Review: JACK RECHNET AB - Leg dich nicht mit Carter an


Review: JACK RECHNET AB - Leg dich nicht mit Carter an                                                                                       
Fakten:Jack rechnet ab (Get Carter)GB, 1971. Regie: Mike Hodges. Buch: Mike Hodges, Ted Lewis (Vorlage). Mit: Michael Caine, Ian Hendry, Britt Ekland, John Osborne, Tony Beckley, George Sewell, Geraldine Moffat, Dorothy White u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray (Import) erhältlich.
Story:Da sein Bruder ermordet wurde, reist Jack Carter nach New Castle. Er will nicht nur an der Beerdigung teilnehmen, er will deren Gründe herausfinden. Er taucht ein in die Unterwelt, die ihn nicht gerade mit offenen Armen empfängt.
  
Meinung:-„War er schlimm zugerichtet?“-„Wir kriegen Schlimmeres.“
Ein grobkörniger Rohdiamant des europäischen Genrekinos. Nicht umsonst wurde mit „Get Carter – Die Wahrheit tut weh“ ein bemühtes, aber belangloses US-Remake zum angestrengten Karrierepush von Sylvester Stallone („Rambo“) zusammengeschraubt, mit mäßigem Erfolg (wie alles in der Zeit). Der „echte“ Jack Carter Michael Caine („Dressed to Kill“) durfte dort ein kleines Cameo beisteuern, hat wenig geholfen.

Review: JACK RECHNET AB - Leg dich nicht mit Carter an

Jetzt wird Tacheles geredet...

Caine wurde als zweifacher Oscargewinner („Hannah und ihre Schwestern“; „Gottes Werk und Teufels Beitrag“) erst spät geadelt, nachdem er sich vorher schon durch etliche Genrefilme - mal mehr, mal weniger sehenswert - gekämpft hatte. Selten durfte er dabei einen so harten Knochen wie hier spielen, der dennoch eine kühle Erhabenheit ausstrahlt. Dieser Film gilt trotz seines Kultstatus immer noch als Geheimtipp, dabei sind Rachethriller heute höher im Kurs als jemals zuvor, bezogen auf die Massenkompatibilität. "Jack rechnet ab“ ist ein eiskaltes, hochfunktionelles Genreuhrwerk; ein moderner UK-Großstadtwestern mit Anleihen bei „Point Blank“ und „Der eiskalte Engel“, trotzdem völlig autark und mit massivem Selbstbewusstsein im Rucksack. Michael Caine ähnelt in der Rolle des knallharten, dennoch eloquenten Raubeins dem eleganten Ganovenbilds eines Jean-Pierre Melville („Der Teufel mit der weißen Weste“) wie dem eruptiven Einzelgängers eines Sam Peckinpahs („Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“). Irgendwo dazwischen positioniert sich auch „Jack rechnet ab“, der eine lineare, recht schlichte Auge-um-Auge-Geschichte in exzellenten Momenten und Stimmungen verkaufen zu weis. Geölt mit einem bitteren, zynischen Witz, läuft die Maschine schnell ohne Ausreißer nach links oder rechts auf Hochtouren, verzichtet auf oberflächlich-künstlerisch wertvolle Eleganz, eher umwickelt in Zeitungspapier und mit bitterem Essig abgeschmeckt. Abgesehen davon und nicht zuletzt dadurch definiert ist dieser Film unfassbar ästhetisch in seiner räudigen Vorgehensweise, nicht so chic wie damals aus Frankreich, eben mit dem Geruch der Insel. Straight, wuchtig und aggressiv.
Über allem wütet der brachial-gute Michael Caine, der sagenhafte Score von Michael Budd, die schnurstrake Regie von Mike Hodges („Auf den Schwingen des Todes“) und dieses abartig gute, weitläufige Finale, das den Kern des Films ohne Firlefanz, kurz und bündig auf den Punkt bringt. Schlicht, hart, ehrlich, ohne Zugeständnisse. Fertig. So einfach, ruppig, so angenehm reißerisch, so gut kann Revenge-Kino sein…oder ist das schon vorbei? Wahrscheinlich schon, denn so konsequent wie (mit) Jack rechnen die heutigen Racheengel nicht mehr ab. 
7,5 von 10 überraschenden Todesfällen

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