[Rezension] Mein Sommer nebenan (Huntley Fitzpatrick)

Huntley Fitzpatrick: Mein Sommer nebenan 
[Rezension] Mein Sommer nebenan (Huntley Fitzpatrick)Huntley Fitzpatricks Debüt ist ein wahrlich gelungenes. Die Stimme, mit der sie erzählt, klingt nach: Die erste große Liebe, deren Strahlkraft und Wärme von der rauen Wirklichkeit überschattet wird. Die Kombination aus Optimalvorstellung und Katastrophe liest sich nahezu ohne Punkt und Komma. Der Gedanke "Das ist zu schön, um wahr zu sein" mag im ersten Moment aufkommen, wird im nächsten Augenblick jedoch von der Autorin selbst revidiert. Denn bei aller Sehnsucht nach einem Happy End, die Augen vor der Realität verschießt sie keineswegs.
Ein Buch, das sich Fans einnehmender Jugendliteratur unbedingt greifen sollten! Eine Einladung, den Sommer nebenan verbringen zu wollen.


~ Rezension ~
Nachbars Wink mit dem Zaunpfahl

Seit Kindertagen hat Samantha die Vorhaltungen ihrer akkuraten Mutter im Ohr, die sich unverhohlen über die chaotisch wirkenden Garretts, die Großfamilie von nebenan, auslassen. Doch in diesen Sommerferien geschieht etwas, das Samanthas Leben für immer verändern wird: Jase Garrett klettert zu ihr aufs Dach. Er öffnet Sam damit nicht nur eine Tür zu einer neuen, liebenswert ausgelassenen Welt, sondern lässt sie Teil seines Lebens werden. Schnell entwickelt sich eine enge Bindung zwischen den Teenagern und auch die Garretts lieben Sam. Was allerdings geschehen mag, sollte ihre Mutter von diesem Geheimnis erfahren, möchte sich Sam gar nicht erst ausmalen. Doch all jene Bedenken scheinen nichtig, als eines Tages etwas Unverzeihliches vorfällt ...

Mein Sommer nebenan von Huntley Fitzpatrick erzählt mit großer Herzlichkeit und gleicher Beharrlichkeit die Geschichte einer warmen Sommerliebe und einer schmerzhaften Zerreißprobe. Ferienlektüre, die einzunehmen weiß!

Der Autorin gelingt es, Welten aufeinanderprallen zu lassen, die nur durch einen Gartenzaun voneinander getrennt werden: Zum einen steht Samantha Reed für einen Teenager aus wohlsituiertem Hause, dessen Oberhaupt eine alleinerziehende Mutter und amtierende Senatorin ist. Zum anderen repräsentiert Jase Garrett einen empathischen Jungen, der sich hingebungsvoll für das Wohl seiner um ihre Existenz kämpfenden Familie einsetzt.

So unterschiedlich die beiden auf den ersten Blick sein mögen, ebenso verbindet sie der Wunsch und Wille, über den Tellerrand hinausschauen zu wollen. Die beiden ergänzen sich perfekt und finden in der Welt des jeweils anderen die Vollkommenheit, die ihnen zum eigenen Glück immer gefehlt hat.
Nicht weniger machen die Nebenfiguren auf sich aufmerksam. Auch hier schafft Huntley Fitzpatrick einen vielschichtigen Querschnitt durch die Gesellschaft: Vom missratenen, aber herzlichen besten Freund über Geschwister, deren Bande vorbildlich eng ist, bis zum egozentrischen, machthungrigen Wahlkampfleiter reichen die vielen Gesichter.

Die Kulisse stellt ein mit typischen Charakteristika ausstaffiertes Kleinstädtchen mitten in den USA. Dort bettete die Autorin neben der auf Verständnis und Rücksichtnahme basierenden Liebesgeschichte von Sam und Jase gleichermaßen eine gehörige Palette an persönlichen Dramen ein. Dabei rücken familiäre Konflikte ebenso in den Fokus wie ein Weltbild, das zwischenmenschliche Werte und gesellschaftliche Konventionen ausreizt und infrage stellt.

Verbissen zu wahren versuchte Geheimnisse kommen dabei ans Licht und erschüttern. Doch vielmehr offenbaren sie, dass wir selbst es sind, die eine Wahl haben: Die Wahl, eine Entscheidung zu treffen, die wir mit Herz und Verstand verantworten können.

An den Hand in Hand gehenden Figurenkonstellationen und der Gefühlsachterbahn, welche die Autorin heraufbeschwor, gefiel mir insbesondere die Ausgewogenheit aus Harmonie und Tragik. Ein Spannungsbogen, der zum Teil unberechenbare Variablen umfasst und die Gemüter (der Leser) bewegt, ist eine Stärke dieses Jugendbuchs.

Handlungsstränge, die sich miteinander verweben und ein gleichfalls einfühlsamer wie eingängiger Erzählstil runden das Gesamtpaket ab.

Summa summarum ein Jugendbuch, das Gegensätze gleichermaßen vereint wie das, was unzertrennlich zusammengehört. Bilderbuchvorstellungen treffen auf harte, realitätsnahe Bandagen und liefern damit das Schwarzpulver für eine unausweichlich scheinende Explosion. Diese hat das Zeug dazu, für ein Feuerwerk der Gefühle oder aber auch für ein Trümmerfeld zu sorgen.

FZIT: Intensiv. Mitnehmend. Punktgenau.



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