Das Konzept der Verbindung von Stummfilm, Orgelkonzert, Architektur des Doms und religiösem Kontext ist ausgesprochen ambitiös.
Der Eröffnungsfilm der Reihe war Ben-Hur (1925). Der Pianist Carsten-Stephan Graf von Bothmer eröffnet in seiner Ansprache, dass der Geistliche, der den Film mit einer Predigt einleiten sollte, abgesagt habe.
Er betont seine Idee der gedanklichen Auseinandersetzung, der Gegenüberstellung, der in der Domkuppel eingelassenen Seligpreisungen mit dem Film. Das Licht geht aus und der Film beginnt. Nur das Wandgemälde der Seligpreisung wird noch beleuchtet. Die Akkustik im Dom ist großartig, der Film ein Klassiker. Neben der Leinwand steht noch eine, etwas kleinere Leinwand, die live die Hände des Pianisten zeigt, wie er die Orgel spielt. Es scheint er wolle auf seiner Orgelempore nicht aus dem Bewusstsein der Zuschauer verschwinden. Auch der Pianist will gesehen werden und die visuelle Aufmerksamkeit nicht gänzlich an Ben-Hur abtreten. Graf von Bothmer ist ein sehr guter Komponist, der, teilweise experimentell, dem Film eine besondere Intensität und Ernsthaftigkeit verleiht. Die Musik an sich stellt sich als Medium nicht in den Mittelpunkt. Den Kompositionen gelingt es den Film zu tragen, den dramatischen Szenen Pathos zu verleihen und die Szenen, die wir heute als komisch empfinden, die aber keineswegs komisch intendiert waren, nicht ins Lächerliche abgleiten zu lassen.
Trotzdem gelingt die Wechselwirkung und das Zusammenspiel der Medien Film, Musik, Architektur und Malerei nur teilweise. Ab und zu legen sich die Köpfe der Zuschauer in den Nacken, die angeleuchtete Seligpreisung in der Kuppel wird betrachtet, der Plot des Films entwickelt sich, Zwischentitel und Dialoge der Protagonisten werden eingeblendet, die Musik erfüllt den Dom und dann sind da noch die Hände des Pianisten. Die Ansprüche, die dieses 142 minütige Filmerlebnis an das Publikum stellt, sind sehr hoch. Es bleibt natürlich jedem Zuschauer bzw. Zuhörer selbst überlassen, welchem Medium er seine Aufmerksamkeit schenken möchte. Die Auswahl ist ja groß genug.
Weitere Termine:
20.01.12, 20h, Berlin. Sinfonie der Großstadt, [Walter Ruttmann, D 1927]
Die Großstadt als Hauptdarsteller.
„Selig sind die, die Frieden stiften.“
21.01.12: 20h, Panzerkreuzer Potemkin, [Sergej Eisenstein, UdSSR 1925]
Revolutionsfilm. Eisensteins Meisterwerk.
„Selig sind die, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit.“
Berliner Dom, Am Lustgarten, 10178 Berlin
Kartentelefon: 030 / 202 69 136
Stephan Graf von Bothmer © Festival des deutschen Kinos Mainz
Ben-Hur © Warner Bros.