Weiter geht es mit meinen Ideen, was für Bücher Ihr Euch selbst oder Euren Lieben unter dne Tannenbaum legen könntet. Heute habe ich ein ganz besondere Buch für Euch.
Kochbücher schreibt ja heute eigentlich auch schon jeder. Soll ich eine lästerliche Aufzählung beginnen? Die Liste reicht von Verona Feldbusch und dem Blubb bis zu….ach, egal. Also, erstmal stand ein Kochbuch von Martin Walker nicht ganz oben auf meiner “Haben-Wollen”-Liste. Martin Walker ist politischer Journalist und hat lange Jahre für den Guardian geschrieben. Die meisten von uns aber kennen ihn eher als Roman-Autor: in seinen Krimis um den Dorfpolizisten Bruno geht es nicht nur um Mord und Totschlag, sondern auch um politische Themen, um die Lebensart im Perigord – und ums Essen. Polizist Bruno ist ein leidenschaftlicher Koch.
Mein Interesse für das Kochbuch ist erwacht mit einem Interview in der Essen & Trinken. Martin Walker und seine Frau erzählen darin von ihrem Leben im Perigord und von der Entstehung des Buches. Man merkt den beiden an, welche Begeisterung für Kochen und Essen sie haben. Und spätestens als die beiden von ihren Hühnern erzählten, war es um mich geschehen. Da gibt es eine Henne namens Merkel und einen Hahn namens Sarkozy, der nun unter Eifersucht leidet, weil der Fasan Hollande ihm die Damen streitig macht.
Und worum geht es in dem Buch? Martin Walker nimmt uns mit in seine Wahlheimat, das Perigord. Brunos Kochbuch, so heißt es ja….und so drehen sich die Rezepte um das, was Bruno auf den Tisch bringt. Auch die kleinen Tipps, die man unter vielen Rezepten findet, sind in Brunos Namen verfasst. Dennoch….beim Lesen hat mich unweigerlich das Gefühl beschlichen….Martin Walker ist Bruno.
Als das Buch ankam, staunte ich erst mal. Diese Ausstattung: Leineneinband, Fadenheftung, Lesebändchen. Viele schöne, ganzseitige Fotos, nicht nur vom Essen, auch von Landschaft, Menschen, Grundprodukten. Ein Foto von Sarkozy gibt es auch – ein Prachtkerl
Die Rezepte werden nicht in der klassischen Menüfolge präsentiert – sie sind den Menschen gewidmet, die unsere Nahrungsmittel herstellen. Da gibt es den Gemüsebauern, den Angler, den Jäger, den Fleischer, den Käser, den Bäcker, den Sammler und den Winzer. Die Kapitel beginnen jeweils mit einer kleinen Einführung zum Thema – wir erfahren Interessantes über die Herkunft der Lebensmittel und die Menschen, die sie herstellen. Die Rezepte selbst entführen uns ins Perigord. Beispiele? Da gibt es die Sobronade, eine herzhafte Bohnensuppe, Forelle im Backpapier-Päckchen gebacken, Suppe aus Entenkarkassen, Boeuf à la Périgoudine, Tarte Tatine mit roten Zwiebeln und Ziegenkäse, Walnusstarte, Trüffelomelette, Hühnchen in Verjus….es sind französische Klassiker dabei, aber die meisten Rezepte haben einen Dreh, der einen direkt ins Perigord führt. Und natürlich sind viele Rezepte dabei, die man aus den Bruno-Romanen kennt. Dank der schön geschriebenen Einführungen erfahren wir, welche Produkte typisch für die Region sind und woher sie kommen. In den Rezepten werden sie dann verwendet.
Es ist eine herzhafte Küche, die hier vorgestellt wird. Viel Entenschmalz wird zum Braten verwendet, natürlich haben auch Trüffel und Foie Gras ihren Platz, ebenso wie Walnüsse und die vielen Käsesorten des Perigord. Abgerundet wird der Rezeptteil durch Brunos Küchennotizen, eine Mischung aus Glossar und Grundrezepten. Da gibt es unter anderem ein Rezept für Verjus – ich hoffe, ich kann nächstes Jahr unreife Trauben ernten, dann mache ich welchen – und ein Rezept für Croustade-Teig, das auch auf meiner Liste steht.
Und eine Zugabe gibt es auch: hinten im Buch ist ein kleines Booklet mit zwei kulinarischen Geschichten rund um Bruno und sein Dorf untergebracht.
Mein Buch ist gespickt mir Einmerkern – ein paar habe ich abgearbeitet. Wobei Arbeit jetzt der falsche Ausdruck ist.
Brot! Wenn ich Brotrezepte sehe, jagt es mich meist sofort in die Küche. Und wenn der Titel dann noch “Pain de Campagne” heißt, dann hält mich sowieso nichts mehr. Der Teig ist ein relativ einfacher Hefeteig mit Vorteig und längeren Gärzeiten – und das Ergebnis hat uns allen gut gefallen. Meinem Mann sogar so gut, dass ich den dezenten Hinweis anbringen musste, dass er noch was für ein Foto übrig lassen muss.
Was passt zu frischem Brot? Ein herzhafter Aufstrich oder Dipp. Aillou ist ein Knoblauchdipp auf der Basis von Crème fraîche oder Frischkäse. Ich habe mich für die “schlanke” Variante mit abgetropftem Joghurt entschieden, etwas anderes war gerade nicht im Haus. Eine schöne Sache – als Dipp zu Gemüsesticks, oder eben auf’s Brot.
Kaninchen mit Backpflaumen ist ein relativ rasch gemachtes Schmorgericht. Die Pflaumen werden erst in Rotwein eingeweicht; dieser kommt dann später in eingekochter Form zusammen mit Sahne an die Soße. Das Fleisch zart, die Sauce aromatisch – alles gut.
Pommes de Terres à la Sarladaise – das musste ich probieren, einfach deswegen, weil Sarlat so ein bezauberndes Städtchen ist. Die Kartoffeln nach der Art von Sarlat sind im Prinzip Bratkartoffeln, aber im Gegensatz zur deutschen Variante mit Zwiebeln und Kümmel werden die Kartoffeln nach dem Braten mit einer Persillade aus Petersilie und Knoblauch gewürzt. Eine nette Abwechslung.
Für die gegrillten Frühlingszwiebeln werden Frühlingszwiebeln kurz blanchiert, dann mit einer kleinen Vinaigrette vermengt und im Ofen gebacken. Das ist eine schöne, rasch gemachte Gemüsebeilage.
Manchmal denke ich, ich habe ein gewisses Talent dafür, aus Büchern die Rezepte herauszupicken, an denen ein Haken ist. Pamelas Fischpastete ist im Grunde Hachis Parmentier mit Fisch. Dafür wird Räucherfisch und Fischfilet zunächst sanft in Milch pochiert; zumindest bin ich davon ausgegangen; denn im Rezept steht nur “Herd” und “ziehen lassen” – von Hitze steht da nichts. Der nächste Stolperstein war die Mehlschwitze….75 gr. Butter, 50 gr. Mehl, 5 min köcheln lassen. Notfalls mit Milch verlängern – und wie ich da mit Milch verlängert habe. Am Ende des Rezepts soll man die Auflaufform nochmal für 30 min in den Ofen schieben…..da musste ich schnell nachsehen, ob der Auflauf wohl zweimal gebacken wird. Ich habe mich fast gefragt, ob dieses Rezept wohl einen anderen Übersetzer hatte. Aber: im Ergebnis war es köstlich: zwei Sorten Fisch, Garnelen, cremiges Püree mit Aillou – daran ist nichts auszusetzen.
Chou farcie hatte ich schon lange auf meiner Liste, habe mich aber nie so recht rangetraut – nun aber endlich. Ich habe einen Wirsing genommen; der wird blanchiert, zwischen den äußeren Blättern mit einer Hackfleischmasse gefüllt und dann im Topf geschmort. War gar nicht so kompliziert, wie ich befürchtet hatte. Und geschmeckt hat es auch – ein nettes, herzhaftes Gericht für die düsteren Tage in Herbst und Winter.
Herzhaft und unkompliziert ist auch der gratinierte Lauch: Lauchringe werden gebraten, Weißwein und Sahne gibt eine Sauce dazu. Das ganze kommt in eine Auflaufform , wird mit gebratenem Speck vermischt und mit Käse überbacken – auch hier: nicht kompliziert, aber fein.
Und, Fazit? Ich war vor Jahren mal im Urlaub im Perigord. Die Landschaft, die Menschen, das hat mich alles gleich gefangen genommen. Genauso ist es auch mit diesem Buch. Das liegt nicht nur an den schönen Rezepten. Martin Walker schreibt kenntnisreich und begeistert – ich möchte nicht nur loskochen, sondern auch Koffer packen und losfahren. Das Buch dürfte nicht nur den Fans von Martin Walkers Kriminalromanen gefallen, sondern jedem, der sich für die authentische französische Küche interessiert.
- Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
- Verlag: Diogenes; 2014
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3257069143
- € 28,90