Fakten:
Cold Blood (Deadfall)
USA. 2012. Regie: Stefan Ruzowitzsky. Buch: Zach Dean. Mit: Eric Bana, Olivia Wilde, Charlie Hunnam, Kate Mara, Sissy Spacek, Kris Kristofferson, Treat Williams, Kevin Desfosses, Alain Goulem, Allison Graham, Patrick Kerton u.a. Länge: 94 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Die Geschwister Addison und Liza sind nach einem Überfall auf der Flucht und versuchen nach Kanada durchzukommen. Nach einem Autounfall im winterlichen Norden der USA beschließt Addison, dass es besser ist wenn sie sich trennen und versuchen einzeln über die Grenze zu kommen. Während Addison mit Gewalt weiter gen Grenze kommt, fährt Addison bei Ex-Boxer Jay als Anhalterin mit, der gerade frisch aus dem Knast kommt und ebenfalls auf der Flucht ist.
Meinung:
Der österreichische Regisseur Stefan Ruzoowitzsky darf nach seinem Oscar für sein KZ-Drama „Die Fälscher“ sich nun auch in Hollywood versuchen. Warum auch nicht? Ruzowitzsky war schon immer offen für die Mechaniken der Traumfabrik. In den 1990er war er einer der ersten, der amerikanischen Slasher-Horror nach Deutschland transportierte. Das Ergebnis: „Anatomie“ und „Anatomie 2“, zwei finanziell erfolgreiche Genre-Vertreter. So blutig wie beim Hippokraten-Horror geht es in seinem Hollywood-Debüt aber nicht zu. Dennoch, den roten Lebenssaft bekommt der Zuschauer auch in „Cold Blood“ zu Gesicht, einem Film, der darunter leidet, dass er versucht mehr zu sein, als er ist.
Geld bringt Probleme, das weiß auch Liza (Olivia Wilde)
Bereits nach einer halben Stunden ist in „Cold Blood“ alles gesagt, was gesagt werden muss, um die eigentliche Thematik hinter dem Gangster-auf-der-Flucht-Film zu erkennen und auch die Ausrichtung und Funktionalität des Showdowns kündigt sich lange vorher an, so das Stefan Ruzowitzskys Crime-Drama recht schnell müßig wirkt. Vielleicht im Wissen darüber, vielleicht aus reiner Prestige, versucht „Cold Blood“ seinen Leerlauf und seine Vorhersehbarkeit mit graphischen Bildergewalten aus Menschen die im weiten Weiß Nordamerikas anscheinend gen Nirgendwo marschieren, zu verbergen. Doch aus diesem, oftmals an einen Western erinnernden, bildlichen Formbogen entspringt nichts, was die Verfehlungen des Thrillers wirklich retuschieren können. Die steife Dramaturgie, die synthetischen Charaktere und die ideenlose Geschichte lassen sich auch mit den weitesten Totalen nicht schönreden. Vor allem dann nicht, wenn „Cold Blood“ so tut, als würde er interessante Mysterien besitzen. Die Wahrheit sieht aber anders aus. Hinter der Geheimniskrämerei liegt nicht mehr als dramaturgische Einfallslosigkeit. Wenn sich Addison (Eric Bana) und Liza (blass wie so oft: Olivia Wilde) trennen und beide eine entgegengesetzte Entwicklung durchmachen, fehlt die nötige Intensität. Zwar wird immer wieder gemordet, gevögelt und geweint, aber nur innerhalb von sehr inspirationslosen und arg konzipiert wirkenden Phasen.Addison in Old-Shatterhand-Jacke
Im Zentrum von „Cold Blood“ steht die Familie. Gleich drei Familiengeschichten werden hier erzählt und ineinander gepackt, aber keine von ihnen erreicht einen befriedigenden Level. Ohne größere Raffinesse werden die typischen Standards aus Gangster- und Familiendrama zuerst einzeln abgehandelt und später dann zusammen verwirbelt. Das Ergebnis: unglaubwürdiges und überspitzes dramaturgisches Posing. Allgemein leidet Ruzowitzskys Film unter einem inszenatorischen Ungleichgewicht. Immer wieder wird versucht die Ereignisse eleusinisch zu machen, das Ergebnis ist nicht mehr als krude und phantasielos, weil „Cold Blood“ letztlich alle benutzen Facetten, die ihn andersartig erscheinen lassen, wieder fallen lässt, um sich auf das familiäre Zentrum zu konzentrieren, welches letztlich eh den gesamten Film dominiert. So ist „Cold Blood“ ein optisch interessanter Film, der durch seine Weite größer wirkt, als er in Wirklichkeit ist. Als geradliniger Thriller, in dem schon mal der eine oder andere Tropfen Blut in den Schnee fließt, wäre er durchaus ein Genre-Werk gewesen, welches goutierbar wäre, aber durch seine thematische Überladung, die hölzern voranschreitet und das Grundsolide des Films fortgehend zerfrisst, bleibt „Cold Blood“ nicht mehr als ein Blender, der dazu, und das ist seine größte Verfehlung, niemals den Spannungsgrad erreicht, den er benötigt, um zumindest als logikfreier Groschenroman-Thriller zu funktionieren.3 von 10 Familienfeiern