[Rezension] Love Alice

[Rezension] Love Alice

Wenn etwas schlimmes passiert, denken die meisten, wie gut, dass es woanders geschehen ist. Dass es nicht mir widerfahren ist. Möglicherweise ist man entsetzt, vielleicht weint man sogar mit den Menschen, die das Unglück erwischt hat. [...] Aber manchmal ist es nicht so. Manchmal trifft es einen selbst direkt ins Mark. Und dann steht man da, gänzlich unvorbereitet. Und so entgültig wie der Tod bleiben die Fragen.
- Alice, S. 8


Inhalt in einem Satz:
Alice hat es nicht leicht mit ihrer exzentrischen Mutter und ist durch ständige Umzüge für jeden immer nur die "seltsame Neue" - bis sie eines Tages auf Cherry trifft, die ihr ganz andere Seiten des Lebens zeigt.

Wir rennen. Mein Herz hüpft. Cherry und ich.
Hinter uns verschwindet die Schule zwischen den borstigen Tannen. Unsere Stiefel hinterlassen auf dem verschneiten Weg Spuren, die immer tiefer in den dunklen Wald führen.

- Alice, S. 53


Meine Meinung:
"Love Alice" ist ein außergewöhnliches, aber interessantes Jugendbuch, das die Geschichte zweier junger Mädchen erzählt, die sich näherkommen, bis das Schicksal plötzlich dazwischenfunkt. Alice' Mutter ist Opernsängerin und sehr selbstbezogen. Sie schleppt Alice stets mit sich und erzieht sie allgemein nicht gerade liebevoll. Man könnte fast sagen, Alice wird Opfer psychischer Gewalt. Das Ganze findet aber auf eher ruhige und unterschwellige Weise statt - allgemein ist "Love Alice" ein Buch, bei dem man Einiges zwischen den Zeilen lesen kann. Dadurch, dass Alice nie viel zu melden hatte, fällt ihr der Umgang mit ihren Mitmenschen nicht gerade leicht, doch Cherry, die ebenfalls auf ihre Art und Weise eine Außenseiterin ist, hilft Alice, aus dem Alltag zu entfliehen und eine tolle und verrückte Zeit zu erleben. Dabei kommen sich die beiden Mädchen jedoch näher als gewöhnliche Freundinnen. Den Plot der Geschichte fand ich ganz interessant, doch vor allem die ungewöhnliche Umsetzung macht für mich dieses Buch aus. Sowohl die Charaktere, als auch die Erzählweise sind alles andere als 0815. Die Story lässt den Leser eine unterschwellige Melancholie verspüren, durch die sie sich ihm ins Gedächtnis brennt. So etwas habe ich bisher beispielsweise bei "Eine wie Alaska" erlebt, doch in "Love Alice" kommt es meiner Meinung nach noch besser zur Geltung. Der Einblick in das Leben der beiden Mädchen ist sehr gelungen umgesetzt, sie erleben viele ungewöhnliche Momente zusammen. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, eine gewisse Distanz zu dieser fremdartig wirkenden Geschichte und zu ihren Protagonistinnen zu verspüren - gerade zu Cherry, die durch ihr überdrehtes, unvorsichtiges Verhalten sich und andere manchmal in Gefahr bringt. Trotz dieser Distanz hat mich die ungewöhnliche Geschichte berührt beziehungsweise sehr aufgewühlt. Das Ende fand ich relativ vorhersehbar, was mir jedoch nichts ausmachte, denn es ging für mich eher um das "Wie?" und um die damit einhergehenden Gefühle, sodass mich "Love Alice" dennoch bis zum Schluss packen konnte.

So viele Lektionen, so viele Regeln. Unglück geschieht immer aus Unachtsamkeit. Wir müssen immer aufpassen. Aber manchmal ist es das Leben, das nicht auf uns Acht gibt.
- Alice, S. 150

Ein besonderes Jugendbuch, das auf nachdenkliche Weise von Freundschaft, Liebe und den Problemen Heranwachsender erzählt. Wer ungewöhnlich geschriebene, melancholische Jugendromane mag, dem wird "Love Alice" sicher gut gefallen.

Bewertung: 📖 📖 📖 📖 📖 (5/5) + Lieblingsbuch 📚


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