Review: THE LIBERATOR - Eine Heldengeschichte im Zeitraffer

Review: THE LIBERATOR - Eine Heldengeschichte im Zeitraffer
Fakten:The Liberator (Libertador)VEN, E, 2013. Regie: Alberto Arvelo. Buch: Timothy J. Sexton. Mit: Édgar Ramírez, Erich Wildpret, María Valverde, Danny Huston, Iwan Rheon, Gary Lewis, Carlos Julio Molina, Alejandro Furth u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 14.8.2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:Anfang des 19. Jahrhunderts befindet sich Südamerika fest im Griff des spanischen Imperiums. Die einheimische Bevölkerung wird von dem übermächtigen Gegner gnadenlos erdrückt. Beeindruckt von den Ideen der französischen Revolution kehrt Simón Bolívar 1807 nach Venezuela zurück und schließt sich der Widerstandsbewegung an. Er steigt zum Anführer auf, unter dessen Führung sich schließlich ein ganzer Kontinent für die Freiheit erhebt…

Meinung:Der Name Simón Bolívar dürfte dem durchschnittlich gebildeten Mitteleuropäer relativ wenig sagen, in Südamerika gilt er als einer der größten Helden der Geschichte. Das heutige Bolivien wurde nach ihm benannt, dort trug er eine der zahlreichen Schlachten aus, mit denen er dem Kontinent seine Unabhängigkeit vom spanischen Königreich zurückbrachte. Ein Leben wie gemacht für einen Kinofilm, mit „The Liberator“ wurde sich diesem Vorhaben nun angenommen. Mit massivem Aufwand, zumindest für Nicht-Hollywood-Verhältnisse. Rund 50.000.000 Dollar wurden investiert (was man dem Film auch ansieht), mit Édgar Ramírez wurde ein international erprobter Darsteller für die Hauptrolle mit ins Boot geholt (beeindruckte durch sein intensives Spiel vor einigen Jahren in dem Mammutwerk „Carlos – Der Schakal“) und der Film wurde gar als bester fremdsprachiger Film ins Oscarrennen 2015 geschickt, schaffte es letztlich jedoch nicht in die engere Auswahl.

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Die Hoffnungen an „The Liberator“ sind auf dem Papier somit gar nicht mal so gering, zumal der (für uns) wahrscheinlich nicht so bekannte Hintergrund weit entfernt von uninteressant ist. Umso enttäuschender ist das Resultat, denn bis auf seine zugegeben üppige Präsentation bleibt der Film von Albert Alvero massiv hinter den Erwartungen und dem eigenen Anspruchsdenken zurück. Statt ein Porträt dieser sicherlich vielschichtigen, komplexen Figur abzuliefern und näher auf die Person hinter der Legende einzugehen – was wahnsinnig spannend wäre, denn schließlich gehörte Bolívar zur spanischstämmigen Oberschicht Venezuelas, die nicht zu den Leidtragenden der Besatzung zählten, was ein genaueres Hinterfragen seiner Motivation interessant macht -, hangelt man sich lieber an sachlich korrekten Fakten entlang und versucht krampfhaft, alle relevanten Stationen des Widerstandes irgendwie in den begrenzten Zeitrahmen von knapp zwei Stunden zu quetschen. Dem zufolge wirkt der Film narrativ rastlos bis panisch gehetzt, wird ein zeitlich sprunghaftes Abklappern von Momentaufnahmen, ohne direkt auf Zusammenhänge eingehen zu können. Es kommt einem bald vor wie einer DIA-Show: Man betrachtet ein Bild, lauscht den kurzen Erklärungen und ist gleich darauf am nächsten Ort. Was genau dazwischen geschehen ist und wie sich die Figuren in dem Jahrzehnte umfassenden Zeitraum entwickeln bleibt außen vor. Der Film erscheint so trotz einer klaren, linearen Handlung oft zerfahren, bruchstückhaft, auf das Notwendigste beschränkt und gibt gerade dem sonst so hervorragenden Édgar Ramírez gar nicht erst die Chance, sein Talent ausspielen zu können.

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Fast könnte er einem sogar etwas leidtun, denn die Oberflächlichkeit mit der das Geschehen behandelt wird, betrifft genauso seine Rolle. Er mimt den unerschütterlichen Gutmensch ohne jegliche (echte) Ecken und Kanten (die er selbstverständlich gehabt haben muss, nur kann/darf/will der als Ode an ihn verstandene Film das nicht eingestehen) mit tonnenschwerer Leidensmine, wacker gegen die teilweise unzumutbaren, von Pathos nur so triefenden Phrasen anspielend, die ihm in den Mund gelegt werden (-„Wer seid ihr?“ –„Ich bin das Volk!“). Das ist neben der Eindimensionalität und peitschenden Hektik der Erzählung das größte Manko an „The Liberator“: Er suhlt sich fast durchgehend in nur schwer erträglichem, heroischem Geschwafel. Schwülstige, aufgeblasene Textzeilen, für die Freiheit, die Ehre, blabla… In seinen schlimmsten Momenten erinnert das an Roland Emmerich’s Blockbuster-Schmierentheater „Der Patriot“, nur nicht ganz so peinlich. So furchtbar das alles ist, das selbsternannte Epos hat natürlich auch einige Vorzüge. Die Bilder von Kameramann Xavi Giménez sind imposant, nicht nur während der wenigen, dafür gerade durch den Verzicht auf jedwedes CGI-Gefummel eindrucksvollen Schlachtszenen. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen, eine detaillierte und authentische Ausstattung, insgesamt sehr kraftvolle Bilder, optisch ist „The Liberator“ zweifellos großes Kino. Inhaltlich dafür nur eine flache Beweihräucherung eines Mannes, dessen Geschichte vorgestellt, aber kaum erzählt wird.
Erzählen, genau das beherrscht „The Liberator“ nicht. Er bebildert Geschehnisse, einzelne Fixpunkte, lässt dagegen Zwischentöne aus und vernachlässigt die deutlich reizvolleren Hintergründe. Wie schaffte es Bolívar eigentlich, die verschiedenen Rassen, Kulturen- und Bevölkerungsschichten des Kontinentes zu vereinen und daraus eine schlagkräftige, siegreiche Armee zu formen? Keine Ahnung, am Ende kämpfen sie halt zusammen. Für so was nimmt sich der Film keine Zeit. Ebenso wenig wie für den Menschen hinter dem Helden. Das dürfte in der Form seiner nicht würdig sein obwohl man doch alles dafür tut, ihm ein filmisches Denkmal zu setzen. Dem Mythos wird es, dem echten Simón Bolívar kaum. Wie der ganze Film, alles nur eine hübsche Schale ohne Kern. 
4 von 10 Nationalhelden

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