Eine Intrige zwingt Kvothe die arkanische Universität zu verlassen. Seine Suche nach den sagenumwobenen Chandrian, die seine Eltern getötet haben, führt ihn an den Hof von Maer Alveron, und weiter zu den sturmumwogten Hügeln von Ademre. Schließlich gelangt er in das zwielichtige Reich der Fae, wo er der sagenumwobenen Felurian begegnet, der bisher noch kein Mann widerstehen konnte ...
Wenn man eine Geschichte beendet und im selben Atemzug das Gefühl von Verlust und das dringende Bedürfnis hat, einfach nur weiterlesen zu können, kann das nur für die Tatsache sprechen, dass dieses Buch durchweg packend war. Wenn man sich während des Lesens dieser Geschichte außerdem immer wieder kopfschüttelnd wundert, wie ein einziger Mensch eine so komplexe Welt erschaffen kann - kombiniert mit einem so vielschichtigen Plot voller facettenreicher Figuren -, kann man schlussendlich nur den Hut vor dieser grandiosen Leistung ziehen. "Die Furcht des Weisen" hat einen ganz bestimmten Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Jedwede Schwäche in Form von einigen längeren Passagen verzeiht man mit Freude, nur um endlich zu wissen, was als nächstes geschieht. Ja, sogar die Tatsache, dass die Geschichte um Kvothe im Verlauf immer viel mehr Fragen stellt, als diese zu beantworten, kann ich verzeihen - wenn auch mit einiger Ungeduld. Dabei verwebt Rothfuss geschickt viele verschiedene Handlungsstränge miteinander und schafft schließlich ein voll gepacktes Netz voller Abenteuer, Geschichten und dem Gefühl, nach Hause zu kommen, wenn die Seiten nur so dahin fliegen.
Patrick Rothfuss macht es dem Leser aber auch allzu leicht, die Geschichte zu lesen - und zu lieben. Mit seinem phantastischen und bildhaften Erzählstil ist es ein Leichtes, sich einfach in die Buchstaben fallen und dann treiben zu lassen. Man geht mit der Geschichte, ohne wirklich zu wissen, wohin sie führen wird, und das ist eines der Dinge, die ich an dem Buch so beeindruckend finde. Einen roten Faden, in dem Sinn, dass man immer zumindest eine Ahnung hat, was als nächstes geschehen könnte, gibt es eher nicht. Vielmehr steht man permanent vor einem schwarzen Abgrund und hofft, dass Kvothe ihn sieht, bevor er handelt. Dass dieses Buch dadurch nicht ein einziges Chaos, sondern umso authentischer und komplexer ist, ist schlicht beeindruckend - und vor allen Dingen fesselnd. Es gibt durchaus kleinere Szenen, die sich ein wenig ziehen und allzu monoton wirken, aber das sei nur ganz objektiv festgestellt, denn rein subjektiv konnte ich auch mit den langsamen Szenen etwas anfangen - durch sie bekommt die Geschichte nur noch mehr das Gefühl der Echtheit.
Sowie auch die Figuren von den langsamen Szenen profitieren. Es ist natürlich sinnlos, jede Figur hier betrachten zu wollen, dafür gibt es schlichtweg zu viele. Auch so eine Sache, die mich sehr beeindruckt. Allen voran ist da natürlich der Protagonist Kvothe, dem man, wie schon aus dem ersten Buch bekannt, durch zwei Handlungsstränge kennenlernt - der Rahmenhandlung, in der er seine Lebensgeschichte rückblickend erzählt und der Binnenhandlung, also der Lebensgeschichte selbst. Es ist weiterhin faszinierend zu beobachten, wie Kvothe sich entwickelt und was er erlebt, zumal seine Erlebnisse immer irgendwelche Konsequenzen haben. Diese Verstrickungen führen nur dazu, dass man Kvothe noch lieber hat und ihn so manches Mal gerne schütteln würde, weil er durch seine Worte mal wieder irgendetwas in die falsche Richtung gelenkt hat. Man sollte meinen, das ein solch komplexer Charakter wie Kvothe keinen Platz für spannende Nebenfiguren übrig lässt, aber das wäre eine völlig falsche Annahme, denn selbst die Randfiguren haben unfassbar viele Reize. Die geheimnisvolle Auri, der liebevolle Sim, den schwer einzuschätzenden Bast - um nur einige zu nennen. Man schließt derart viele Figuren ins Herz, das es schwer fällt, die Geschichte loszulassen.
Am Ende der Geschichte steht man nun mit zehntausenden von Fragen da und kann sich keine davon beantworten. Ob nun in der Rahmen- oder der Binnenhandlung - alles wirkt undurchsichtig und schwer zu fassen. Aber auch das macht "Die Furcht des Weisen aus". Was ich sagen kann, ist, das dieses Buch ein würdiger Nachfolger ist und mich in seiner Vielfalt und Komplexität mehrfach tief beeindruckt zurückgelassen hat - der Weltentwurf ist enorm tiefgehend, beherbergt eigene Währungen, unzählige Sprachen, Lieder, Märchen, Legenden, verschiedene Völker und Rollenverteilungen und eine Magie, die zu erklären versucht wird. Man kann es wohl nicht anders sagen: Die Königsmörder-Chronik ist (bisher und vermutlich auch weiterhin) ein phantastisches Meisterwerk mit einem facettenreichen Plot und vielschichtigen Figuren, von denen man die Hälfte ins Herz schließt - einzigartig, fesselnd, beeindruckend und - vor allen Dingen - unbedingt lesenswert.
Lieber Herr Rothfuss, ich weiß, dass Sie sich viel Zeit für Ihre Geschichte lassen. Und wissen Sie was? Nehmen Sie sich diese Zeit. Wenn der dritte Band dann ebenso beeindruckend und grandios geschrieben sein wird, wie die ersten beiden, nehme ich ein wenig Wartezeit gerne in Kauf. Natürlich wäre ich Ihnen nicht böse, wenn Sie schneller schreiben würden (weil ich einfach furchtbar gerne wissen muss, wie es weitergeht!), aber ich werde natürlich nicht quengeln (zumindest nicht laut!). Die Geschichte um Kvothe hat mich gefangen genommen und nicht mehr losgelassen und ich glaube, ich kann diesen Fängen erst entkommen, wenn ich weiß, wie diese Geschichte enden wird. Wer den ersten Band gelesen hat, muss ohnehin weiterlesen. Wer sich noch nicht an die Bücher herangetraut hat, sollte sie beginnen, denn man erlebt eine Vielzahl von Abenteuern und eine großartige Geschichte voller Ecken und Winkel, die es noch zu erkunden gilt.