Rezension: „Der Todeskünstler“ (Cody McFadyen)

Rezension: „Der Todeskünstler“ (Cody McFadyen)

Wer schon immer mal einen US-amerikanischen Thriller nach Schema F lesen wollte, dem sei Der Todeskünstler* von Cody McFadyen ans Herz gelegt. Blutrünstig, effekthaschend und unerbittlich – Letzteres leider vornehmlich mit seinen Lesern und nicht dem Mörder.

Tiefe und Tiefgang

Der Todeskünstler ist eine dieser vielen Geschichten, in denen Mord, Vergewaltigung, Missbrauch und Menschenhandel zu einem Gulasch vermengt werden. Kann man machen. Kann man aber angesichts der zahllosen Autoren, die sich diesen heftigen Themen mit zum Teil pseudopsychologischem Interesse nähern, auch sein lassen. Tiefgang und das Ringen um Tiefe ist eben nicht dasselbe. Gehen wir kurz auf die Story ein, mit der wir uns keine Sekunde länger als nötig belasten sollten.

Die 16-jährige Sarah Lindmann hält sich eine Knarre an den Kopf und verlangt nach der Agentin Smoky Barrett (wer zum Geier nennt sein Kind oder seine Protagonistin so?). Diese findet nicht nur ein augenscheinlich labiles Mädchen vor, sondern gleich ein ganzes Blutbad mit ausgeweideten Leichen. Obwohl Smoky die Überzeugungskraft einer aufdringlichen Staubsaugervertreterin besitzt, gelingt es ihr, die suizidale Sarah vom Abdrücken der Waffe abzuhalten.

Smoky erfährt, dass Sarah das Opfer eines verrückten Serienmörders ist, der sich selbst als Todeskünstler bezeichnet. Mehr müssen Sie wirklich nicht wissen.

Der alte Aufguss

Das Hauptproblem dieses Thrillers ist nicht die Spannung. Die kommt durchaus auf und das nicht nur in einzelnen, reißerischen Momenten. Auch die Rechtschreibfehler lassen sich angesichts der schieren Menge an Text gerade so verschmerzen. Wahrscheinlich saß der arme Übersetzer ähnlich übermüdet wie die im Roman agierenden FBI-Agenten vor seiner Arbeit. Denn hoher Druck ist in der Branche eher die Regel als die Ausnahme, wie die Übersetzerin Susanne Goga zu berichten weiß.

Womit wir beim eigentlich störenden Kern, dem ins Fleisch drückenden Stachel dieses Werkes wären: Der Todeskünstler arbeitet mit Schablonen-Charakteren. Da ist eine Killerin mit Namen Kirby, die locker aus einem Robert Rodriguez-Trashfilm stammen könnte: Surfergirl, blond, mit schneeweißen Zähnen, immer einen kecken Spruch auf den Lippen und locker im Umgang mit Tod, Verderben und der eigenen Vagina. Klar also, dass sie sich Respekt bei einem SWAT-Team verschafft, indem sie einem der Beamten mal ordentlich auf den Solarplexus drischt.

Klingt absurd? Zu weit hergeholt? Richtig. Zieht sich aber durch den gesamten Thriller. Das Bemühen, den Missbrauch in all seinen Facetten, angefangen bei vernachlässigenden Pflegeeltern hin zu einer eiskalten Vermittlungstante und über die noch frostigere Atmosphäre im Heim zu beleuchten, scheitert.

Wohin damit?

Holperig ist auch jene Schlichtheit der Charaktere in Verbindung mit ihren eigenartigen Motiven und einer Vergangenheit, bei deren Schilderung jedem Schlachter übel werden würde. Das und die skurrilen Ereignisse, die auf den Leser einströmen, machen Der Todeskünstler zu einer problematischen Geschichte. Problematisch jedoch nicht insofern, als dass die Themen darin heikel, der Ansatz gewagt und neu wäre.

Das Gegenteil ist der Fall. Für den Autor gibt es das Böse und er wird nicht überdrüssig, uns dies immer und immer und immer wieder durch die Lippen seiner Figuren zu sagen. Dem gegenüber steht das Gute, das sich natürlich in Smoky und ihren Mitstreitern, die an eine in die Jahre gekommene TKKG erinnern, verkörpert.

Jede Menge Gefühl …

Dazwischen gibt es hin und wieder einen Anflug von Gefühlsduselei, aufwallenden Erinnerungen und sentimentalen Tälern. Da ist die gute Seele Elaina, sowas wie eine Heilige oder das Arschloch James, das hinter seiner harten Schale selbstverständlich einen weichen, lupenreinen Kern trägt.

Nur Sarah tanzt mehr oder minder aus der Reihe: Die Gewalt zieht nicht spurlos an ihr vorüber, hinterlässt nicht nur sichtbare Narben, sondern verändert ihr Wesen. Allerdings nur insoweit, wie die äußere Bedrohung existiert. Ist die Gefahr vorüber, verwandelt Sarah sich in eine normale Frau. An dieser Eindimensionalität kranken alle Charaktere in Der Todeskünstler. Zum vollen Ausbrauch kommt diese Krankheit im fiebrigen Ende, das Knall auf Fall ein Mysterium aufklären will, welches zuvor über 400 Seiten lang mit einer Vielzahl von Fragen aufgeworfen wurde.

Fazit

Cody McFadyens Thriller ist unaufgeregt, voyeuristisch und plätschert mit einer gewissen Grundspannung vor sich hin. Kein Meilenstein, aber auch kein Desaster. Wer sich nicht viel aus Charakterstudien macht und den Nervenkitzel an einem langweiligen Sonntag zwischen zwei Buchdeckeln sucht, wird hier sicherlich fündig werden. Mehr ist aber auch nicht drin.

MCFADYEN, CODY: Der Todeskünstler. Bastei Lübbe, Köln 2009, 560 S., 10,99 €

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