|Rezension| "Getrieben: Durch ewige Nacht" von Veronica Rossi



Aria war hier.
Als Perry, der nun Kriegsherr der Tiden ist, Aria findet und mit zu seinem Stamm bringt, gerät seine Welt einmal mehr aus den Fugen: die Tiden trauen Aria nicht, missachten sie und noch schlimmer, wollen sie vertreiben. Um den feindlichen Blicken zu entkommen, flieht Aria gemeinsam mit Roar, um die Blaue Stille, der Ort, an dem der Äther ruht, und Liv, Roars große Liebe, zu suchen. Währenddessen kommt Kirra von den Hörnern zu dem Stamm der Tiden und sie scheint Perry sehr zugetan zu sein, doch Perry hat eigentlich mehr im Kopf als die Annäherungsversuche einer hübschen Frau - muss er sich doch als neuer Kriegsherr immer wieder beweisen. Doch wie bekommt man die Anerkennung von Hunderten von Menschen, ohne dabei das Falsche zu tun und dabei auch noch Aria aus dem Kopf zu bekommen, die ganz allein mit einem jungen und gutaussehenden Mann unterwegs ist?
Manchmal hat man tatsächlich das Gefühl durch das Buch "getrieben" zu werden, denn Rossi legt ein flottes Tempo vor und setzt genau dort an, wo sie in "Gebannt: Unter fremdem Himmel" aufgehört hat. Darunter leidet der Stil ein wenig, denn die meiste Zeit über fühlt sich dieser ziemlich gehetzt an. Kurze Sätze und viel Handlung sorgen dafür, dass die emotionale Ebene ein wenig zurücktritt, was aber nicht bedeutet, dass man sich von dem zweiten Band der Reihe nicht mehr bannen lassen kann - ganz im Gegenteil! Ansonsten ist der Schreibstil wieder sehr beschreibend und simpel gehalten und wie gewohnt abwechselnd aus den Perspektiven von Aria und Perry geschrieben. Rossi hält sich trotz Kritik relativ gut die Waage zwischen Unterhaltung und Tiefe, sodass man trotz des schnelleren Tempos nie das Gefühl hat, komplett zurückzubleiben - nur dieser Charme und die Funken, die ich noch im ersten Band so geliebt habe, kommen ein wenig zu kurz.
Wer auch immer sich die Titel zu den Büchern ausgedacht hat, hat den Nagel extrem gut auf den Kopf getroffen - und das will bei der deutschen Titelauswahl tatsächlich etwas heißen! War ich vom ersten Band noch extrem "gebannt" und fasziniert von dem Gefühl "unter fremdem Himmel", hat der Folgeteil mich einmal quer durch diese besondere Welt "getrieben", ja, zeitweise sogar gehetzt - und das sogar eine (ewige) Nacht durch, aber das konnte man bei der Titelgebung ja nun wirklich nicht wissen! Macht das "Getrieben: Durch ewige Nacht" schlechter als den ersten Band? Ich muss - entgegen vieler Meinungen - leider sagen: Ja. Schlechter, aber nicht schlecht. Getrieben, aber zwischendurch dennoch gebannt. Eins kann man dem Buch jedenfalls nicht ankreiden: dass es langatmig wäre. Man fliegt nur so durch die Seiten, merkt dem Buch aber auch seine Schnelllebigkeit an - hat es doch viel weniger Seiten als noch der erste Band, obwohl (meiner Meinung nach) mehr Handlung und vor allen Dingen mehr Erklärungs- und Zeitbedarf da gewesen wäre. Dennoch ist die Reihe eine der wenigen außergewöhnlichen Bücher in dem Genre, weswegen ich die Schwächen auf jeden Fall verzeihen kann.
Eine hundertachtzig Gradwendung macht nicht nur das Tempo des Buches durch, auch die Figuren entwickeln sich (teils fast schon zu) rapide weiter. Nehmen wir beispielsweise Aria, die zwar gerade im zweiten Band in einen großen Konflikt zwischen ihren beiden Seiten - Außenseiterin und Siedlerin - gerät, aber dennoch ein absolutes Überlebenstalent geworden ist. Sie ist sehr selbstsicher und mutig geworden, was mir hier fast schon etwas zu viel gewesen ist, war sie doch im ersten Band noch eher ein Mensch, den man beschützen muss. Perry hingegen, der nun Kriegsherr der Tiden ist, wirkt da schon um einiges verständlicher trotz der eher ungewöhnlichen Verhältnisse. Er trägt so viele Lasten auf den Schultern und hat so viele Dinge zu bewältigen, dass auch sein Zwiespalt immer wieder klar herausgearbeitet wurde, obwohl ich Perry immer noch sympathischer finde als Aria. Er hat einfach diese Natürlichkeit an sich und ist auch auf emotionaler Ebene erreichbarer als die weibliche Protagonistin.
Vielleicht stimmt das "Gerücht" und zweite Bände sind prinzipiell Lückenbüßer, die meist schlechter sind als der erste Band, ohne die es wiederum aber auch nicht geht. Bei "Getrieben" hatte ich mehrmals das Gefühl, dass die Autorin selbst wollte, dass der Band schnell vorbei geht, weil sie so viel Potenzial enorm schnell abhandelt und so die tolle Atmosphäre, die man aus Band 1 kennt, ein wenig in den Hintergrund rückt. Gut gefallen haben mir im Gegensatz dazu aber die vielen Problematiken und Wendungen, auch wenn man noch mehr darauf hätte eingehen können: Aria, die nirgendwo richtig hingehört, Perry, der im ewigen Zwiespalt ist, die Äthersituation, die sich immer mehr zuspitzt und die vielen Stämme, die miteinander kollidieren und wieder neue Probleme aufwerfen. Hier rücken auch andere, teils neue Charaktere in den Mittelpunkt und so lernt man den,
von mir im ersten Band schon sehr gemochten, Roar, ebenso wie Liv besser kennen. Dass dabei nicht alles glatt läuft, steigert die Glaubwürdigkeit der Geschichte sehr, obwohl es zum Ende hin doch wieder sehr schnell geht und das Ganze etwas zu unproblematisch gelöst werden kann.
Viele Fragen, die sich im ersten Band gestellt haben, werden in "Getrieben" teilweise beantwortet, aber Veronica Rossi wäre keine Autorin, wenn sie uns nicht wieder einen dicken Fragenkatalog zusammenstellen würde, der nun in der Luft hängt und auf die richtigen Antworten wartet. Trotz der kleinen Schwächen und der etwas gehetzten Stimmung des Buches, kann ich nur wieder sagen, dass mich diese Reihe fasziniert und ich unbedingt wissen muss, wie es weitergeht, obwohl ich noch etwas skeptisch bin, wie Rossi derart viele Probleme in einem weiteren Band lösen will. Ich hoffe, dass sie sich ein bisschen mehr Zeit nimmt und uns nicht allzu lange zappeln lässt. Schließlich stimmt doch sonst fast alles: die Liebesgeschichte, die zwar relevant ist, aber nur einen kleinen Teil des Buches ausmacht, die sympathischen Figuren, die originelle Idee und die Dramatik. Alles da.
Erst war ich "gebannt", dann wurde ich durch ewige Nacht "getrieben" und nun warte ich darauf, mich in unendlicher Weite "geborgen" zu fühlen - und darauf freue ich mich auch, trotz der vielen kleinen Schwächen, die der Zwischenband an den Tag legt. Rossi hat eine so originelle und schöne Idee in Buchform umgesetzt, die hier ein wenig sehr schnell abgehandelt wird und sich wenig Zeit lässt, wie man es aus dem ersten Teil kennt. Schade, denn dadurch geht einiges an Potenzial und Atmosphäre verloren, was aber nichts daran ändert, dass ich das Buch in einem Rutsch weglesen musste und mich kaum von den Seiten lösen konnte. Die Figuren liegen mir einfach zu sehr am Herzen und prinzipiell ist die ganze Welt derart faszinierend und fesselnd, dass ich nur hoffen kann, dass "Geborgen: In unendlicher Weite" (März 2014) dem ersten Band wieder das Wasser reichen kann.
 

Veronica Rossi, in Rio de Janeiro/Brasilien geboren, zog in ihrer Kindheit oft um und lebte in Mexiko, Venezuela, an der Ostküste der USA und schließlich in Kalifornien. Hier besuchte sie die Universität und studierte Schöne Künste am Californian College of the Arts in San Francisco. Heute lebt sie mit ihrer Familie im Norden Kaliforniens und arbeitet als freie Autorin. Sie schreibt vor allem futuristische Romane für junge Erwachsene. Erste Ehren erwarb sie mit bisher unveröffentlichten Manuskripten auf amerikanischen Autoren-Wettbewerben, wo sie in der Kategorie Fantasy und Science Fiction auf den vordersten Plätzen rangierte. GEBANNT - UNTER FREMDEM HIMMEL, eine Liebesgeschichte in postapokalyptischen Zeiten, ist ihre erste Buchveröffentlichung und der erste Teil einer Trilogie. [via Oetinger]
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