Ob Norman Bates noch lachen kann, wenn er die "Psycho"-Sequels gesehen hat?
Alfred Hitchcocks „Psycho“, der neben „Die Teuflischen“ zu den Geburtshelfern des Psycho-Thriller-Genres gehört, ist ohne Zweifel ein absolutes Meisterwerk, welches auch heute, nach über 50 Jahren, zur cineastischen Speerspitze gehört. Doch ein Klassikerstatus schützt nicht vor Sequels und Remakes. Unser souli hat sich mal die drei „Psycho“-Fortsetzungen angesehen und stellt konsterniert fest: „Es stetiger Weg abwärts.“
Hier geht’s zur Review des ersten und besten Teils.Eigentlich müsste man „Psycho II“ verabscheuen – einfach aus Prinzip. Allerdings darf man sich allen Unkenrufen zum Trotz über die mutige Fortsetzung von Alfred Hitchcocks Meisterwerk aus dem Jahre 1960 in gewisser Maßen freuen, schließlich ist hier weder die respektlose Entmystifizierung des Originals eingetreten, die vorab wohl jeder erwartet hat, noch erweist sich Richard Franklin, der angeblich engen Kontakt zum pummeligen Master of Suspense pflegte, als profitgeiler Dilettant, der ein einst erfolgreiches Konzept noch einmal auf Sparflamme nach allen Regeln der Kunst instrumentalisieren möchte. Nein, „Psycho II“ ist allein aufgrund seiner Ausgangslage, in der Norman Bates nach über 20 Jahren aus der Psychiatrie entlassen wird und durch die Dämonen der Vergangenheit an der erstrebten Resozialisierung scheitert, interessant gestaltet. Dabei oszilliert das Drehbuch zwischen schizophrener Charaktertragik und tributzollenden Horrorelementen, während Anthony Perkins in seiner Paraderolle eine erhebliche Bandbreite an Emotionen abdecken muss, ohne sich komplett zum Affen zu machen. Mit der intensiv-komplexen Klasse von „Psycho“ kann „Psycho II“ natürlich nicht mithalten, dennoch erweist sich Franklins Werk als nahezu durchgehend spannend, atmosphärisch gefilmt und von Jerry Goldsmith stimmig unterstrichen, auch wenn Meg Tilly in den Seilen hängt und das Finale…Naja. Durchatmen.
6 von 10 mütterlichen RatschlägenEndlich hat sich das bestätigt, was der geneigte Fan von Alfred Hitchcocks „Psycho“ schon bei Richard Franklins Fortsetzung erwartet hat: Norman Bates ist im Reich der psychotischen Knallchargen angekommen. Besonders tragisch, da sich Anthony Perkins höchstpersönlich auf den Regiestuhl gehievt hat und es kaltschnäuzig zulässt, das seine legendäre Rolle als introvertiertes Muttersöhnchen beinahe bis zum Anschlag diffamiert wird. Perkins selbst actet sich dabei über die Grenzen der charakterbezogenen Schmach hinaus und stellt sein inszenatorischen Unvermögen kläglich unter Beweis, in dem er sich zunehmend in parodistischen Denkzetteln des Originals verirrt und durch die aufgesetzt-religiöse Bumssymbolik einen Ton anschlägt, der im Kontext seiner 80er-Jahre-Entstehung zeitgemäß sein mag, dem „Psycho“-Franchise aber gezielte Magentritte verpasst, die wohl vor allem dem Meister im Grabe schmerzen dürften. Am Ende bleibt ein infantil-alberner Teenie-Slasher, mit durchgeschnittenen Kehlen und blanken Titten, aber mit dem einstigen Meisterwerk hat der Rotz nur noch äußerst rudimentär zu tun.
3 von 10 toten NonnenDie modrige Perücke passt endgültig nicht mehr auf den Kopf des schizoiden Muttersöhnchens, und wer gedacht hat, dass das „Psycho“-Franchise nach dem desaströsen dritten Teil nicht noch respektloser in die pejorativen Untiefen taumeln könnte, der täuscht sich in rigorosem Ausmaß. Mick Garris' strunz dummer TV-Ableger mit dem unheilvollen Beitel „The Beginning“ ist eine grenzenlose und über jeden Zweifel erhabene Impertinenz sondergleichen, die nicht nur den Anhängern des ersten Teils zu kinski'schen Tobsuchtsanfällen zwingt, „Psycho IV“ glänzt auch als autonomes Stückwerk in ausnahmslos jedem Bereich mit wahrhaft erstaunlichen Inkompetenz. Norman Bates (Ein Schatten seiner selbst: Anthony Perkins) ruft bei einem amerikanischen Radiosender mit dem passenden Tagesthema Matrize an, bei dem ein weiblicher Domian-Verschnitt auf der anderen Seite wartet, und jammert sich den Kummer richtig schön vom psychotischen Seelenkäfig. Anhand von billigen Flashbacks wird der Zuschauer dann mit dem Teenie-Norman (Milchbubihaft und ebenso ausdruckslos: Henry Thomas) konfrontiert, einem weinerlichen Ödipussi, der mit Dauerlatte in Frauenkleidern im Wandschrank lümmelt und seinen dominanten Elternteil auch gerne mal beim Bumsen durchs Guckloch in der Wand beobachtet. Eine wirklich schlüssige, ansatzweise substanzielle Auseinandersetzung mit Normans psychischen Probleme und der daraus resultierenden Motivation für seine mörderischen Taten sind utopische Gedankenschleifen optimistischer Randläufern. Die effektuierte Konzeption beharrt auf ihrer dumpf-debilen Küchenpsychologie(sierung) und lässt Norman – demonstrativ banal – schlussendlich das einst so schaurige Bates Hotel abfackeln, um dem einst bemitleidenswerten wie angsteinflößenden Psychopathen als Familiendaddy in sein weißes Suburbia zurückzuschicken. Denkmal-, Grab- und Kunstschändung.
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