Rezension – Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones?

“Mut haben bedeutet der Furcht widerstehen, sie beherrschen – nicht, keine Furcht haben.” (Mark Twain)

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Inhalt:

Charlie wird eines Nachts von Jasper Jones aus dem Schlaf gerissen. Er steht mitten in seinem Garten, um Hilfe bittend und mit der Aufforderung, ihm zu folgen. So wird Charlie durch die Straßen Corrigans hin zu einer Lichtung mitten im Wald geführt. Und da erblickt er Laura, tot, am Baum hängend.

Obwohl er Jasper leiden kann, weil er ein Außenseiter ist wie er, ist Charlies erster Verdacht, er habe sie umgebracht. Doch Jasper betäuert seine Unschuld. Was tun? Zur Polizei gehen? Dann wäre Jasper, der ohnehin in der Stadt als Dieb, Lügner, Schläger und Schulschwänzer gilt, der erste Verdächtige, zum es seine Lichtung ist und sein Seil, an dem Laura hängt.

Jasper hat einen anderen Plan gefasst: Laura muss verschwinden, im See, und er und Charlie müssen herausfinden, wer Jasper den Mord anhängen wollte. Jasper glaubt, der irre Jack Lionel, der schon einmal eine junge Frau umgebracht hat, könnte es gewesen sein. Jetzt fehlen nur noch die Beweise …

Bewertung:

Dieser Roman ist kaum in Worte zu fassen. Schon bei der Einordnung in ein gängiges Genre gerate ich an meine Grenzen. Die ersten Seiten lassen einen Thriller vermuten, doch das wird dem Roman bei Weitem nicht gerecht: Vielmehr ist er eine Komposition vieler Themen: Tod, Trauer, Gewalt, Betrug, Rassismus und Unmenschlichkeit, aber auch Themen wie Freundschaft und erste Liebe sind vertreten.

Wer jetzt glauben mag, dass man so vielen Themen in einem Roman kaum gerecht werden kann, der wird hier eines besseren belehrt werden. Vielmehr vermag Silvey zum Beispiel auf so tiefgründige und ergreifende Weise den Rassismus im kleinen Städtchen Corrigan darzustellen, dass es mir schauderte. Und jede Hauptfigur setzt sich auf ihre Art und Weise mit diesem Thema auseinander. Besonders sei hier Charlies Freund Jeffrey hervorgehoben, der eine ganz spezielle Art gefunden hat, sich diesem Hass entgegenzustellen. (Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden).

Oft denken die Hauptpersonen auch über die Welt und die Ungerechtigkeit darin nach. Hier beweist Silvey philosophisches Geschick und eine Sensibilität für das große Ganze:

Was ist das für eine lausige Welt? War sie schon immer so, oder ist ihr in den letzten Tagen das Fundament weggebrochen? War sie schon immer so ungerecht? Was sorgt dafür, dass sich die Waagschale derartig absenkt? (S. 170)

An vielen Stellen des Romans finden sich tiefgründige Gespräche vorallem zwischen Jasper und Charlie, die mich berührt und zum Nachdenken angeregt haben. Besonders hier fällt mir die Schönheit der Sprache auf, die Silvey benutzt. Hier soll nur ein Beispiel genannt werden:

Mir wird klar, dass es ein gutes Wort ist, das von guten Menschen gebraucht wird. Niemand ist ganz und gar rechtschaffen, niemand entgeht dem schleichenden Fluch. In jeder Geschichte werden die Figuren zwischen Gut und Böse hin- und hergezogen, zwischen richtig und falsch. Doch es sind die Guten, die den Unterschied erkennen, die wissen, wann sie die Grenze überschritten haben. Und es ist eine schwere und demütigende Geste, die eigene Schuld anzuerkennen und Fehler zuzugeben. Man braucht Mut, es auszusprechen und auch so zu meinen. Um VERZEIHUNG zu bitten. (S. 273)

Doch der Roman hat noch viel mehr zu bieten: Unvergessen ist die Diskussion zwischen Charlie und Jeffrey, in der sie darüber streiten, ob nun Batman oder Spiderman der wahre Superheld ist. So wie diese Szene haben mich viele weitere herzhaft lachen lassen. Und gerade Charlies Angst vor Insekten bietet immer wieder das Fundament einer komischen Szene oder eines lustigen Dialoges, wie dieser hier:

“Na gut. Ich hole den Ball. Ich biete den Insekten die Stirn.” Jeffey stapft theatralisch hinüber und redet dabei mit sich selbst. “Wird unserem kühnen Helden gelingen zurückzukehren? Oder werden ihn die Heerscharen gefährlicher Marienkäfer niedermachen?”

“Halt die Klappe, du Spinner. Er ist links von dir gelandet.” (S. 157)

All diese Facetten, all diese Themen und Gespräche fügen sich zu einem stimmigen Roman zusammen, in dessen Zentrum weiterhin der Tod Lisas steht. Hier tun sich im Laufe der Handlung immer wieder neue Abgründe auf. Oft geschieht Unvorhersehbares, sodass mir bis zur Auflösung nicht bewusst war, was nun genau geschehen ist.

Fazit:

Was bleibt mir zum Schluss anderes zu sagen: Dieser Roman sollte gelesen werden! Er überzeugt durch seine Themen, seinen Schreibstil, seine überraschenden Wendungen, seinen Witz und durch seine Tiefgründigkeit. Ich bin Fan und ich hoffe, dieser Roman wird noch viele weitere Fans dazugewinnen, denn verdient hat er es allemal.

Autor:

Rezension – Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones?Craig Silvey schrieb bereits mit 19 Jahren seinen ersten Roman namens “Rhubarb”. Bereits dieser Roman wurde hochgelobt. “Jasper Jones” erschien 2009, wurde bis dato in 15 Ländern verkauft und mit Preisen überhäuft. Silveys zweite Leidenschaft ist die Musik, wobei er hier auch die Songtexte schreibt.

Weitere Informationen zum Autor finden sich hier.

Daten:Rezension – Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones
Verlag: Rowohlt Taschenbuchverlag
ISBN: 978-3499216138
Seitenzahl: 436Erscheinungsdatum: 01.09.2012
Originaltitel: Jasper Jones

Bewertung:

Rezension – Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones?



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