Review: FAST & FURIOUS 6 - Willkommen im Tal der physikalischen Grenzenlosigkeit

Review: FAST & FURIOUS 6 - Willkommen im Tal der physikalischen Grenzenlosigkeit Fakten:
Fast & Furious 6
USA. 2013. Regie: Justin Lin. Buch: Chris Morgan. Mit: Vin Diesel, Paul Walker, Dwayne Johnson, Luke Evans, Sung Kang, Michelle Rodriguez, Tyrese Gibson, Gina Carano, Jordana Brewster, Chris „Ludacris“ Bridges, Gal Gadot Joe Taslim, Rowena Diamond, Paul Blackwell, Kim Kold, Stephen Marcus, Shea Whigham, Jason Statham, Lee Craven, Lee Asquith-Coe, Clara Paget u.a. Länge: 131 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.
Story:
Nach ihrem Coup in Rio ist die Crew von Dominic Torreto auf der Flucht und über den ganzen Globus verteilt. Doch FBI-Agent Luke Hobbs findet ihn und unterbreitet ihm ein Angebot. Wenn Toretto und sein altes Team dabei helfen den Ex-Elitesoldaten Owen Shaw zu finden und dingfest zu machen, erhalten alle Team-Mitglieder Amnestie und dürfen zurück in die USA. Außerdem arbeitet Owen mit jemanden zusammen, der einst zu Torettos Familie gehört.


Meinung:
Nachdem Rob Cohen im Jahre 2001 den Hochgeschwindigkeitsböller „The Fast and the Furious“ in die Kinos brachte, waren die Weichen dank des enormen Erfolgs schnell auf Fortsetzungswahn gestellt. Nachdem aber sowohl „2 Fast 2 Furious“ und „The Fast and the Furious: Tokyo Drift“ kommerziell wie qualitativ nicht mehr an das bereits mäßige Format des Erstlings anknüpften konnte, hat sich die Reihe um illegale Autorennen und (un-)coole Bleifüße schnell selbst den Wind aus den Segeln genommen. Aber Totgesagte leben ja bekanntlich länger und obwohl die Skepsis verständlicherweise im Vorfeld Oberhand gewann, zeigte sich Justin Lins „Fast & Furious – Neues Modell. Alte Teile“ von 2008 als geglückte Reanimation des Franchise auf vier Rädern, nur um die Reihe dann mit „Fast & Furious Five“ 2011 in ungeahnte Höhen zu bugsieren. Natürlich war die Vorfreude auf den sechsten Teil dementsprechend hoch - vor allem weil Lin die „F&F-Serie nicht mehr nur für objektophile Vehikel-Streichler schmackhaft machte – doch „Fast and Furious 6“ erweist sich nicht als die erwünschte Steigerung, sondern schaltet einen Gang zurück.

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Gestatten, das F&F-Flughörnchen

Man muss sich dabei natürlich immer deutlich vor Augen halten, mit welcher Art von Film wir es hier zu tun bekommen. Wirklich stringente Kriterien darf man „Fast and Furious 6“ einfach nicht unterziehen, schließlich ging es keinem der Beteiligten je darum, hier wirklich ernsthafte Ware abzuliefern und den Zuschauer in irgendeiner Weise zu fordern. Nein, es war bereits im ersten Teil so, dass „Fast and Furious“ den Anspruch immer auf den Unterhaltungsfaktor gelegt hat und der Zuschauer dem eigenen Gehirn bei vollkommener Stille langsam beim Zerschmelzen zuhören konnte. Während Teil 1 eben noch den Beifall der Autofreaks auf seiner Seite hatte, verloren sich die zwei Nachfolger schlagartig in einem Sumpf aus lustlosen Selbstzitaten und langweiligen Actionmontagen, die immer mit viel Bling-Bling und Krach-Bumm in Szene gesetzt wurden, aber das Interesse des Zuschauer hinsichtlich der Verfolgung dieses endlosen Blödsinns schon lange nicht mehr wecken konnten. Lin ging daher den einzig richtigen Weg: Er durchbrach die mickrig-auferlegten Grenzen und entwarf waschechtes Hau-Drauf-Kino – mit brodelnden Pferdestärken.

Wo sich „Fast and Furious 5“ dann als zünftige Spaßgranate im Old-School-Mantel definieren ließ, waren die Hoffnungen auf ein solch (ähnlich) wiederholtes Erlebnis schwellenlos. Und auch in „Fast and Furious 6“ macht Regisseur Lin eigentlich mehr richtig als falsch, denn wenn die physikalischen Gesetze vollkommen außer Kraft treten, Panzer im dichten Verkehr Brücken zerstören, Flugzeuge konsequent zerlegt werden und die Zerstörungsorgie in vollem Lauf ist, entwickelt der Film genau das Feeling, welches man sich als Fan des fünften Teiles nur erhofft hat. Über das mehr als schwachsinnigen Drehbuch braucht man per se eigentlich keine Worte verlieren, die Story ist hohl, die Figuren nach wie vor überstilisierte Abziehbildchen heroischer Männerträume, doch wo „Fast and Furious 5“ seine zweistündige Laufzeit ohne jeden Durchhänger von Anfang bis Ende problemlos ausfüllen konnte und die Adrenalinspritze nie an ihr Limit gelang, besitzt „Fast and Furious 6“ zwischenzeitig einfach zu viel Leerlauf, der die Überbrückung von einer fulminanten Sequenz zur nächsten viel zu deutlich in den sich streckenden Fokus rückt.

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Hobbs (r.) und sein Team sind auf der Jagd

Die alte Crew um Dominic Toretto (Vin Diesel) und Brian O’Connor (Paul Walker) ist dem Kenner ja schon irgendwie ans geölte Herz gewachsen, und das obwohl mal keinesfalls vorwurfsvoll behaupten darf, dass diese Figuren einfach keinen echten Charakter besitzen. Wir bekommen es nach wie vor mit Machos, Großschnauzen, Draufgänger und Muskelbergen zu tun (Die Besetzung von Charismabolzen Dwayne Johnson erweist sich nach wie vor als extremer Glücksgriff). Aber die Gruppe hat ein bodenständiges Auftreten, den man sich gerne anschließt. In „Fast and Furious 6“ werden jedoch am Rande der Geschichte Themen wie ein schläfriger Familien-Kodex und die Bekehrung der alten Liebe in die Narration eingebaut. Daraus resultiert, dass versucht wird, den Figuren ein Maß an Menschlichkeit einzuführen, was sich einfach nur kontraproduktiv auf das gesamte Konzept auswirken konnte. In „Fast and Furious“ gibt es einfach keinen Tiefgang und „Fast and Furious“ wird es nie Tiefgang geben. Jeder Versuch, diesen krampfhaft zu evozieren und den sympathischen Schablonen ein echtes Eigenleben einflößen zu wollen, durchbricht die Sphären des Franchise und drosselt die Freude an dem übertriebenen Humbug erheblich.

Letztendlich ist „The Fast and Furious 6“ weit davon entfernt die Brandmarkung „Komplett Durchgefallen“ zu erhalten, dafür ist das Ganze eben doch zu unterhaltend und in seiner verblödeten Überspitztheit zu schön anzusehen, aber der große Wurf wie Teil 5 wurde es bei Weitem nicht und und Lins dritte Regiearbeit im „The Fast and Furious“-Mikrokosmos muss sich seinen Platz im Tal der kleinen Enttäuschungen durchaus gefallen lassen. Teil 7 ist zwar nur noch eine Frage der Zeit, doch dann sollte das wieder das altbewährte Prinzip gelten: Wenig Gequassel, viel charismatischer und motorisierter Lärm ohne Kommata. Böse kann man „Fast & Furious 6“ dann aber doch nicht wirklich sein.

5 von 10 explodierenden Flugzeugen bei Nacht

von souli


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