Review: ANOTHER YEAR – Die vier Jahreszeiten der Einsamkeit

Review: ANOTHER YEAR – Die vier Jahreszeiten der Einsamkeit
Fakten:
Another Year
GB. 2010. Regie und Buch: Mike Leigh. Mit: Jim Broadbent, Ruth Sheen, Lesley Manville, Oliver Maltman, Peter Wight, David Bradley, Martin Savage, u.a. Länge: 129 Minuten. FSK: Ohne Altersbeschränkung. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Das Ehepaar Tom und Gerri lebt seit vielen Jahren glücklich zusammen. Doch da es vielen Personen in ihrem unmittelbaren Umfeld nicht so gut geht, werden Tom und Gerri zur zentralen Anlaufstelle für diese einsamen Herzen. Ein Jahr lang, eingeteilt in die vier Jahreszeiten, sehen wir nun mit Hilfe des Ehepaares, welche Probleme andere Menschen haben und welche Form von Einsamkeit sie ertragen müssen.


Meinung:

Frühling, Sommer, Herbst und Winter. „Another Year“ erzählt ein Jahr im Leben des Ehepaares Tom und Gerri. Tom (Jim Broadbent) ist Geologe und Terri (Ruth Sheen) arbeitet als Therapeutin und die beiden leben seit vielen Jahren glücklich verheiratet und in Harmonie miteinander. Doch viele Menschen um sie herum sind nicht so glücklich und wenden sich deshalb immer wieder an das freundliche Ehepaar, das für jeden ein offenes Ohr hat. So avancieren die beiden zum zentralen Treffpunkt, der die unterschiedlichen Personen und ihre Geschichten zusammenführt. Sie vereinen kleine Geschichten über Liebe, über Vertrauen, über Trauer und über Freundschaft.

Review: ANOTHER YEAR – Die vier Jahreszeiten der Einsamkeit

Können Ronnie und Mary ihre Einsamkeit überwinden?

Eigentliches Thema aber ist das Alleinsein. Gerri und Tom treten hier eben als Anlauf-, als Therapiestellen für die einsamen Herzen in ihrem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis auf. Dabei werden sie mit den unterschiedlichsten Formen von Einsamkeit und den damit einhergehenden Problemen konfrontiert. Der eigene längst erwachsene Sohn Joe (Oliver Maltman), der, relativ still und unscheinbar, hart daran zu knabbern hat, dass er keine Freundin findet. Die mittlerweile in die Jahre gekommene Mary (Leslie Manville), eine Arbeitskollegin von Gerri und eine gute Freundin der Familie, die mit einem Freund Toms verkuppelt werden soll, die sich aber zwischen all ihrer Neurosen in eine einseitige und unerwiderte Liebe zum viel jüngeren Joe stürzt. Keine Chance auf Erfüllung, was die kaputte Mary noch stärker in ihre Depression fallen lässt. Und schließlich ist da auch noch Toms Bruder, der wortkarge Ronnie (David Bradley). Seine Frau ist gestorben, seine Kinder sprechen nicht mit ihm und er, der eigentlich nie für sich selbst gesorgt hat, muss das nun tun – wenn ihn die Einsamkeit nicht auffrisst.

Review: ANOTHER YEAR – Die vier Jahreszeiten der Einsamkeit

Gerri und Tom haben für alle ein offenes Ohr

Es ist außerdem sehr schön zu sehen, dass hier keine Topmodels auftreten, keine superschönen, superreichen, superklugen Figuren, sondern einfach Menschen wie du und ich. Mit normalen Problemen, normalem Verhalten, normalen Ängsten und Hoffnungen. Und alle ein wenig schrullig. Das verleiht dem Film unheimlich viel Authentizität. Jim Broadbent dürfte wohl der bekannteste Darsteller des Casts sein. Dass er hier auftritt, kann aber eigentlich nicht verwundern, denn eine solche Rolle wie die des gewitzten, freundlichen leicht verwirrten Tom scheint ihm auf den Leib geschneidert. Leider werden er und seine Filmfrau Ruth Sheen etwas aus dem Zentrum des Films gedrängt. Stattdessen drängt die alternde, depressive und wirklich total verkorkste Mary so sehr in den Mittelpunkt, dass sie extrem nervt. Zwar hervorragend gespielt, wie übrigens alle Rollen, aber eben auch nervig bis zu geht nicht mehr.
Jetzt könnte man meinen, der Film sei aufgrund seiner vielen traurigen und melancholischen Szene ein reines Depri-Drama, aber das stimmt so nicht. Die skurrilen und allesamt leicht durchgeknallten Charaktere sorgen auch durchgehend für Schmunzler und den ganzen Film hindurch geht es nicht nur um Einsamkeit, sondern auch immer um Glück. Zwar wird der Film zwischendurch manchmal etwas zäh, was auch daran liegt, dass so ziemlich alles nur in Gesprächen ausdiskutiert wird – über zwei Stunden lang! Aber insgesamt ist „Another Year“ ein kleines, gefühlvolles Drama, dass eigentlich nur Alltag beschreibt und gerade deswegen etwas Besonderes sein kann.
7,5 von 10 einsame Tassen Tee


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