Fakten:
Zwei vom alten Schlag (Grudge Match)
USA. 2013. Regie: Peter Segal. Buch: Doug Ellin, Tim Kelleher, Rodney Rothman. Mit: Sylvester Stallone, Robert DeNiro, Alan Arkin, Kim Basinger, Kevin Hart, Jon Bernthal, Han Soto, Griff Furst, Don Lake, Wendy Miklovic, Nicole Andrews, Joey Diaz u.a. Länge: 113 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.
Story:
Zweimal standen sich die Profi-Boxer Billy „The Kid“ McDonnen und Henry „Razor“ Sharp im Ring gegenüber, doch keiner konnte einen Sieg für sich verbuchen. Zeit also für einen großen Entscheidungskampf? Gewiss, nur wird der ganze 30 Jahre später ausgetragen, als die beiden Boxer weit über 60 und eigentlich längst in Rente sind.
Meinung:
In den 1970er Jahren galten sie nicht nur als schlagkräftige Kolosse des Sport-Kinos; sie haben die Filmwelt im Allgemeinen auch ungemein bereichert und durften diese im Nachhinein ebenso maßgeblich beeinflussen: Robert DeNiro in der Rolle des Jack La Motta in Martin Scorseses rauer Charakter-Studie „Wie ein wilder Stier“ und Sylvester Stallone als Underdog Rocky, der durch seinen Auftritt im gleichnamigen Klassiker zum Sieger der Herzen wurde. Ganz im Gegensatz zu Jack La Motta. Der kam zwar ebenfalls aus der Gosse kam und sich bis an die Spitze prügelte, war nicht ganz und gar nicht der Sympathiebolzen aus der Unterschicht, der nicht nur für sich, sondern auch für die Liebe kämpfte. La Motta war eine durch und durch gefühllose Bestie, ein in sich gefesseltes, egoistisches Scheusal, frei von jeder Nächstenliebe und komplett auf seine animalischen Triebe fokussiert. La Motta konnte erst dann Zufriedenheit verspüren, wenn seine Gegner zerfleddert vor ihm lagen, bewusstlos und blutüberströmt.
"Bringen wir den Mist schnell hinter uns, Bob."
Die Differenzen waren unübersehbar, der Erfolg jedoch gab beiden Recht, und es klingelten nicht nur die Kassen, sondern regnete auch jede Menge Auszeichnungen aus aller Herren Länder. Die Geschichte rundum den wilden Stier fand bereits 1979 ihren Abschluss und Jack La Motta endete – als logische Folge seiner schier endlosen Ignoranz und Überheblichkeit – in der Einsamkeit. Sylvester Stallone hingegen durfte noch ganze fünf weitere Male als Rocky in die Boxhandschuhe schlüpfen und wurde zum kultigen Aushängeschild wie echten Vorbild mehrerer sportbegeisterter Generationen. Nun, im Jahre 2014, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich die beiden Titanen in der Box-Komödie „Zwei vom alten Schlag“ auf der Leinwand gegenüberstehen und in selbstreferenzieller Manier zum Tänzchen bitten. An dieser Stelle kommt aber die gerechtfertigte Frage auf, ob die Menschheit denn ein solches Aufeinandertreffen überhaupt gebraucht hätte? Die Qualität des Endprodukts spricht eine mehr als überdeutliche Sprache: Nein!
"Zum letzten Mal, für The Expendables bist du zu jung."
Es hat schon seinen Reiz, die beiden Superstars gemeinsam vor der Kamera agieren zu sehen und ihnen den Spaß – den sie auch sichtlich haben - zu gewähren, ihre legendären Charaktere mit reichlich Selbstironie aufzubrechen. Das Ergebnis ihres – auf dem Papier – amüsanten Versuchs allerdings entpuppt sich schnell als ein herber K.O. in der ersten Runde. Dabei liegt es keinesfalls an Sylvester Stallone oder Robert DeNiro, die als ewige Kontrahenten Henry „Razor“ Sharp und Billy „The Kid“ McDonnen endlich die Chance bekommen, den wahren Champion im Ring zu ermitteln und die Rechnung zu begleichen, die Henry einst mit einem unerwarteten Rückzieher offenließ. Stallone ist dabei wieder ganz der Unterklassenliebling, der auf dem Bau seine Moneten verdient und sein schlichtes, aber ehrenhaftes Leben pflegt, während sich Billy wie einst La Motta abends auf der Bühnen sein Talent als Entertainer zum besten gibt. Das Drehbuch ist durchzogen von Querverweise und Anlehnungen, einige davon wissen auch zu gefallen, die Majorität dieser Referenzen verläuft allerdings zunehmend ins Leere, weil sie in ihrer massenhaften Anordnung einfach zu üppig erscheint.
Das Schlachthaus, wo Slys Karriere begann
Alan Arkin („Little Miss Sunshine“), der eigentlich immer tolle Performances abliefert, wird als Razor-Trainer Lightning vollkommen auf plumpe Gags auf Kosten seines Alters verdammt. Arkins Charme, dem selbst Ben Affleck in seiner pathetischen Pestbeule „Argo“ nichts anhaben konnte, ist nicht aufzuspüren, er ist ein nervtötendes Opfer der desaströs überspannten und schrecklich geschriebenen Witzchen, die das Drehbuch ihm am laufenden Band in den Mund legt. Nicht minder störend fällt auch die schwache Rolle von Kevin Hart („Scary Movie 3“) aus, der als ununterbrochen quasselnder Promoter wiedermal sein Talent für Comedy ausspielen soll, dabei aber rigoros scheitert, weil auch sein Charakter einzig auf dummes Geplänkel von der Seite reduziert wird. Neben dem gequälten Humor, darf natürlich auch die emotionale Komponente nicht fehlend, die den finalen Fight zwischen Razor und The Kid als große Klimax bereithält. Neben persönlichen Problemen hat natürlich nicht nur Egomane The Kid einen privaten Scherbenhaufen zu bieten, auch der gutmütige Razor muss mit einigen zwischenmenschlichen Dingen ins Reine kommen.
„Zwei vom alten Schlag“ suhlt sich permanent in stickigen Klischees, will seine Charaktere mit dem nötigen ernst behandeln und zu großen Emotionen aufrufen, muss sie aber auch durchweg in selbstreferenzielle Muster drängen, was natürlich zu einer erheblichen Dysfunktion in dem implementierten Umgang mit, naja, mit eigentlich allem führt. De Niro ist glücklicherweise mal wieder mit guter Laune vor der Kamera zu sehen und Stallone ist eben Stallone. An den beiden Streithähnen, die sich letzten Endes natürlich doch irgendwie ins Herz geschlossen haben, liegt das gnadenlose Scheitern des Films immerhin keinesfalls. Der Rest ist leider für Tonne.
3 von 10 beschissenen Altmännerwitzen
von souli