Rezension: Djatlow? Aufklärung der unheimlichen Begebenheit - Andreas Laue & Werner Betz

Rezension: Djatlow? Aufklärung der unheimlichen Begebenheit - Andreas Laue & Werner Betz

© Ancient Mail Verlag

Djatlow? Aufklärung der unheimlichen Begebenheit| Andreas Laue & Werner Betz |

Verlag: Ancient Mail Verlag 2019

Seiten: 362 ISBN: 9783956522772

MEINE BEWERTUNG 

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Dramaturgische BleiwüsteVor gut 60 Jahren brachen neun erfahrene Wanderer zu einer Skiwanderung durch den Ural auf. Bis heute ist ungeklärt, was der Gruppe passiert ist. Ihre Körper fand man merkwürdig zugerichtet, die Leichen waren kaum bekleidet - obwohl sie nicht weit von Zelt und Gewand gefunden wurden. Dieser Tatsachen-Krimi deckt die (fiktiven) Hintergründe auf. 
Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich dieses Buch unbedingt mögen wollte. Allein die Ausgangslage - der reale Hintergrund um das rätselhafte Schicksal der neun Wanderer - ist unheimlich und interessant. Außerdem mag ich Krimis, ich liebe mysteriöse Aspekte und hatte mich dementsprechend auf dieses Buch eingestellt. Leider bin ich mit den falschen Erwartungen an den Titel herangegangen, weil es eher wenig der erhofften Lektüre entsprach.

Der Klappentext deutet meinem Empfinden nach an, dass der damalige Fall neu aufgerollt wird. Das entspricht zwar der Realität und ging im Februar 2019 durch die Medien, hat aber mit diesem Buch nichts zutun. Das Autorenduo Andreas Laue und Werner Betz beschränkt sich auf das Jahr 1959 und bleibt damit zeitnah an den damaligen Ereignissen dran. Ich hatte es ursprünglich so aufgefasst, dass die Ermittlungen aus heutiger Sicht Raum erhalten. Dabei handelt es sich um ein Missverständnis, das aber nicht auf den Lesespaß schlägt.

Andreas Laue und Werner Betz gehen ihre Version der Ereignisse an. Sie beschäftigen sich mit den Hintergründen der Wanderer, den natürlichen Gegebenheiten der Route und den politischen Bedingungen dieser Zeit. Dabei legen sie ihr Hauptaugenmerk auf russische Geheimdienste und geben den Blick auf mögliche Verschwörungen frei. 

Vollends positiv ist die minutiöse Arbeit, die in diesem Werk steckt. Die Autoren haben reichlich recherchiert, den Apparat des russischen Geheimdiensts aufgearbeitet, die Ereignisse um die mysteriösen Toten chronologisch geschildert, mit einer eigenen Theorie versehen - und zu guter Letzt einen Roman daraus gemacht. 

Die Umsetzung in die Romanform hat meiner Meinung nach leider nicht geklappt. Die Bezeichnung als Tatsachen-Krimi finde ich sehr weit hergeholt. Erstens, es entsprechen nicht alle Ereignisse den Fakten, sondern diese wurden fiktiv ausgeschmückt. Zweitens, das Krimi-Label kann ich nicht nachvollziehen, weil es mir dafür am Krimi fehlt. 

Der fiktive Charakter stört nicht, weil ich gerade diesen Aspekt aufregend finde. Die Ereignisse rund um die Toten am Djatlow-Pass haben enormes Potential, daher war ich neugierig, was die Autoren daraus gemacht haben.

Die Theorie hinter diesem ‚Krimi‘ finde ich durchwegs spannend und für einen Roman auf jeden Fall vertretbar. Die Hintergrundgeschichte ist genial ausgearbeitet und bis ins kleinste Detail durchdacht. Und jetzt kommt mein großes Aber, denn der Clou, die treibende These, der alles umgreifende Spannungsmoment, ist bereits während der ersten Szenen geplatzt.

Ich kann leider überhaupt nicht nachvollziehen, warum man einem Roman gleich auf den ersten Seiten die Spannung nimmt. Auf diese Weise werden eigene Spekulationen und Krimi- sowie Rätsel-Spaß im Keim erstickt. Schon zu Beginn läuten die Autoren ein Geheimdiensttreffen ein und erzählen, was aus welchem Grund voraussichtlich geschehen wird. Ich war geschockt! Nein, keine Andeutungen, kein vorsichtiges Herantasten, keine schaurig-dunkle Stimmung, sondern die Wahrheit des Romans, was hinter dem Schicksal am Djatlow-Pass steckt. 

Dramaturgisch wurde hier absolut daneben gegriffen. Es liegt nicht nur an diesem Punkt, sondern der gesamte Erzählstil erinnert an einen trockenen Tatsachen-Bericht. Dabei steht der russische Geheimdienst im Mittelpunkt, wer wen wie womit schmiert, oder worauf im Namen der UdSSR zu achten ist. Keiner einzigen Szene wurde Leben eingehaucht, sondern bleibt dem allgemeinen, nüchternen Stil treu. 

Meiner Meinung nach haben Andreas Laue und Werner Betz großartig recherchiert, die Ereignisse auf eine fiktive Theorie gestellt, nur (noch) nicht den Sprung zum Roman geschafft.

Ich denke, dieses Buch ist eher für Leser geeignet, die besonders Spionage-Krimis mögen, und am russischen Apparat zu Zeiten des Kommunismus hohes Interesse haben.

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Ich bedanke mich beim Verlag für das Rezensionsexemplar.

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