mac & Cheese.
Vor dem süßen Abschluss in Form von Custards und Pies gibt es noch ein Kapitel zu Mikrowellengerichten.

Der Aufbau erinnert stark an ein Lernkochbuch, was der Modernist Cuisine at Home im Grunde auch ist. Es wird großer Wert auf Details gelegt und dem Leser viel über die Eigenschaften der Produkte erklärt. Zu jedem Rezept findet man Querverweise, wo man die einzelnen Bestandteile wiederfindet. Dadurch kommt es allerdings des öfteren zu einer ganz schönen Rumblätterei, da alle Rezepte von den Basics an aufeinander aufbauen.

Wie schon erwähnt, Modernist Cuisine at Home ist ein Kochbuch, das eher für ambitionierte Hobbyköche und Berufsköche, die ihren Horizont erweitern wollen, geeignet ist als für den blutigen Anfänger. Der parallele Aufbau zu Schulkochbüchern zeigt eindrucksvoll die Entwicklung, die die Küche in den letzten Jahren gemacht hat. Natürlich können auch Kochanfänger in die Welt des modernen Kochens reinschnuppern und so das Basiswissen der Modernist-Küche mitnehmen, allerdings ist es aus meiner Position schwer nachzuvollziehen, ob der Modernist Cuisine at Home dann auch ohne das Wissen über authentisches Kochen den Leser so sehr durch seine Entwicklung in den Bann zieht.

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Pizza ist nicht gleich Pizza. Zahlreiche Rezepte warten auf euch.

Schon nach dem ersten Mal durchblättern ist dieses Werk zu meinem Lieblingskochbuch aufgestiegen. Wenn ich ein Kochbuch schreiben würde, würde es ganz genau so aussehen. Das Buch gibt ohne Zweifel durch seine Nähe zum Fastfood, durch seine Verspieltheit und sein grundlegendes Wissen in die Lebensmittelchemie & -physik genau das wieder, was ich mit meinem Blog vermitteln möchte. Ich habe beim Lesen des Buches sehr viel gelernt und eine Menge Ideen für kommende Rezepte mit auf den Weg genommen. Gerade dem Einsatz von Geräten wie der Mikrowelle und Dampfdrucktöpfen habe ich in der Vergangenheit eher weniger Wichtigkeit bemessen. Nach diesem Buch hat sich meine Sicht auf so manche Zubereitung jedoch geändert.
Ich kann dieses Buch also jedem empfehlen, der mal einen Blick in eine etwas anspruchsvollere Welt des Kochens werfen möchte, sich neu inspirieren lassen will oder denkt, er hätte schon alles gesehen. Dieses Buch ist ein Muss für jeden, der eine ehrgeizige Leidenschaft zum Kochen besitzt.

Natürlich will ich euch nicht nur von dem Buch vorschwärmen, sondern auch einen kleinen Einblick geben. Perfekt zur WM mit den Jungs habe ich mich für ein Schweinebauch BLT – Sandwich entschieden. BLT steht für Bacon, Lettuce & Tomato. Das Rezept habe ich leicht abgewandelt und das einfache Toast, welches im Buch verwendet wird, habe ich durch ein geändertes Rezept aus dem Buch ersetzt. Eine Art Fencheltoast. Da dieses Rezept wirklich sehr schweinlastig ist, haben meine Freunde es Pigwich getauft. Dies soll jetzt jedoch niemanden abschrecken. Alle meine Jungs haben um Nachschlag nach dem ersten Sandwich geschrien und waren sowas von überzeugt von dem Rezept. Vom Aufwand her ist es schon etwas zeitintensiver, aber jede Sekunde der fast 5-tägigen Zubereitung definitiv wert. Ich habe noch nie einen so leckeren Schweinebauch gegessen, so zart und voller Geschmack.

Rezept für 4 Personen

Zutaten:

pigwich II Rezension Modernist Cuisine at Home & Rezept Pigwich

So sieht ein herzhaftes Pigwich aus

 

  • 1 l Wasser
  • 70 g Salz
  • 30 g Zucker
  • 1kg Schweinebauch mit Schwarte, ausgelöst
  • 4 Eigelb
  • 30 ml Wasser
  • 1 Esslöffel Dijon Senf
  • 100 g Schweineschmalz
  • 100 ml Sonnenblumenöl
  • 80 g Frühstücksbacon in Scheiben
  • 1 Esslöffel Zitronensaft
  • 2 Esslöffel weißer Balsamicoessig
  • 230 ml Wasser
  • 63 g Butter
  • 25 g Magermilchpulver
  • 425 g Mehl, Typ 405
  • 25 g Zucker
  • 3 Teelöffel Salz
  • ½ Teelöffel Trockenhefe
  • Ein Achtel Teelöffel Backnatron
  • 2 Teelöffel Fenchelsaat
  • 2 Tomaten
  • ¼ Gurke
  • 1 Gurke
  • 1 Romanasalatherz
  • Salz, Pfeffer

 

In 1 l lauwarmen Wasser 70g Salz und 30g Zucker auflösen und abkühlen lassen.

Den Schweinebauch und die Flüssigkeit in einen Plastikbeutel geben und möglichst viel Luft aus dem Beutel saugen, sodass die Flüssigkeit vakuumähnlich verpackt ist. Wie das geht, könnt ihr im Modernist Cuisine at Home nachlesen. Das Ganze 72 h im Kühlschrank und unter mehrmaligem Wenden lagern.

Nach den 72 h den Schweinebauch aus dem Beutel nehmen und unter fließendem Wasser abspülen. Mit einem Küchentuch trocken tupfen.

Den Schweinebauch vakuumieren und noch mal für 24 h in den Kühlschrank geben.

Ein Sous-vide – Bad auf 65 °C erhitzen (ein Tipp für den Bau eines günstigen Sous-vide Bades findet ihr im Beitrag zu meinem (fast) perfekten Steak) und den Schweinebauch für 36 h im Wasser garen.

Pigwich Rezension Modernist Cuisine at Home & Rezept Pigwich

Pigwich

In der Zwischenzeit 4 Eigelbe vakuumieren & für 35 Minuten mit in das Sous-vide Bad geben.

Zeitgleich den Frühstücksspeck in dünne Streifen schneiden und in einer Pfanne mit dem Schweineschmalz und dem Pflanzenöl auf niedriger Hitze langsam ausbacken. Danach abkühlen lassen.

Die 4 Eigelb mit den 30 ml Wasser und dem Dijonsenf verrühren. Vorsichtig das Bacon-Öl-Gemisch zugeben und zu einer Emulsion verühren.

Mit einem Stabmixer alles pürieren.

Den Essig und den Zitronensaft zugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die Mayonnaise kalt stellen.

Für das Brot 230 ml Wasser, die Butter und das Magermilchpulver so lange erhitzen, bis sich alles aufgelöst hat und anschließend wieder auf Raumtemperatur abkühlen lassen.

Die Hälfte des Mehls mit der Flüssigkeit verrühren.

25 g Zucker, 3 Teelöffel Salz, die Trockenhefe, das Backnatron und den Fenchel in den Teig für ca. 5 Min mit einrühren.

Das übriggebliebene Mehl mit in den Teig geben und noch einmal ca. 8 Minuten verkneten.

In eine eingefettete Kastenform den eingerollten Teig hinein geben und für ca. 4 h unter einem Küchentuch in einer warmen Ecke der Wohnung gehen lassen.

Den Ofen auf 190 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen.

Das Brot 25-30 Minuten im Ofen ausbacken und abkühlen lassen.

Schließlich das Fleisch aus dem Bad nehmen und in ein Eisbad geben.

Nun das Fleisch in ca. 1,5 cm dicke Scheiben schneiden und im Kühlschrank komplett auskühlen lassen.

In einer Pfanne die Schweinebauchscheiben mit etwas Öl von allen Seiten scharf anbraten bis die Schwarte von außen knusprig ist. (Vorsicht: Spritzt sehr stark!)

Die Gurke, die Tomaten und die Avocado in dünne Scheiben schneiden.

Das Salatherz zupfen.

Das Brot in Scheiben schneiden und toasten. Das Buch bietet alternativ die Möglichkeit, das Brot in Schweinefett auszubacken. Das war mir dann aber doch zu heftig.

Jeweils 2 Scheiben Toast mit der Bacon-Mayo bestreichen.

Auf die untere Scheibe Gurken legen, dann den Schweinebauch, den Salat, die Tomaten und oben drauf die Avocado und mit der zweiten Toastscheibe abschliessen.

Dieses und noch viele Rezepte mehr findet ihr unter:

TASCHEN
Modernist Cuisine at Home
ISBN 978-3-8365-4648-5
Nathan Myhrvold, Maxime Bilet
Hardcover, 2 Bände im Schuber, 688 Seiten
€ 99,99

Das Buch wurde mir als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dennoch beruhen alle wiedergegebenen Eindrücke komplett meiner eigenen Meinung.

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