Review zu Abe Sada, Band 1

Im Folgenden bespricht unsere Redaktion ein Werk, dass historisch gesehen wohl zu den einflussreichsten Manga zu zählen ist. Aus der vierbändigen Reihe Inakden stellen wir Abe Sada vor - davon den ersten Band.

Im Großformat mit Klappenbroschur auf über 210 Seiten finden sich die ersten sieben Kapitel der Geschichte wieder. Bei einem Preis von 14,99 Euro (D) erscheint dies zunächst dennoch relativ teuer. Wir prüfen daher, ob es die Anschaffung wert wäre.

Handlung

Abe Sada ist nicht nur fiktive Figur, ihre Geschichte basiert auf der 1905 geborenen und gleichnamigen Frau. Als diese 1936 ihren Geliebten erdrosselt und mit dessen Penis flieht, ist der Schrecken groß: ein Skandal in Japan - doch bot dieser Inspiration für diverse Werke. Das kontroverse Werk weiß auf Deutsch zu gefallen.

So auch für diesen Manga von Kazuo Kamimura, Masako Togawa und Hideo Okazwaki. Dieser steigt mit einer Erzählung über einen vermeintlich verrückten Elefanten ein. Dieser beschäftigt die junge Sada. Auch sie könnte als verrückt bezeichnet werden - verrückt nach Sex, nach körperlicher Lust und Begierde. Das ist ihr bewusst.

In ihren jungen Jahren lernt Sada nicht ihre Lust zu beherrschen. Im Gegenteil: Ihre Bedürfnisse drückt sie immer stärker aus, sodass ihr Vater sie schließlich als Geisha an einen entfernten Verwandten verkauft. In dessen Dienste soll sie für die ihr vorgesetzten Kunden ein Programm der Unterhaltung vollführen. Dazu zählt insbesondere den sexuellen Wünschen und Begierden der zahlenden Kundschaft zu entsprechen. Dabei ist Sada mitnichten nur bei einem Freudenhaus beschäftigt. Aufgrund von Unstimmigkeiten ist sie gezwungen, die Etablissements bereits im Verlauf ihrer jungen Jahre zu wechseln.

Zum Ende des Bandes stehen noch zehn Jahre zwischen jenem eingangs beschriebenen Geschehnis und dem derzeitigen Stand der Handlung. Der Auftakt schildert somit die jungen Jahre des Freudenmädchens, in denen das Verhältnis zu ihrer Familie und eine Identitätskrise initial behandelt werden.

Das Werk ist wesentlich komplexer strukturiert als ein kurzer wie leserfreundlicher Text je aufbereiten könnte. Entsprechend entschuldigen wir uns bei den Fans der Reihe für diese fürwahr unwürdige Zusammenfassung. Zugleich möchten wir aber jeden mit Interesse an historischen Werken an Abe Sada heranführen.

Die Wertung von 10,0 Punkten steht außer Frage.

Zeichenstil

Ein beeindruckendes wie absolut zeitgenössisches Produkt visuellen Ausdrucks. Der Gekiga-Charakter, der Dinge wenig euphemisiert, liegt diesem fürwahr inne. Dies deckt sich stimmig mit der beschriebenen Handlung und deren Charaktere.

Zeichner Kazuo Kamimura zeigt auf, wie vielseitig sein Stil ist. Einerseits erinnern viele Darstellungen an politische Karikaturen, bevor diese plötzlich in wahre Kunstwerke der Strichführung überführt werden. Foto-realistische Abbildung ergänzen das Konzept.

Die Erotik wird abgebildet; sie ist präsent. Wenngleich primäre Geschlechtsorgane einer weißen Fläche als Zensurmethode weichen, sind die Positionen geradezu lüstern inszeniert. Dennoch überwiegt der düstere Aspekt der Zeichnungen.

Sehr symbolträchtig sind die Illustrationen darüber hinaus. Fokus liegt oftmals weniger auf dem Text als auf dessen visuellen Gegenstück. Diesen ist definitiv besondere Beachtung zu schenken. So drücken diese Emotionen aus, wenn auch nicht immer direkt lesbare.

Es obliegt dem Publikum diese Zeichnungen zu interpretieren. Sicherlich erscheinen diese stückweise grotesk, doch spricht dies für den Mut der Mangaka in den 1970er-Jahren. Heute ist diese Entschlossenheit zu nackt, zu ungeschönt und zu Thematiken dieser Art immer seltener vertreten. Vergleichbare Werke sind rar vorhanden - leider.

10,0 Punkte.

Perspektive

Ein Erzähler führt durch die Geschichte. Abe Sadas Gedanken und Gefühle sind selten direkt ausgedrückt. Vor allem, da die latenten Inhalte der Handlung vorrangig durch die beschriebenen Illustrationen sprechen.

Das heißt mitnichten, dass der Manga keinen Dialog enthält. Doch ist dieser vergleichsweise oberflächlich. Die Informationen des Erzählers sind dabei zumeist historischer Natur und stärken das Setting nachhaltig.

Fakten begegnen der Einladung zum Philosophieren, aber sicherlich auch zum Mitfühlen. Einerseits abschreckend, andererseits lüsternd zu beobachten. Das Werk richtet sich nicht an das Publikum, das in Manga ausschließlich Trivialliteratur versteht.

Für ein durchaus gehobenes Lesegefühl sorgt der erste Band bereits. Es bleibt spannend, wie auf den bekannten Ausgang weiter hingeführt wird. Die 10,0 Punkte für die Perspektive sind daher bereits jetzt selbstredend.

Fazit

Abe Sada ist definitiv ein besonderes Werk: Ich möchte es als grotesk-schön bezeichnen. Die dargestellten Inhalte könnten schockieren, sie könnten abstoßen, aber es ist diese Art der realitätsbezogen Darstellung, die viele andere Manga vermissen lassen.

Zwar ist die Geschichte bekannt, doch sollte dies nicht vor einem Kauf abschrecken. Erst das Eintauchen in beide Bände offenbart völligen Zugang zur Materie. Vorausgesetzt es ist die Bereitschaft zum aktiven Lesen gegeben. Der gesamte Umgang des Werks besteht mindestens aus der wahrgenommenen Handlung, den symbolträchtigen Zeichnungen sowie der historischen Einordnung des Werks.

Liebhaber entsprechender Werke ist dieses Werk möglicherweise bereits bekannt, aber besitzen sie es bereits? Die großformatige Klappenbroschur spricht für eine entsprechende Investition. Ein hochwertigeres Papier wäre allerdings wünschenswert gewesen.

Im Preis-Leistungs-Verhältnis ist der Titel dennoch als angemessen zu beurteilen. Zwar sind 15 Euro relativ teuer, doch erwirbt der Käufer ein besonderes Stück Kunst. Dieses gilt es wertzuschätzen und die Publikation durch Carlsen Manga monetär zu honorieren.

Wir sprechen abschließend herzlichen Dank an die Redaktion von Carlsen Manga für die Bereitstellung dieses wahrlich besonderen Titels aus.

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