Rezension: "Charleston Girl"

Rezension: Charleston GirlTitel: Charleston Girl
Autor: Sophie Kinsella
Verlag: Manhattan
Veröffentlicht: 14. September 2009
ISBN978-3442546473
Seiten: 496 (Taschenbuch)
Originaltitel: Twenties Girl
Inhalt:
Lara Lingtons Leben läuft gerade aus dem Ruder: Ihr Traummann hat sie verlassen und ihre Geschäftspartnerin ist aus dem Urlaub nicht zurück gekommen. Jetzt muss sie sich ganz alleine durchschlagen und versuchen ihr Leben zu leben, als plötzlich ihre Großtante Sadie Lancaster im unglaublichen Alter von 105 Jahren stirbt. Die Beerdigung verändert jedoch alles, denn Lara erscheint plötzlich der Geist ihrer Tante, allerdings ist der Geist erst 23 Jahre alt und will unbedingt eine Kette wiederhaben. Nachdem sie mit einem Mordverdacht die Einäscherung stoppen kann, ist der Geist ihrer Großtante stets an ihrer Seiten und stellt ihr Leben komplett auf den Kopf. Aus unerklärlichen Gründen kann die Großtante ohne diese eine Kette nicht ihre letzte Ruhe finden und Lara muss sich mit Geheimnissen und sich selbst auseinandersetzen. Zwar ist Sadie ziemlich chaotisch, aber ein Mädchen das die Zwanziger im Blut hat, kann eben nicht anders. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach der Kette und stolpern über Ex-Traummänner, neue Männer und ein neues Lebensgefühl. Die zwanziger werden neu aufgelegt und zeigen ein neues Lebensgefühl. Und gerade, als sie sich aufeinander eingespielt haben und die beiden Freundinnen werden, taucht die Kette auf und ein Familiengeheimnis wird gelüftet.
Meine Meinung:
Oh mein Gott! Das Buch hat mich beeindruckt! Am Anfang, muss ich zugeben, habe ich unter dem Titel Charleston Girl etwas ganz anderes verstanden und natürlich auch erwartet, und dann kam dieses Buch, das von Seite zu Seite besser wurde. 
Das Cover hat mich zuerst nicht so angesprochen, weil es ein bisschen altmodisch erschien und ich auch nicht ahnen konnte, was dahinter steckt. Doch jetzt, wo ich das Buch zugeklappt und ausgelesen habe, macht alles einen Sinn, und es passt einfach. 
Ich muss sagen, Sophie Kinsella hat mit diesem Roman genau meinen Nerv getroffen, meinen Humor und mein Herz berührt. Und je mehr sich das Buch dem Ende näherte, hatte ich ein Satz im Kopf:
"Leben ist, was uns zustößt, während wir etwas ganz anderes geplant haben!"
Ich glaube, es gibt fast nichts, was das Buch besser beschreibt. Lara Lington, ein Charakter zum verlieben. Ein tollpatschiges Mädchen mit dem Gespür für perfektes Danebenbenehmen und Auffallen. Absolut liebenswürdig und mit Liebe zum Detail beschreit Kinsella ihre Protagonistin und schafft ein Mädchen wie dich und mich, dass sich mit dem Leben rumschlägt. Der Freund macht Schluss, von der besten Freundin im Stich gelassen, und dann noch ein Geist.
Dieser Geist, Sadie, eine unglaubliche Person, die mir am Anfang unglaublich unsympathisch war. Was für eine Zicke und absolut den Charakter einer 105-jährigen, frustrierten alten Frau, die ihren Willen durchsetzen will. Doch, je mehr sich die beiden anfreunden, umso merkt man, dass Sadie nicht anders kann, denn sie kommt aus einer anderen Zeit und ist in 'friedlicher Mission'. Das sie mit dem Suchen nach der Kette, nicht nur ihre letzte Ruhe findet, sondern auch das von Lara auf den Kopf stellt, ist ihr nicht bewusst, und augenscheinlich auch egal. Doch, soviel Chaos sie auch verbreitet, umso stärker leitet sie hinterher alles in die richtigen Bahnen und gar nicht so egoistisch wie gedacht.
Der Schreibstil hat mir unglaublich gut gefallen. Aus Sicht von Lara macht das Buch natürlich auch einen guten Eindruck, weil man sich selbst fühlt wie Lara und jedes Mal den Kopf mit schüttelt. Sophie Kinsella schafft es aber auch, einen natürlichen Charakter in einen normalen Alltag einzubetten, mit etwas besonderem. Der Schreibstil ändert sich, wenn Sadie redet, und man kann gut trennen, wer gerade was sagt oder macht. Und allein durch ihre Worte kann sie zwei Charaktere voneinander abtrennen und ihnen unglaublich viel Individualität geben. 
Die Geschichte wird nie langweilig, denn ständig passiert etwas Neues und Unerwartetes. Es wird spannend, romantisch, brisant, halsbrecherisch und vor allem nicht langweilig! An manchen Punkten passiert ziemlich viel parallel, aber eine Geschichte zieht sich durch das ganze Buch. Der Rote Faden bleibt bestehen. Die ganzen Nebenhandlungen sind unglaublich komplex und spiegeln das wahre Leben wieder, denn niemand lebt nur in seiner eigenen kleinen Welt. Man lernt die Familie von Lara kennen, in der jeder seine eigenen kleinen Macken hat, und in der bewusst auch Klischees bedient werden. Die überfürsorglichen Eltern, der abgehobene, reiche Onkel, die verwöhnte Cousine, die besserwisserische Schwester... und mittendrin Chaotin Lara, die es durch Sadie einmal allen zeigen kann und schließlich zu sich und ihrer wirklichen großen Liebe findet. 
Der Titel Charleston Girl passt in meinen Augen besser, als der Originaltitel, was ich nur selten sage, äußerst selten. Twenties Girl, beschreibt zwar auch, worum es geht, aber Charleston Girl trifft es auf den Punkt. Sie tanzen Charleston, sie tragen Charleston Kleider und benehmen sich wie echte Charleston Girls. Natürlich ist das ein Teil der Twenties gewesen, aber eben etwas spezielles. Obwohl Charleston absolut altbacken ist, kann Lara dadurch ein neues Lebensgefühl entwickeln und etwas neues entdecken und zu sich selbst zurück finden. Sie lernt das Leben zu schätzen und merkt, dass es mehr gibt, als das Hier und Jetzt. Wenn es auch das ist, was am Ende zählt, so können wir uns doch aus anderen Zeiten bedienen und uns unsere Gegenwart verschönern.
Sie probiert Neues aus und lernt Neues kennen. Sie lernt, dass man nicht immer an altem festhalten darf um sein Glück zu finden. Das Buch appelliert stark an unser Gewissen, vor allem das Ende, das noch einmal alles zusammenfasst. Wir sollten uns mehr um unsere Familie kümmern, auch wenn manche davon alt und in Pflegeheimen sind. Wir müssen Menschen das Gefühl geben, etwas zu hinterlassen und im Gedächtnis zu bleiben, wenn sie gehen. Wir müssen Beziehungen pflegen und nicht nur daran arbeiten. Eine Beziehung, in der einer mehr gibt, als der andere, kann nicht für immer halten. Und fremde Menschen, die auf den ersten Blick unsympathisch wirken, können zur Liebe unseres Lebens werden. Nur weil etwas alt ist, ist nicht gleich altbacken; Es kann immernoch Spaß machen, gut aussehen und Schwung ins Leben bringen - wenn man sich nur traut. 
Ein frischer und bezaubernder Roman, den ich jedem empfehlen kann, der Schmunzeln möchte, manchmal herzhaft Lachen oder eben den Kopf schütteln möchte. Ein abwechslungsreiches Buch, dass durch Echtheit besticht und alles ziemlich wirklich ist, bis auf den Geist. 
Wenn dieses Buch verfilmt werden würde, würde ich mir wirklich freuen! Jetzt werde ich mir weitere Bücher der Autorin holen, denn wie sie schreibt, berührt mich!
Als nächstes Lese ich 'Der Duftmacher' von Ina Knobloch.


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