Rezension: Fremdes Brot von Wilhelm Dreischulte

Rezension: Fremdes Brot von Wilhelm Dreischulte
Kennen Sie auch jemanden, der spannende Geschichten aus seinem Leben erzählen kann? Wie viele Lebensgeschichten wurden schon in aller Stille zu Ende gelebt, ohne dass sie für die Nachwelt festgehalten werden konnten?
In der vorliegenden Erzählung kommt es dazu, dass der Pfleger N. der 93-jährigen Frau zugeteilt wird. „Sie können mich alles fragen“, sagte sie zu ihm. Und daraus entstand die biographische Erzählung "Fremdes Brot".
Das Buch ist die erste Einzelveröffentlichung des in Frankfurt am Main lebenden Autors. Wilhelm Dreischulte ist Lehrer, außerdem ein Künstler, der mit verschiedenen Stoffen arbeitet. Sowohl sein Beruf als auch seine Nebenberufe übt er mit großer Hingabe aus. Auf dem Einband ist ein Ausschnitt aus einem Gipsrelief zu sehen, das er selbst hergestellt hat. Und dann war er ja auch einmal Pfleger. So schließt sich der Kreis. Die Handlung spielt übrigens größtenteils in der ländlichen Umgebung von Freiburg im Breisgau.
Die Frau, deren (Vor)Name interessanterweise im ganzen Text nur einmal genannt wird, hatte ihre Kindheit in der Zeit des Ersten Weltkriegs, als „man sich Kaninchen hielt, denn es gab sonst kein Fleisch“, und ihr Leben endet in einer Zeit, in der sie zwischen Brot aus zehn verschiedenen Getreidesorten wählen kann, im Hier und Jetzt. Welchen Wandel Deutschland während dieser Zeit durchgemacht hat ist zwar bekannt. Doch es ist etwas anderes, diesen Wandel mit der Frau zu erleben. Geht es dem Autor um diese Erfahrung? Nein, er zeigt einen sehr anpassungsfähigen Menschen, der aus jeder noch so vertrackten Situation das Beste machen kann und für sich immer wieder Freiräume sucht und findet. Die Frau ist als fröhlicher, humorvoller Mensch geschildert. Ein Mensch, dem wir in „Fremdes Brot“ gerne begegnen, dessen Geschichte wir gerne hören, weil sie in einer einfachen wie überzeugenden Sprache aus ihrem Mund in die Feder des Autors überging.
„Fremdes Brot“ ist ein wunderbares Geschenk für alle Generationen, für Leute, die wissen wollen, was vor unserem Hier und Jetzt war. Die größere Schrift erleichtert gerade den Älteren die Lust am Lesen.
Fremdes Brot von Wilhelm Dreischulte, Roman, Lothar Seidler Verlag,
138 Seiten,  12,80 EUR / ISBN 978-3-931382-44-5  Weitere Informationen unter seidler-verlag.de
Text: A. Netera
  

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