Review zu Tante NonNon!

Der deutsche Verlag Reprodukt nimmt sich aktuell vermehrt Gekiga-Manga des letzten Jahrhunderts an. Nach Shigeru Mizukis Hitler und Auf in den Heldentod, folgt nun ein Doppelband des Ausnahme-Künstlers. Wir haben ihn bereits für euch gelesen!

Seit Mitte November ist der Sammelband Tante NonNon offiziell auf Deutsch erhältlich. Im hochwertigen Großformat mit einigen Farbseiten und einem Flexicover, fasst Reprodukt die zwei Orginalbände zu einem 400 Seiten starken Gesamtband zusammen.

Handlung

Das Yokai-Segment ist in Japan ungebrochen groß. Maßgeblich verantwortlich für diesen Trend dürfte vor allem Zeichner und Autor Shigeru Mizuki sein, welcher ab 1965 mit seinem Manga GeGeGe no Kitaro seinen Durchbruch feierte. In diesem historischen Werk dreht sich alles rund um die Welt der Yokai. Doch entspringen die Geschichten nicht alleinig dem Geiste des 2015 verstorben Künstlers. So bezog er seine Inspirationen stets aus Geschichten seiner Kindheit. Eine Frau aus der Nachbarschaft, NonNon wie er sie nennt, war für den jungen Mizuki stets wie eine Großmutter.

Eben jenes Werk, Tante NonNon, widmete er ihr daher in Erinnerung und Dankbarkeit. Mizuki lebt als Junge in den 1930er-Jahren in einer kleinen Küstenstadt im Südwesten Japans. Zusammen mit seinem Vater - einem etwas eigensinnigen Akademiker und nun Bank-Angestellten - sowie seiner, aus gutem Hause stammenden, Mutter, die nur allzu gerne den Rang ihrer Familie betont. Das Paar hat drei Söhne.

Als die Zeiten schlechter werden, beschließt die Familie die Witwe eines buddhistischen Mönches aufzunehmen, da sich diese über Jahre zu einer guten Freundin der Familie entwickelte. Auch für die Kinder und insbesondere dem bereits zeichenbegeisterten Mizuki wird jene Tante zu einer Schlüsselfigur seines Lebens.

Tante NonNon hat stets eine Erklärung für alle Vorkommnisse und ist in ihrem Kern eine sehr gläubige und bescheidene Frau. Mit ihren Geschichten über die Yokai Japans erweckt sie eine besondere Faszination in dem jungen Mizuki - welcher bereits in jungen Jahren mit dem Tod seiner ersten Liebe konfrontiert wird. Zusätzlich lastet der elterliche Druck einer guten Schulbildung auf dem Kind. Eine Zuflucht findet er in seinen eigenen Manga.

Als eine neue Familie in ein angeblich von starken Yokai besessenes Haus zieht, ahnt Tante NonNon bereits ein großes Unheil voraus. Doch zieht mit der mysteriösen Familie auch ein wunderschönes Mädchen in das große Haus, welches Mizukis Leben ebenso wie Tante NonNon prägen wird.

Der Manga erzählt von traurigen wie erheiternden Zeiten und beinhaltet stets eine Spur des Fantastischen. Auch der Erwachsene Mizuki vergaß die Yokaigeschichten wohl nie und lässt mit seiner Interpretation der Figur NonNon eine der authentischsten und zugleich sympathischsten Figuren seines Ensembles an den Leser herantreten.

Auf 400 Seiten präsentieren sich dem Leser unzählige Eindrücke auf dem überwiegend autobiographischen Comic des Autoren und Zeichners, welchem in Japan sogar ein eigenes Museum gewidmet wurde. Und obwohl die Geschichte zahlreiche Fragen offen lässt, so ist sie in sich doch wunderbar stimmig und regt auch im Leser die Lust nach weiteren Yokai-Geschichten. 10,0 Punkte für die Handlung sind daher das Minimum.

Zeichenstil

Obwohl der Manga von 1977 stammt, sieht man dies dem Stil bei weitem nicht an. Vielmehr wirken die Illustrationen bewusst mit einem Retro-Flair belegt und dadurch geradezu modern. Dennoch ist die Detailverliebtheit klar dem Kopfe eines Zeitzeugen der 30er-Jahre entsprungen. Das Design der Schuluniform sei hier als anschauliches Indiz gegeben.

Aber auch die Darstellung der Yokai selbst, verbreiten ein wohliges Gefühl. In diesen Charakterdesigns steckt eine spürbare Zuneigung Mizukis zu der Thematik. Ebenso so herzlich stellt er Tante NonNon dar - voller Dankbarkeit. Die Zeichnungen sind klar und strukturiert und laden stets zum Weiterlesen der Geschichte des Jungen ein.

Das künstlerische Fluidum bestätigen wir mit weiteren 10,0 Punkten.

Perspektive

Wie bereits mehrfach angeschnitten, ist gerade die hervorragende Darstellung der Perspektive für die innige Atmosphäre des Gesamtwerks. Trotz zahlreichen herben Schicksalsschläge, welche Mizuki und dessen Familie erwarten, verliert der Leser nicht die Freude an der Geschichte. Keinesfalls aus Schadenfreude, aber maßgeblich aufgrund dem Charakter der NonNon.

Eine bodenständige Frau, die außer ihrem Glauben nichts besitzt. Die tiefe Verbundenheit des Autoren mit ihr, einer Person, an welcher er bis zuletzt leider nur wage Erinnerungen hatte, bildet das Werk exakt ab. Eine Note der Dankbarkeit Mizukis ist nicht zu leugnen.

Interessant ist auch das Selbstbildnis des jungen Künstlers, welcher sich gegenüber Gleichaltrigen in deren (gespielten) Straßenkriegen als Pazifist identifiziert. Die Abneigung gegenüber Feindseligkeiten soll sich bei ihm also schon früh entwickelt haben und verweißt in einer Weise natürlich auch auf die vorangegangen Kriegserfahrungen Mizukis zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, in welchem er von Malaria geplagt wurde und später durch einen Luftangriff der Alliierten seinen linken Arm verlor.

Die Perspektive bepunkten wir ebenfalls mit 10,0 Punkten.

Fazit

Obwohl sich der Manga formal wohl eher an ein ausgesuchtes Publikum richtet, scheint er überraschenderweise geradezu massentauglich zu sein. Historische Settings sollten dabei allerdings im eigenen Interesse liegen; ebenso wie einen Hang zu Folkloren.

Die hochwertige Ausstattung (Doppelband im Großformat mit Flexicover) ist dem Preis von 20 Euro vollkommen angemessen und verglichen mit Konkurrenzprodukten durchaus preiswert.

Zudem sprechen wir dem Verlag Reprodukt unseren herzlichsten Dank für die freundliche Zusammenarbeit und das Bereitstellungen eines Presse-Exemplares aus.

Hier kannst du Tante NonNon als (nachträgliches) Geschenk noch erwerben: Review Tante NonNon!

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